Außenbordmotoren150 PS im Test - Die neue Mitte

Erich Bogadtke

 · 24.05.2016

Außenbordmotoren: 150 PS im Test - Die neue MitteFoto: Morten Strauch

Außenborder: Im Leistungsspektrum exakt in der Mitte platziert, zeigen die 150er im Vergleichstest, dass sie alles andere sind als Mittelmaß

Und es stimmt doch: Irren ist menschlich. "Die Amerikaner verabschieden sich sukzessive von den Zweitaktern", textete der Autor im letzten Vergleichstest der 150-PS-Klasse (BOOTE 8/02) und muss sich hier und heute korrigieren. Mit Evinrude und Mercurys Optimax misst sich die totgesagte Spezies in diesem Test gleich im Doppelpack mit den Viertaktern. Die kommen mit Mercurys F 150 und Verado aus dem gleichen Land wie die Zweitakter und aus Fernost. Namentlich von Suzuki und Yamaha. Honda, "Erfinder" des Viertakt-Außenborders und beim letzten Klassentreffen der 150er zusammen mit Suzuki Testsieger, erteilte den BOOTE-Testern eine Absage.

An der Tatsache, dass sich die 150-PS-Motoren auf der Suche nach einem Arbeitsplatz mit Vorliebe für Sport- und Kajütboote der 6- bis 7-m-Klasse und Schlauchboote mit Feststoffrumpf entscheiden, hat sich nichts geändert. In ihren Bewerbungsunterlagen stehen damals wie heute moderne Technik, Leistungsstärke und Bedienkomfort.

Verantwortlich dafür, dass der Evinrude E-Tec und Mercury Optimax alle verbindlichen Abgasnormen erfüllen und damit im Reich der Viertakter bis heute überleben, ist der technologische Fortschritt. Vergaser gibt es in dieser Leistungsklasse schon gefühlte Ewigkeiten nicht mehr. Zudem können die Zweitakter auf die Bauteile einer Ventilsteuerung verzichten. Das macht Evinrude und Optimax trotz V-6-Block schlank oder besser gesagt deutlich leichter als die Viertakt-Konkurrenz.

Test-Alltag: Schaltbox und Instrumente sind provisorisch installiert, das "Propeller-Regal" gut gefüllt und der Prüfer warm angezogen.
Foto: Morten Strauch

Damit, dass die beiden Zweitakter bei jeder Kurbelwellenumdrehung einen Arbeitstakt haben und so "gefühlte Zwölfzylinder" sind, wollen weder Evinrude noch Mercury werben. Wohl aber mit elektronisch gesteuerter sequenzieller Direkteinspritzung und Zündung. Sequenziell heißt, der Kraftstoff wird ohne Ölzumischung in mehreren kleinen "Portionen" fein zerstäubt direkt in den Verbrennungsraum injiziert. Wann und wie viel Benzin eingespritzt wird und wann der in Abständen von Millisekunden zündende Funke "überspringt", bestimmt die Steuerelektronik.

Der Kollege Computer und seine mechanischen Helfer sorgen auch dafür, dass das für die Schmierung notwendige Öl automatisch und exakt dosiert direkt an die Schmierstellen gelangt. Unverwechselbares Merkmal des E-Tec-Motors ist die hohe Stabilität der Konstruktion, die Wartungsintervalle von 36 Monaten erlaubt. Einmalig ist die automatische Einwinterungsfunktion.

Markenzeichen des Mercury Optimax: ein Kompressor, der dem Motor das "Luftholen" erleichtert. Das macht stark. Das stark machende "Atemgerät" (Kompressor und Ladeluftkühlung) des Verado wird elektronisch gesteuert. Soll heißen, es springt nur dann an, wenn es wirklich gebraucht wird, vorzugsweise beim Beschleunigen. Damit will Mercury die zweite Generation der Verados (ab 2008), die geschmiedete Kolben, ein völlig neu entwickeltes Motormanagement und ein modifiziertes Unterwasserteil bekommen hat, deutlich sparsamer machen.

Evinrude
Foto: BOOTE

Geblieben sind die in Reihe gestellten vier Zylinder, der kleinste Hubraum (1732 ccm) im Test, zwei oben liegende Nockenwellen, Vierventiltechnik und die elektronische Benzineinspritzung. Das alles und die komfortable, weil elektronische Getriebeschaltung, die, anders als die elektronisch gesteuerte Lenkung, zur Standard-ausstattung des Verado gehört, wiegt heute wie damals sprichwörtlich schwer. In Zahlen: 257 kg. Damit ist der Verado auch in diesem Test das Schwergewicht.

Unverändert ist auch: Moderne Technik und Komfort sind das eine, der Preis das andere. Die Verantwortlichen bei Mercury wollten eine preiswerte Alternative, und Claus Brüstle, heute Vorstand Technik bei Neander-Motors AG in Kiel (das sind die, die den ersten Turbodiesel-Außenborder zur Serienreife bringen wollen), hat sie entwickelt.

Herausgekommen ist ein Reihenvierzylinder, der weniger durch moderne Technologien – ein OHC-Motor mit "Electronic Fuel Injection" (EFI), Zweiventiltechnik und mechanischer Getrie-beschaltung ist für die Motorenbauer heutzutage "Schwarzbrot" – als durch einen großen Hubraum und einfache Wartung auffällt. Beeindruckend sind neben dem attraktiven Preis auch die kompakte Bauweise und das kleine Gewicht. Kurz gesagt: In diesem Test ist kein Viertakter preiswerter oder leichter als Mercurys F 150 EFI.

Bei Suzuki geht man den umgekehrten Weg und rüstet in Sachen Technik und Komfort mächtig auf. Die Kehrseite dieser Politik zeigt sich auf der Waage und in der Preisliste. Alles hat seinen Preis, und der liegt beim DF 150 TGX deutlich über dem der Test-Konkurrenten. Als Gegenleistung erhält der Suzuki-Käufer einen Reihenvierzylinder mit zwei oben liegenden Nockenwellen, sechzehn Ventilen und variablen Steuerzeiten, die schon bei kleinen und mittleren Drehzahlen für ein hohes Drehmoment und damit für exzellente Beschleunigungswerte sorgen sollen.

Wie ihre Kollegen, wollen auch die Suzuki-Ingenieure Sprit sparen und Schadstoffemissionen reduzieren. Und zwar mit computergesteuerter Benzineinspritzung und Transistorzündung und einem variablen Ansaugsystem. Wenn alles stimmt, werden die exakt berechneten Mengen Kraftstoff und Luft in jeder Situation optimal gemischt und genau zum richtigen Zeitpunkt gezündet. Das heißt bei Suzuki "Lean Burn" und ist eine saubere und effiziente Sache.

150-PS-Außenbordertest | stFoto: BOOTE
150-PS-Außenbordertest | st

Der auffälligste Fortschritt des DF 150 steckt im Kürzel TG, das für den Begriff "Drive-by-wire", das heißt ein elektronisch geschaltetes Getriebe, steht. Im Preis enthalten ist auch die doppelte Untersetzung (Kurbel/Antriebswelle und Getriebe). Damit rückt der Motor näher an den Bootsspiegel, die Balance wird besser, und es können richtig große Propeller montiert werden.

Mit Yamahas F150 steigt ein Routinier in den Ring. Routiniert heißt mit Ausnahme der mechanischen Getriebeschaltung je-doch alles andere als altmodisch. Das Motormanagement, das Einspritzanlage und Zündung elektronisch steuert, DOHC (Double Overhead Camshaft), Vierven-tiltechnik und die elektronische Wegfahrsperre sind Stand der Technik und machen den Yamaha in puncto Kraftstoffeffizienz mehr als nur konkurrenzfähig. Auch wenn es um den Hubraum, das Gewicht und den Preis geht, lässt der Reihenvierzylinder aus Fernost mehr als einen "Marktbegleiter" hinter sich.

Lässt man die elektronisch geschalteten Getriebe, die Evinrude, Suzuki und Mercurys Verado auszeichnen, beiseite, liegen die Testmotoren unter der Überschrift "Ausstattung" eng beieinander. Ein Po-wer-Trimm, mit dem der Motor während der Fahrt stufenlos angehoben und abgesenkt werden und damit das Boot (fast) immer in die optimale Schwimmlage gebracht werden kann, gehört ebenso zum Standard wie eine automatische Kaltstarteinrichtung, die den Motor schon nach wenigen Umdrehungen anspringen und sofort rundlaufen lässt. Und das Ganze ohne Rauchsignale, versteht sich. Standard ist auch der Verzicht auf einen vernünftigen (passend zur Motorgröße) Kraftstoffvorfilter mit Wasserabscheider, den alle Hersteller empfehlen und im (Zubehör-) Programm haben, aber keiner serienmäßig mitliefert.

Lob verdienen die Warnsysteme. Unisono werden Störungen wie Öl- und Öldruckmangel, Überhitzung und überhöhte Drehzahl optisch und akustisch angezeigt und die Drehzahl automatisch begrenzt.
Foto: Morten Strauch

Dass die Elektronik solche und andere Fakten speichert und auf "Anfrage" sichtbar macht, freut im Zweifel den Servicetechniker mehr als den Kunden. Wie es dem Motor aktuell geht und wo er gerade "steht", zeigen neben den Warnleuchten Drehzahlmesser und Trimmanzeige. Zusätzlich werden Geschwindigkeit, Kraftstoffverbrauch, Reichweite, Batterie-spannung, Betriebsstunden und Tankinhalt angezeigt.

Will "König Kunde" einfache Wartungsarbeiten selber machen, was er eigentlich nicht soll, findet er in den übersichtlich und informativ gestalteten Handbüchern, die in der Hauptsache das Handling des Motors beschreiben und erklären, ein paar nützliche Tipps, die für den Filter-, Öl- und Propellerwechsel allemal ausreichen. Übrigens: den passenden Edelstahl-Prop gibt es mit einer Ausnahme – Yamaha spendiert nur einen Aluminium-Propeller – ohne Aufpreis. Freie Auswahl hat der Kunde auch, wenn es um die Schaftlänge (508 oder 635 mm) und die für Doppelmotorisierungen wichtige Getriebedrehrichtung (rechts oder links) geht.

Foto: Morten Strauch



Den bevorzugten "Arbeitsplatz" findet das Test-Sextett an einer Hellwig Milos 630 Open (der Bootstest erscheint in einer der nächsten Ausgaben von BOOTE), einem 6,30 m langen und 750 kg (ohne Motor) schweren deutschen Bowrider. Sie besitzt mit 640 mm die richtige Spiegelhöhe und hat die BOOTE-Tester als "Closed Bow-Version" mehr als einmal mit exzellenten Fahreigenschaften überzeugt. Dass sie dazu nicht die maximal zugelassenen 225 PS braucht, zeigen die Messergebnisse und das sensible "Popometer" der Tester.

Als Anbauhöhe wählen die Techniker der Motorenhersteller, die wie immer für die Motor-Montage und Propellerabstimmung verantwortlich sind, das "dritte Loch". Das heißt, die Antikavitationsplatte liegt etwa 2 cm höher als der Bootsboden. Damit lassen sich alle Motoren mit dem Power-Trimm bis in die höchste Position anheben, ohne zu ventilieren. Vorausgesetzt es geht geradeaus. In engen Kurven ziehen die Edelstahlprops von Evinrude und Suzuki etwas eher Luft als die TestKonkurrenz. Beeindruckend ist in diesen Situationen die Präzision und Leichtgän-gigkeit der elektronischen Lenkung (Extra) des Verado. Auffällig ist, dass maximaler Trimm nicht maximale Geschwin-digkeit bedeutet. Weniger ist mehr. Und das gilt für alle Testmotoren.

Am schnellsten (83,7 km/h) unterwegs ist die Milos mit dem leichten Optimax; Mercurys "Spardose", der F 150, liegt nur knapp dahinter. Die Plätze drei bis fünf gehen an Yamaha, Suzuki und Evinrude. Der Verado kann als Einziger in unserem Test die 80-km/h-Marke nicht "knacken" und läuft somit den Test-Konkurrenten hinterher.

Das der 19"-Propeller, der den Verado im Volllastbereich "nur" 6000/min statt der erlaubten 6400/min drehen lässt, viel-leicht doch eine Nummer zu groß ist, zeigt sich auch beim Beschleunigen. Trotz des Kompressors kommt der Verado auch in dieser Disziplin über zwei sechste Plätze nicht hinaus. Egal ob von 0 auf 50 oder auf 70 km/h beschleunigt wird, der Sprinterkönig heißt Mercury Optimax. Mit Evinrude rangiert, wen wundert’s, der andere Zweitakter auf Platz zwei. Spurtstärkster Viertakter ist der Suzuki. Yamaha, auf der Kurzstrecke stärker, und Mercurys F 150 belegen abwechselnd Rang vier und fünf.

Foto: Morten Strauch

Wer einen Viertakter kauft, will einen sparsamen und leisen Motor. Kriegt er auch! Nimmt man die in Marschfahrt (50–60 km/h) gemessenen Werte zum Maßstab, heißt der Testsieger Mercury F 150. Es geht also auch ohne Vierventiltechnik. Die größte Überraschung liefert der Optimax, der in der Summe sparsamer ist als die Viertakter von Suzuki, Verado und Yamaha. Evinrudes E-Tec macht das, was man bei BRP befürchtet hat, er trägt in puncto Verbrauch das Schlusslicht.

Nicht unerwähnt bleiben darf, dass die Zweitakter mit einem Gemisch aus Benzin und Öl fahren, und dass Outboard-Öl nicht zum Nulltarif zu haben ist. Klar ist aber auch, dass der jährliche Öl- und Filterwechsel bei Viertaktern Geld kostet.

Der Ton macht bekanntlich die Musik. Und die ist beim Optimax zweifellos "Heavy Metal". Wer’s mag, wird sich vielleicht auch von den bei 60 km/h gemessenen 92 dB/A nicht abschrecken lassen, alle anderen sind davon genervt. Evinrudes E-Tec kann’s wie erwartet nicht viel besser. Auch er ist laut. Als echte Leisetreter präsentieren sich Yamaha und Mercury F 150, der, wie der drittplatzierte Verado, erst im Volllastbereich unangenehm laut wird. Suzuki ist an dieser Stelle leiser.

150-PS-Außenbordertest | stFoto: BOOTE
150-PS-Außenbordertest | st
150-PS-Außenbordertest | stFoto: BOOTE
150-PS-Außenbordertest | st
150-PS-Außenbordertest | stFoto: BOOTE
150-PS-Außenbordertest | st

Fazit: Er ist leicht, schnell, sparsam, relativ preiswert und wird – wie alle Mercury-Motoren – vom Hersteller mit einer 5-Jahre-Garantie ausgestattet. Das müsste für den Optimax in diesem Vergleich eigentlich für einen Spitzenplatz reichen. Tut es aber nicht. Jedenfalls nicht nach Ansicht der Tester. Die sehen die fehlende Laufkultur, die sich nicht allein am Lärmpegel festmacht, und den nur ausreichenden Bedienkomfort der mechanischen Getriebeschaltung als dicke Minuspunkte. Wie ein moderner Außenbordmotor in puncto Technik, Leistung und Bedienkomfort ausgestattet sein muss, zeigen am ehesten Suzuki und Mercurys Verado.

Schade, dass der Erste "schweineteuer" ist und der Letztgenannte in diesem Test mit angezogener Handbremse fährt. Die Techniker haben dem Verado mit dem großen Propeller zwar den größten Durst und die Lautstärke, aber auch das Temperament genommen. Yamahas F150 ist, mit Ausnahme der Lautstärke, in den Messergebnissen nie ganz oben, aber auch nie ganz unten und platziert sich damit und wegen der mechanischen Schaltung zusammen mit dem F 150 von Mercury, der in den Punkten "Preis und Kraftstoffverbrauch" überzeugt, im Mittelfeld.

Bleibt mit dem Evinrude der preiswerteste Motor im Test. Für den E-Tec-Motor sprechen elektronische Getriebeschaltung, Sprinterqualitäten und der geringe Wartungsaufwand. Kritikpunkte sind wie beim Optimax der Durst und die im internen Zweitakter-Vergleich zwar etwas bessere, aber immer noch alles andere als üppige Laufkultur. So entscheiden sich wahrscheinlich nur sportlich ambitionierte Käufer für einen der beiden Zweitakter. Unter dem Strich ist für die BOOTE-Tester der Suzuki erste Wahl.