Martin Hager
· 27.08.2019
Dr. Achim Brühne berät seit über 15 Jahren Yachting-Unternehmen als Executive Search Consultant und weiß, wo es an Nachwuchs mangelt und wie der Weg in die Branche gelingt.
Sie sind Executive Search Consultant bei Ward Howell International, das heißt, Sie suchen nach geeignetem Personal für sehr genau definierte Stellenprofile innerhalb der Yachtindustrie. Braucht es in einer vergleichsweise kleinen Branche einen Headhunter?
Ja, es gibt sogar großen Bedarf, da es sich um eine Industrie sui generis handelt, die ganz eigene Gesetzmäßigkeiten besitzt. Zudem ist die Yachtbranche eine Nischenindustrie, die keinen Nachwuchs generiert und sehr hohe Anforderungen an die Stelleninhaber mit sich bringt. Die- sen Spagat zwischen operativer und strategischer Verantwortung und gleichzeitig einem gewissen Grad an Bodenständigkeit und "Hands-on-Mentalität" finden wir nur in wenigen Branchen.
Was genau zeichnet diese Branche aus?
Die Yachtindustrie hat das Potenzial, sich zu einer Trendindustrie zu entwickeln. Im Yachting zu arbeiten heißt vielfach auch, Lebensqualität zu gewinnen. Wer ohnehin eine gewisse Affinität zum Wassersport besitzt, der wird sich freuen, seine privaten Aktivitäten mit dem Be- ruflichen verbinden zu können. Ich will davor warnen, zu glauben, man könnte das Hobby zum Beruf machen; aber es gibt sehr gute Möglichkeiten, private Interessen des Wassersports mit den beruflichen Interessen der Industrie zu verbinden. Insofern arbeitet man nicht in der Yachtindustrie, sondern man lebt in der Yachtindustrie. Dann, glaube ich, steht einer vielversprechenden Zukunft in dieser einzigartigen, faszinierenden Branche nichts im Wege. Im Übrigen liegt die maritime Industrie auch deshalb im Trend, weil sie mit ihrem wenig formellen Charakter dem Lifestyle und dem Wertekanon der nachwachsenden Generation sehr entgegenkommt.
Das klingt schon fast zu schön, um wahr zu sein. Wo ist der Haken?
Selbstverständlich wird, wie überall, ein hohes Maß an Einsatz gefordert, und auch wenn sich die Yachtwelt an den schöns- ten Urlaubsspots der Welt abspielt – der Bau dieser exklusiven Objekte folgt rein wirtschaftlichen Aspekten. Man muss natürlich auch wissen, dass kaum eine Industrie so konjunkturabhängig ist wie die Yachtindustrie. Erst wer schon alles besitzt – Villen, Autos, Luxusgüter –, der denkt daran, sich eine Yacht zu kaufen. Dieser Zusammenhang hat natürlichauch Konsequenzen für die Personalpoli- tik. Momentan geht es der Branche gut, wir haben aber auch schon andere Jahre erlebt. In konjunkturell schlechten Zeiten ist der Verzicht auf maritimen Luxus am ehesten zu bewerkstelligen.
Welche Voraussetzungen sind notwendig, um Karriere im Yachting zu machen?
Um in der Yachtbranche Fuß fassen zu können, ist es meiner Meinung nach besonders wichtig, eine tief greifende emotionale Begeisterung für das Thema mitzubringen. Yachting ist voll von Quereinsteigern, es ist also nicht nötig, ein maritimes technisches Studium zu absolvieren. Ein allgemeiner technischer oder kaufmännischer Studiengang ist eine hervorragende Qualifikation für diese Nischenindustrie. Die besten Voraussetzungen haben momentan jüngere Manager, Mitte 20 bis 40, die nach einer internationalen Tätigkeit suchen. Denn kaum eine Industrie ist so global vernetzt.
Wie sieht es derzeit aus mit Führungspositionen?
Im Bereich des Topmanagements hat die Industrie keine Nachwuchsprobleme. Hier rekrutieren wir Manager aus anderen Industrien, die das besitzen, was wir "übertragbare Kompetenzen" nennen. Mit einer Einarbeitungszeit, die wir vorher definieren, wird es diese Person schaffen, das Unternehmen voranzubringen.
Welche Industrien sind das?
Die Windindustrie ist sehr dicht am Produktionsprozess vieler Werften dran. Aber auch in der Caravan-, Fertighaus- sowie der Möbelindustrie sprechen wir erfolgreich für die Yachtbranche an. Und selbstverständlich ergibt es im Toplevel mitunter auch Sinn, in der Autoindustrie zu suchen. Doch man kann die Gesetzmäßigkeiten der Prozesse aus der Automobilbranche definitiv nicht eins zu einsaufs Yachting übertragen. Antony Sheriff von Princess Yachts ist ein CEO, der aus dem Automobilbereich kam und viel erreicht hat.
Wo fehlt es momentan an Nachwuchs?
Auf der technischen Ebene gibt es Vakanzen als Produktionsleiter, im Qualitätsmanagement, in der Produktentwicklung und bei der Projektleitung. Es fehlt aber auch an qualifiziertem Sales-Personal.
Kann eine Plattform wie Young Professionals in Yachting helfen, Nachwuchs in die richtige Richtung zu lenken?
Davon bin ich absolut überzeugt, da der Verein einen stark informativen Charakter besitzt und seinen Mitgliedern dabei hilft, sich auch international zu vernetzen. Das ist eine sehr gute Basis! Wir als Executive Search Consultants können dann bei der weiteren Orientierung helfen. Tatsächlich arbeiten wir am gleichen Ziel: Wir wollen sicherstellen, dass Deutschland im Megayachtbau Weltmarktführer bleibt und England und Italien im Bereich der Serienfertigung von Großyachten ihre marktführende Stellung behalten und ausbauen können, indem wir die beteiligten Unternehmen mit hoch qualifiziertem Personal ausstatten.
Unseren Interviewpartner erreichen Sie unter:
Dr. Achim Brühne
Personalberater bei Ward Howell International
Königsallee 74
40212
Düsseldorf
achim.bruehne@ward-howell.com
+49 211 8640 811