Uske Berndt
· 08.07.2024
Kirsten Schwalgien: Ich habe in Mainz klassische Innenarchitektur und Produktdesign studiert. Einer meiner Professoren war im Braun Designteam, das hat mich sehr geprägt und bestimmt noch heute meine Arbeit. Nach dem Studium ging ich nach London und arbeitete für ein Jahr bei dem Stardesigner Claudio Silvestrin, der die Villa Mallorca mitgestaltete und weltweit die Armani Stores zeichnete. Das waren meine ersten Berührungspunkte mit dieser Art von Lifestyle, mit Luxury Interiors. 2005 zog ich nach Hamburg und fing bei Newcruise an. Die Designer hatten gerade ihre erste Superyacht, „Triple Seven“ von Nobiskrug, an Land gezogen. Dort war ich 2009 als Leiterin der Exterieurdesign-Abteilung auch in „Luna“ involviert, mit 115 Metern meine bisher größte Yacht.
Ja, ich wollte nach sieben Jahren Newcruise verlassen und auch definitiv nicht in Hamburg bleiben. Also suchte ich nach einer schönen Stadt mit besserem Wetter. Und dann dachte ich, jetzt kann ich auch in Barcelona neu anfangen. Das war 2012. Nach sechs Monaten habe ich mich hier schon zu Hause gefühlt und habe auch nicht vor, den Standort zu wechseln.
Eigentlich war meine Idee, zu 50 Prozent klassische Innenarchitektur zu machen. Das ist besonders reizvoll, weil es in Barcelona so viele historische Gebäude gibt, die ja jetzt alle renoviert werden. Hier heißt es auch „die spanische Modernisierung“. Mich hat das schon sehr gereizt, und damit habe ich hier auch angefangen. Aber es hat sich doch herausgestellt, dass ich mehr und mehr wieder in den Yachtbereich gehe. Der Markt ist schon sehr anders hier, er versteht nicht, was wirklich Luxus, was premium ist – gerade in der Geschäftsentwicklung. Deswegen habe ich mich da etwas frustriert zurückgezogen. Ab und zu mache ich aber noch Innenarchitektur, allerdings eher als Hobby.
Erst waren es einzelne Kunden, dann kamen die Werft Astilleros Armon und diverse Custom-Tender. Dann habe ich weiter mit Damen Shadow-Projekte gemacht, etwa die 65-Meter-„Big Shadow“ von 2021. Letztes Jahr kam ein 130 Meter langer Explorer. Refits mache ich eher weniger, ein Beispiel wäre „Mogambo“ (2012, 73 m). Ja, und ansonsten arbeiten wir viel für den gleichen Kunden. Da unser Büro relativ klein ist, hat uns das immer vollkommen ausgefüllt.
Wir haben Innenarchitekten und für das Exterieur Transportationdesigner, die haben ein besseres Auge für Linien und bekommen sie einfach schöner und dynamischer hin. Und ich bringe da noch die Produktdesign-Komponete mit rein. Dann gibt es noch einen Konstrukteur. Die Zusammensetzung von verschiedenen Disziplinen bringt uns viel, jeder bringt andere Aspekte mit. Also, in Zahlen haben wir drei Exterieur- und zwei Interieurdesigner plus Verwaltung. Das ist das Kernteam, mit mir sind das sechs Leute, normalerweise. Wenn uns größere Projekte beschäftigen, sind wir meistens zu acht.
Wir hatten zum Beispiel bei „Nebula“ einen Materialkatalog, ein fixes Budget und zwei Jahre Zeit. Da haben wir bei der Materialzusammenstellung das Beste herausgeholt. Auf unserer Internetseite gibt es Videos: „Warum einen Exterieurdesigner für eine Shadowyacht engagieren?“ Das Ganze hat vielleicht noch keinen Superyachtstandard, aber wenn man Designer dazuholt und mehr Zeit in die Planung investiert, kann man die Ergebnisse verbessern. Zum Beispiel beim Interieur: Ohne das Budget groß zu verändern, lässt sich vieles optimieren. Wir wissen jetzt, wie man feste Budgets optimal einsetzt, in vielen Fällen passiert das leider nicht. Wir denken in unserem Team viel darüber nach und diskutieren darüber, was wirklich wichtig ist für eine Shadowyacht und was eher nicht.
Bei einem Projekt wollte der Eigner unbedingt überall Echtholzfurnier. Man kann aber stattdessen auch HPL-Platten verwenden, also Kunststoffnachbildungen. Holz ist ja vielleicht eine schöne Idee, andererseits wird das ja sowieso überlackiert, sodass man praktisch keinen Unterschied sieht. Den Eigner würde das Echtholz 200 000 Euro mehr kosten, aber der Crew bringt es keinen Mehrwert. Es sieht nicht anders aus und fühlt sich auch nicht anders an als lackiertes HPL. Solche Dinge haben mich früher immer geärgert, weil ich finde, dass es einen Unterschied macht. Vielleicht hat das auch etwas mit deutsch sein zu tun, dass man das Budget effizient nutzt und dass man wirklich viel erreichen kann, wenn man das ganze Projekt strategisch durchdenkt. Bei „Nebula“ hatten wir natürlich das Glück, dass der Kunde uns dabei unterstützt hat, genauso wie die Werft und die Eignervertreter.
Mit „Origami“ habe ich erst vor Kurzem für Armon eine Monohull-Shadowserie entwickelt, davon soll es noch weitere Modelle geben. Dann haben wir andere Projekte, die wir für Kunden in verschiedenen Längen und für diverse Ansprüche zeichnen. Außerdem realisieren wir zwei Custom-Tender und übernehmen das Interieur-Designconsulting für eine deutsche Werft. Über viele Details darf ich ja noch nicht sprechen. Und wenn man davon sprechen darf, ist es ja fast schon wieder kalter Kaffee.