MotorenTest - Elektro-Außenborder-Vergleich

Johannes Erdmann

 · 27.09.2020

Motoren: Test - Elektro-Außenborder-VergleichFoto: Johannes Erdmann
Elektro-Außenborder im Vergleichstest

Nicht nur bei Autos werden alternative Antriebe immer beliebter, auch auf Booten ist ein Trend zum Elektromotor zu verzeichnen. Wir haben zwei Einstiegsmodelle von Torqeedo und ePropulsion verglichen

Fast lautlos im Dingi vom ankernden Boot zum Ufer schweben … Das leise Surren des Elektromotors ist aus dem Plätschern der Bugwelle kaum herauszuhören. Kein Benzingeruch in der Nase, kein Lärm. Und am Ende des Ausflugs: einfach die Batterie ans Ladegerät stecken. Tankstellenbesuch adé.

So stellt man sich Elektromobilität auf dem Wasser vor. Wer sich für alternative Antriebe begeistern lässt, der wird an der neuen Generation von Elektro-Außen­bordern großen Spaß haben, aber auch für Verfechter altbewährter Verbrenner ist eine Erkundungstour im Elektroboot eine spannende Erfahrung.

Doch können die E-Außenborder eine echte Alternative zum Verbrenner darstellen? Vor allem, was Leistung und Reichweite betrifft? Wir haben zwei Modelle mit integriertem Akku auf Herz und Nieren getestet: das Modell Travel 1103 C des deutschen Herstellers Torqeedo* und den Spirit 1.0 von ePropulsion aus China.

Elektro-Außenborder leisten mindestens 1000 Watt

Beide Modelle der Elektro-Außenborder leisten 1000 bzw. 1100 Watt, was laut Torqeedo einem Verbrenner von 3 PS entspricht. Bei voller Batterie geben beide Hersteller grandiose Reichweiten an – und in der Tat hat das Torqeedo-Vorgängermodell 1003 beim BOOTE-Vergleichstest 2011 bereits gegenüber seinen 2,5-PS-Benzinvettern (und ihren 1-Liter-Tanks) eine weit höhere Reichweite bewiesen. Mit einer Batteriefüllung kam er bei einer Geschwindigkeit von 5 km/h und vier Stunden Fahrt 20,5 Kilometer weit. 4 Kilometer weiter als der sparsamste Verbrenner. Mit dem 1103 C wurde die Akku-Leistung von 530 Wh auf 915 Wh erhöht. Doch dreht man den Gasgriff bis an den Anschlag, schrumpft die Fahrtzeit auf eine knappe Stunde zusammen. Je schwerer das Boot, desto mehr Leistung ist zudem nötig und desto geringer wird die Reichweite. Deshalb werden die kleinen Außenborder vorwiegend als Manövrierhilfe im Hafen an Segelbooten oder an Schlauchbooten verwendet. Grund für uns, den Test an einem solchen durchzuführen.

Zwei baugleiche, 3,20 Meter lange Hochdruckboden-Schlauchboote sollen einen direkten Vergleich ermöglichen. Der erste Unterschied fällt gleich bei der Spiegelmontage auf: Beide Akkus sind abnehmbar, wobei der Akku des Spirit 1.0 mit 1080 Wh gegenüber dem 915-Wh-Akku vom Torqeedo nicht nur die höhere Nennenergie hat, sondern auch um ein Viertel voluminöser ist. Im Gesamtgewicht bringt der Spirit mit 19 kg aber nur 1,3 kg mehr auf die Waage.

Foto: Johannes Erdmann

Genau wie ähnlich starke Verbrenner wird so ein kleiner Motor nicht in der Lage sein, wirklich große Geschwindigkeiten zu erreichen. Die Motoren sind deshalb eher als Arbeitstiere ausgelegt, um Boote von A nach B zu schieben. Hoher Schub bei leichter Bauform ist die Hauptaufgabe beider Motoren, wie der ePropulsion (propulsion = engl. Schub) ja schon mit seinem Namen sagt. Dennoch hat der Torqeedo mit 0,31 kN Schub bei der digitalen Pfahlzugmessung die Nase vorn gegenüber dem ePropulsion mit nur 0,29 kN.

Foto: Torqeedo

Um zu verhindern, dass die Batterie auf dem Rückweg "schlappmacht", besitzen beide Motoren ein ausgeklügeltes Über­wachungsdisplay, das verglichen mit einem Test-GPS absolut akkurat ist.

Auch die angezeigten Reichweiten stimmen im Test mit der zurückgelegten Strecke überein. Während der Spirit seine Reichweite jedoch in Stunden und Minuten angibt und damit dem Skipper ein wenig Kopfrechnen abverlangt, gibt der Travel 1103 C seine verbleibende Reichweite in Kilometern an. Trotz der kleineren Batteriekapazität des Torqeedo kommt er bei den Reichweiten fast an den ePropul­sion heran. In der Endgeschwindigkeit gewinnt jedoch der 100 Watt stärkere Torqeedo: Während beim Spirit 1.0 bei 7,6 km/h Fahrt Schluss ist, lässt sich der Travel 1103 C bis auf 9,0 km/h beschleunigen. Dabei sackt die Reichweite jedoch sehr schnell von beeindruckenden 115 Kilometern (bei 2 km/h Fahrt, eher kontrolliertem Treiben) auf nur noch 5,9 Kilometer. Bei beiden Motoren beeindruckt, dass sie trotz schwindender Batteriekapazität bis zum Ende ihre volle Leistung bringen.

Um vernünftig dem Ziel näher zu kommen, ist eine Geschwindigkeit von 5 km/h nötig. Für diese Geschwindigkeit benötigt der Torqeedo 186 Watt Leistung und schafft mit einer Ladung 23,7 Kilometer. Der Spirit 1.0 hingegen benötigt 200 Watt, kommt aber gut einen Kilometer weiter.

Foto: Johannes Erdmann

Die ersten Torqeedo-Modelle vor fast zehn Jahren hatten immer wieder Probleme mit schnellem Wechsel von "vorwärts" auf "rückwärts", was beim E-Außenborder (anders als beim Verbrenner) lediglich durch Drehen des Gasgriffs über "neutral" in die entgegengesetzte Richtung geschieht. Da konnte es passieren, dass statt Rückwärtsschub eine Fehlermeldung auf dem Display erschien und ein Neustart der Motorelektronik nötig wurde. Ein Problem, das Torqeedo mit dem 1103 C völlig in den Griff bekommen hat. Während bei dem alten Modell 1003 beim schnellen Wechsel von "vor" auf "zurück" Verzögerungen von etwa 4 Sekunden auftreten konnten, sind diese mit durchschnittlich unter 1 Sekunde nun völlig zu vernachlässigen. Den Sprint vom Stand auf "volle Fahrt" schafft der Torqeedo in nur 9 Sekunden.

Foto: Johannes Erdmann

Der ePropulsion wirkt vom ersten Eindruck her ein wenig spritziger als der Torqeedo, vermutlich weil sich der Dreh­gasgriff etwas leichter drehen lässt. Den schnellen Wechsel von "vorwärts" auf "rückwärts" schafft der Spirit auch in knapp einer Sekunde, doch beim wiederholten Wechsel zeigt der Bordcomputer plötzlich den Fehlercode E10 an: "Motorblockiert". Das alte Problem. Bei lang­samerer Geschwindigkeit bleibt die Reaktionszeit gleich, kein Fehlercode erscheint. Die Verzögerung aus dem Stand ist etwas kleiner (0,5 Sek.) als beim Torqeedo, beim Sprint liegt ebenfalls nach 9,5 Sekunden volle Fahrt an.

In Sachen Fahrleistung und Performance nehmen sich beide Motoren wenig, doch die höhere Leistung des Torqeedo ist bemerkbar. Bei sehr langsamer Fahrt ist der Motor des Spirit nur als leichtes Surren (43 dB) wahrzunehmen, bei schnellerer Fahrt ist er deutlich zu hören (61 dB bei 5 km/h). Der Torqeedo ist bei langsamer Fahrt völlig lautlos. Bis 5 km/h misst unser Schallpegelmessgerät vermutlich nur das Kielwasser, denn vom Motor ist noch nichts zu hören. Erst bei etwa 6,5 km/h beginnt es vom Schaft her zu surren.

Unter dem Strich sind beide Motoren empfehlenswert, der Torqeedo ist jedoch sicherlich ausgereifter. In der Fertigungs­qualität liegen sie nahe beisammen, preislich ist der Torqeedo mit 2249 Euro etwas teurer als der ePropulsion mit 1699 Euro (Preise und Testmotoren von A.W.Niemeyer).


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