Sebastian Gollasch
· 24.01.2017
Außenbordertest: Dieses Jahr haben wir die 200-PS-Klasse unter die Lupe genommen. Darunter sind Motoren mit kleinen und großen Hubräumen, aufgeladenem Kompressor und ein Zweitakter.
Außenborder erfreuen sich immer größerer Beliebtheit bei Werften und Bootseignern. Galten sie früher noch als Stinker und Ruhestörer, haben sich die Zeiten mittlerweile geändert. Die heutigen Motoren sind dank computergesteuerter Einspritzung und Zündung effizient und leistungsstark wie nie.
Wir beobachten immer mehr Werften, die im Bereich von 6 bis 8 m Bootslänge von Innenbordern auf Außenborder umsteigen. So ist in den letzten Jahren der Markt für leistungsstärkere Motoren wie die 200-PS-Klasse stark gewachsen. Für uns ein Grund, die Modelle auf "Herz und Nieren" durchzuchecken. Zudem stellten die Hersteller Evinrude, Suzuki und Tohatsu auf der boot 2015 ihre neuen Modelle in diesem Bereich vor.
Für unseren Test, den wir in Kahl am Main machten, konnten wir uns nach Absprache mit Joachim Pfister von Boote Pfister aus Schwebheim eine Jeanneau Cap Camarat 7.5 WA als Testboot sichern. Das Boot ist 7,42 m lang und 2,54 m breit. Neben der großzügigen Bugsonnenliege und dem geräumigen Cockpit bietet die 7.5 WA unter Deck eine Kabine mit Küchenzeile und WC-Raum.
Es besitzt eine CE-Zulassung für küstennahe Gewässer (C). Anhängen darf man Extra-Langschaft-Motoren bis 300 PS. Beim Gewicht gibt die Werft 1450 kg ohne Motor an. Aus unserer Sicht spiegelt die Jeanneau Cap Camarat 7.5 WA gut die Bootsklasse wider, an der die 200-PS-Motoren vorwiegend in Binnen- aber auch küstennahen Revieren zum Einsatz kommen.
Vor jedem Test gilt es, die verschiedenen Hersteller auf einen Nenner zu bringen. Wie erwartet lief die Kommunikation mit Honda, Mercury, Suzuki, Tohatsu und Yamaha problemlos. Bei Evinrude sagte man uns, es sei zeitlich nicht möglich, weder mit dem "normalen" noch mit dem neuen 200-HO-Motor an dem Test teilzunehmen, und der italienische Hersteller Selva ließ unsere Anfrage komplett unbeantwortet.
Die Motorentestliste setzt sich damit wie folgt zusammen: Honda BF 200 iST, Mercury OptiMax F200, Mercury Verado F200, Suzuki DF200AP, Tohatsu BFT 200A und Yamaha F200G. Dabei handelt es sich bis auf den Mercury OptiMax durchweg um Viertakter. Als einen "Exoten" im weitesten Sinne kann man den Mercury Verado bezeichnen.
Dieser besitzt einen mechanisch angetriebenen Schraubenkompressor zur Ansaugung der Frischluft. Durch den Einsatz dieser Technik kommt Mercury mit nur 1,7 l Hubraum aus, um Leistungen von 150, 175 und 200 PS zu erreichen. Als "Normalos" könnte man alle anderen bezeichnen. Hierbei handelt es sich um klassische Saugmotoren.
So auch der Yamaha mit knapp 2,8 l Hubraum aus vier Zylindern und damit der zweitkleinste Hubraum im Test. Der Rumpfmotor wird übrigens ebenfalls für die 175-PS-Modelle verwendet. Im Detail handelt es sich um einen Viertakt-Vierzylinder mit zwei obenliegenden Nockenwellen (DOHC) und insgesamt sechtzehn Ein- und Auslassventilen.
Bei Honda geht man es genau umgekehrt an und verwendet einen hubraumstarken (3,5 l) V6-Motor der ebenfalls mit DOHC und Vierventiltechnik ausgestattet ist und mit dem man 250, 225, 200 und sogar die 175-PS-Klasse abdeckt.
So viel Hubraum und Technik will ordentlich "eingepackt" sein, und das schlägt sich beim Gewicht nieder. So bringt der Honda fahrfertig, sprich mit Öl und Propeller, ganze 291 kg auf die Waage und ist damit der schwerste Testkandidat. Als Leichtgewicht stellte sich der Yamaha mit knapp 240 kg heraus, dicht gefolgt von dem Mercury Zweitakter und Suzukis Vierzylinder.
Letzterer fällt bei den Geräuschmessungen durchgehend negativ auf, sodass selbst der Zweitakter bei den Messungen besser abschneidet. Als leisester Testmotor erweist sich der Honda, dicht gefolgt vom Mercury Verado und Tohatsu.
Dem aufmerksamen Leser ist sicher aufgefallen, dass die technischen Daten des Honda und Tohatsu Außenborder identisch sind. Grund dafür: Tohatsu kauft seit Anfang letzten Jahres bei Honda Motoren ab 60 PS bis 250 PS dazu, um die eigene Angebotspalette im Bereich der Viertakter zu erweitern.
Allerdings hat sich Honda vorbehalten, einige Modelle und Ausstattungen exklusiv zu verkaufen. Aus diesem Grund kann man den Tohatsu-Motor nicht mit der elektronischen iST Schaltung bestellen, sondern muss mit der Bautenzugvariante vorlieb nehmen. Bei den Propellern setzt Tohatsu übrigens bei den BFT-Modellen (Honda Motoren) auf die Unterstützung des Propellerspezialisten Gröver, der mit Rat und Tat den Tohatsu-Kunden zur Seite steht.
Schaut man sich die Tabellen an, wird klar, einen Motor, der in jedem Drehzahlbereich super sparsam und leise ist, gibt es nicht. Entsprechend gibt es in dieser Klasse keinen eindeutigen Sieger. Jeder Motor zeigt gewisse Stärken gegenüber der Konkurrenz.
So erweist sich Suzukis neuer Motor bei unserem Test hinsichtlich der Lautstärke als echter Schreihals. Verantwortlich ist dafür, laut Hersteller, das Semi-Direct-Air-Intake-System, bei dem die Drosselklappe unmittelbar unter der Haube verbaut ist, um frische und kühle Luft anzusaugen. Beim Thema Verbrauch und Reichweite zeigen sich die Vorteile eines kleinen und recht leichten Motors.
Denn besonders sparsam und damit lange unterwegs, ist man mit dem Suzuki im Übergangsbereich von Verdränger- (20 km/h bis 30 km/h) in Gleitfahrt (60 km/h. )Weitere Pluspunkte sammelt der DF200AP bei seiner Ausstattung.
Mit dem neuen Modell führt Suzuki nämlich ein schlüsselloses Startsystem (Keyless-Start-System) ein. Ent- und verriegelt wird das Startpanel mittels Fernbedienung. Zusätzlich verfügt der Motor über das bereits bekannte Selective-Rotation-Getriebe, das durch einen Codierstecker problemlos von einem rechts- zum linksdrehenden Getriebe wird – oder umgekehrt.
Besonders vorteilhaft ist diese Funktion für Mehrfachinstallationen, da man kein spezielles Modell mit linksdrehendem Getriebe kaufen muss. Weiterhin besitzt der von uns getestete Motor eine elektronisch gesteuerte Schaltung. Letzteres gibt es im übrigen ebenfalls beim Mercury Verado.
Dort heißt es DTS (Digital Throttle & Shift) und sorgt für Bedienkomfort am Fahrstand. Weiterer Komfort stellt sich beim Fahren mit dem Verado ein. Grund hierfür ist der durchgehend geringe Geräuschpegel an Bord. Leiser war in unserem Test nur noch der Honda. Der Verbrauch scheint die Achillesferse bei den Verado-Motoren zu sein, da mit dem Kraftstoff die komprimierte Ansaugluft heruntergekühlt wird, um so die Leistungsfähigkeitzu steigern, wodurch allerdings auch der Verbrauch steigt.
Beim Opti-Max hingegen wandelt man wohl das ganze Benzin in Kraft um, sodass er hinsichtlich der Höchstgeschwindigkeit alle Konkurrenten abhängt. Mit den Verbrauchswerten bei 50 und 60 km/h braucht sich der Zweitakter genau so wenig vor den Viertaktern zu verstecken. Auch das über das gesamte Drehzahlband herrschende Geräuschniveau kann sich hören lassen.
Da kann so manch anderer Viertakter nicht mithalten. Hinzu kommt die grandiose Beschleunigung, bei der, wie schon bei der Höchstgeschwindigkeit, keiner der anderen Motoren heranreichen kann. Wer also noch immer denkt, Zweitakter besitzen keine Laufkultur und brauchen Unmengen an Kraftstoff, dem sei an dieser Stelle gesagt, es hat sich in den letzten Jahren einiges getan.
Den Spitzenplatz hinsichtlich des Sparverbrauchs teilen sich Yamaha und Honda mehr oder weniger gut auf. So zeigt der Yamaha Spitzenwerte von der Startgeschwindigkeit bis hin zur 50 km/h Marke. Darüber hinaus geht ihm die Lust aus, und es wird versucht, durch viel Kraftstoff noch etwas Leistung zu generieren.
Beim Honda hingegen scheint es so, als ob er im unteren Geschwindigkeitsbereich mit den "extra Kilos" zu kämpfen hat und sich der große Hubraum erst bei steigender Geschwindigkeit positiv im geringeren Verbrauch bemerkbar macht.
Kurzum, Suzuki ist laut, glänzt dafür aber mit ordentlich Ausstattung und geringen Verbrauchswerten bei niedriger Gleitgeschwindigkeit. Mercury Verado bietet wie früher schon beim Schalten und Fahren ordentlich Komfort durch DTS und geringem Geräuschpegel an Bord.
Der Mercury OptiMax zeigt allen Viertaktern beim Beschleunigen und Topspeed, was eine Harke ist, und beweist gute Laufkultur. Beim Tohatsu zeigt sich, was die Propellerwahl für unterschiedliche Ergebnisse zur Folge hat. Der im Test kleinste Sauger (Yamaha) demonstriert, dass kompakte Motoren es locker beim Verbrauch mit den "Hubraum-Monstern" aufnehmen können.
Bei Honda hat man das richtige Händchen hinsichtlich des Propellers: Der Verbrauch bei höherer Gleitgeschwindigkeit sowie der niedrige Geräuschpegel beweisen dies.