Verdränger auf grüner Welle

Ralf Marquard

, Thomas Bock

 · 07.03.2011

Verdränger auf grüner WelleFoto: Klaus Andrews
Der Name ist Programm: Hybrid-Typenschild. | d.

Hybridantriebe kommen immer mehr in Mode. Wir sind zwei völlig verschiedene Bootstypen mit der neuen Technik gefahren. TEIL 1: der Verdränger.

Linssen 25.9: Verdränger in Hybrid-Ausführung | ngFoto: Morten Strauch
Linssen 25.9: Verdränger in Hybrid-Ausführung | ng

Im Lauf der Saison 2010 hatten wir die Gelegenheit, zwei Boote mit Hybridantrieben zu fahren: Linssen Grand Sturdy 25.9 Hybrid und Frauscher 909 Benaco Hybrid. Mit der Linssen waren wir in den Niederlanden auf der Maas unterwegs. Ihr System besteht aus (siehe auch Zeichnung) Elektromotor (7,5 kW) mit Wellenanlage, Dieselgenerator, Lade-/Regeleinheit und Batteriebänken aus Li-Ion-Akkus (Lithium Ionen) mit einer nutzbaren Energie von 13,8 kWh (bei 80 % Entnahme).

Vorteil dieses Akkutyps zu den günstigeren AGM- (Absorbed Glass Mat) Batterien: längere Lebenszeit, kleinere Abmessungen bei gleicher Leistung, tieferes Entladen möglich und abgegebene Leistung konstanter. Nachteil: höherer Anschaffungspreis. Linssen hat jedoch die gesamten Betriebskosten der beiden Batterietypen über die Lebensdauer berechnet und kommt zu einem erstaunlichen Ergebnis: Mit Anschaffungspreis/tatsächlicher Energie ergibt das 17 960 €/27 520 kWh = 0,65 €/kWh für die Li-Ion-Batterien und 3080 €/2160 kWh = 1,43 kWh für die AGM.

Elektromotor der Linssen 25.9: Leistung von maximal 7,5 kW. | W.Foto: Michael Amme
Elektromotor der Linssen 25.9: Leistung von maximal 7,5 kW. | W.

Geladen werden die Akkus auf der Linssen entweder vom Landanschluss mit 230 V/16 A-Steckdose oder dem Dieselgenerator. Bei einer Restladung von 20 % benötigt das Ladegerät etwa 12 h, um die Li-Ion wieder auf 100 % zu bringen. Der Mastervolt-Generator (Whisper-Serie) besitzt eine Leistung von 3 kW und versorgt die Batteriebank im Notfall oder auf längeren Touren mit dem nötigen Strom.

Bedient wird der Elektromotor über einen quer liegenden Hebel am Fahrstand. Über abgegebene Leistung, Batteriezustand, Drehzahl sowie den Generatorbetrieb informieren gut ablesbare Paneele mit Digitalanzeigen.
Schiebt man den Hebel vorsichtig nach vorn, setzt sich die Linssen mit 250/min langsam in Bewegung (1,5 kn), und das Gespann säuselt mit 42 dB/A dahin. Wer nicht nur schleichen möchte, sondern auch mal vorankommen will, lässt den Motor 1000/min drehen und zieht mit 5,1 kn bei leisen 61 dB/A seine Bahnen. Der Motor benötigt dann einen Strom von 145 A.

Die niederländische Werft setzt bei ihrem Hybridantrieb voll auf Komponenten von Mastervolt. | t.Foto: Marc André Bergmann
Die niederländische Werft setzt bei ihrem Hybridantrieb voll auf Komponenten von Mastervolt. | t.

Das ergibt mit einer „Tankladung“ von 13,8 kW etwa 2 h Fahrzeit und gut 10 sm Reichweite. Bei 5,7 kn liegt die Volllastfahrt (1100/min); die Fahrzeit verkürzt sich noch mal um etwa 3/4 h. Zum „Langläufer“ wird die Linssen bei 600/min mit 3,2 kn. In dieser Situation betragen die Fahrgeräusche 57 dB/A, und es fließen 30 A durch die Zuleitung zum E-Motor. Exakt die Stärke, die der installierte Generator liefert, um das System unabhängig von der vorhandenen Batterieladung zu machen. Eine komplette 80-%-Batterieladung reicht aber auch ohne Generatoreinsatz immerhin schon für gute 9 h Fahrzeit oder anders gesagt für fast 30 sm.

Der Vergleich zur Verbrennerversion zeigt, dass man mit dem 33-PS-Diesel und 100-l-Tank in wirtschaftlicher Fahrt mit gut 5 kn 139 sm anstatt der oben genannten 10 sm weit kommt. Mit Geschwindigkeiten um die 3 kn liegt das Verhältnis bei 400 sm zu 30 sm. Ergo, riesiger Reichweitenvorteil für die Linssen mit Dieselmotor. Bei den Energiekosten für 1 sm sieht es andersherum aus: In wirtschaftlicher Fahrt kostet (aus der Steckdose) die Seemeile beim Elektroantrieb etwa 37 ct und beim Diesel etwa das Doppelte. Das Manövrierverhalten hat sich nicht geändert, nur an die geringe Geräuschkulisse muss man sich erst gewöhnen, da man die Drehzahl mit dem Ohr nicht mehr gut kontrollieren kann.

Fazit: Die Linssen 25.9 Hybrid (198 550 Euro) ist eine gute Alternative für Fahrten auf Seen, Kanälen und langsam fließenden Flüssen. Auf schnellen Flüssen, wie dem Rhein, ist bei der Hybrid-Version jedoch schneller Schluss als bei ihrer 53 550 Euro günstigeren „Schwester“, die es mit dem Diesel auf max. 6,5 kn bringt.