Spätestens seit diesem verregneten Sommer, reden wir noch nicht vom Winter, träumen viele Crews vom Segeln in Shorts und T-Shirt, von goldenen Sandstränden, Cocktails unter Palmen, Sonne satt. Reggae-Beats statt nordischer Tristesse.
Genau das ist der Plan: Start im Norden der Leewards, genauer der in einen französischen und holländischen Teil getrennten Insel St. Martin oder Sint Maarten. Von dort über das französische St. Barth weiter nach Antigua. Dann südwärts gen Guadeloupe und weiter zu den Îles des Saintes. Fast komplett durch die Leeward Islands. Der Absprung soll in aller Frühe am nächsten Tag sein, direkt nach St. Barth, aber davor gibt es Brücken-Kino.
Mit Schirmchen-Drink in der Hand sitzen wir auf der Terrasse des Sint Maarten Yacht Clubs und schauen uns an, wie Megayachten durchs Nadelöhr gefädelt werden. Die Simpson Bay Bridge samt Kanal ist der Ausgang aus der geschützten Lagune, die Durchfahrt schmal. Sehr schmal. In Zeitlupe nähern sich haushohe Rümpfe. Am Bug und auf den Seitendecks stehen Crewmitglieder mit Headsets und sagen dem Kapitän die Seitenabstände an.
Selbst die Profis wirken angespannt. Als der riesige Rumpf in der Durchfahrt der Klappbrücke ist, sind es links und rechts noch ein, zwei Meter bis zum Aufschlag. Die Bug- und Heckstrahler dröhnen. Alles geht gut. Profis eben. Aber ein Spektakel allemal. Als das Boot durch ist, pfeifen und winken die begeisterten Zuschauer, die im Yacht Club an der Brücke Drinks genießen. Die gut betuchten Passagiere ignorieren derweil geflissentlich das Gejohle. Februar ist in der Karibik und den Leeward Islands Hochsaison und damit eben auch Megayacht-Zeit.
Am nächsten Tag beginnt dann unser Insel-Hopping: Da geht es nämlich in einer Kreuz nach St. Barth. Schon bald fahren wir vor dem Hauptort Gustavia zickzack durch die ankernden Yachten. Hubschrauber pendeln, schicke Tender flitzen. Kein Wunder, der Ort gilt als das Saint-Tropez der Karibik. Im Hafen eine Megayacht neben der anderen, teure Geschäfte, in denen es auch mal eine Flasche Rum für 34.000 Euro gibt.
Und trotzdem ist St. Barth auch für Charter-Crews traumhaft. Allerdings bedeutet eine neue Insel immer auch: Einklarieren. Mit Pässen, Crewlisten und Bootspapieren zum Hafenamt, dort muss man am Computer alles selber eingeben – und nach 20 Minuten und einer Gebühr für das Ankern im Naturschutzgebiet der schönen Bucht Colombier im Norden hat man seine erste Behörden-Blauwasser-Lektion gelernt. Easy.
St. Barth ist eine dieser Inseln mit interessanter Geschichte. Das Eiland gehörte lange zu Schweden und war ein geschäftiger Freihandelshafen in dieser Zeit. Da in Schweden die Sklaverei schon viel früher verboten war und St. Barth wenig Wasser hat, das für den Zuckerrohranbau wichtig war, gab es hier kaum die barbarische Sklavenhaltung, die viele andere Inseln im 18. Jahrhundert prägte.
Ab den 1960er-Jahren wurde die Insel durch einen findigen Franzosen schrittweise zum Jetset-Ziel entwickelt. Promis wie die Rockefellers verliebten sich in die Insel, kauften viel Land und verhinderten so einen zu ausufernden Wildwuchs in den Phasen des Baubooms. Zum Glück. Der an einen grünen Berghang geschmiegte Ort wirkt zwar mondän, aber es gibt auch nette Bars, Cafés und Geschäfte für Charter-Normalos.
Allerdings müssen deren Yachten meistens ankern, der Hafen ist fast immer belegt. Macht aber nichts. Denn nach einem Tag zieht es die Crew in die Bucht von Colombier, eine der schönsten der Leeward Islands. Dorthin fahren wir mit einem obskuren Rat der Hafenbeamtin: „Keine Sorge, wenn ihr nachts in der Bucht baden wollt, die Haie tun nichts!“ Den etwas irritierten Blick der Crew kennt sie schon und ergänzt: „Es gibt dort nur Schwarzspitzenhaie, die sind klein und harmlos!“
Tatsächlich entpuppt sich die Bucht als Volltreffer. Am Ankerplatz tummeln sich den ganzen Tag Schildkröten, der schöne Strand vor steiler Bergkulisse ist malerisch. Erst im Dunkeln geht es zurück an Bord. Noch mal ins Wasser springen? Check mit der Taschenlampe am Heck. Tatsächlich: Dort tummelt sich nach kurzem Leuchten ein, wenn auch kleiner, Hai. Dann doch lieber noch einen Rum im Cockpit.
Teil 2 mit Antigua und Guadeloupe folgt!
Die Inseln bis Guadeloupe gehören zu den Leeward Islands. Die Entfernungen sind hier größer als etwa in den BVI oder Grenadinen. Anreise Mit Air France von Paris nach St. Martin und Guadeloupe. Im Februar, in der Hochsaison, kostete der Flug 1.400 bis 1.600 Euro. Wer in der Vor- und Nachsaison fliegt und früh bucht, kommt für um die 1.000 Euro dorthin.
Auf den französischen Inseln immer Euro, auf allen anderen einfach US-Dollar dabeihaben. Kreditkarte wird vielerorts akzeptiert. Häfen & Ankerplätze Gute Marinas in St. Martin, Antigua und Guadeloupe (Pointe-à-Pitre). Oft gute Bojenfelder in Buchten, Gebühren reichen von 16 Euro (Îles des Saintes) bis etwa 50 US-Dollar, teils auf dem Hafenamt fällig (Gustavia, Antigua), teils beim Kassierer mit Boot (Îles des Saintes). Fast immer gibt es Ankerplätze, oft direkt neben den Bojenfeldern. Keine Korallen beschädigen! Örtliche Naturschutzauflagen.
Es gilt das Lateralsystem B: Von See kommend ist die Betonnung andersherum als bei uns, also rote Tonnen an Steuerbord, grüne an Backbord. Untiefen sind bei den französischen Inseln gut betonnt. Bei Antigua gilt das nicht immer, besonders im Süden und Osten auf Flachs achten.
Passat aus östlichen Richtungen zwischen 10 und 20 Knoten. Achtung: Squalls, Böen, die meist mit dunklen Wolken aufziehen, bringen kurzzeitig starke Windzunahmen und Starkregen. Vorausschauend reffen!