Seit seinem Amtsantritt im Januar hat US-Präsident Donald Trump mehrfach die Souveränität des nördlichen Nachbarlandes infrage gestellt. Er bezeichnete dessen Premierminister abfällig als „Gouverneur“ und nannte Kanada den „51. Bundesstaat“ der USA. Dazu kamen schon frühzeitig empfindliche Zölle, die der kanadischen Wirtschaft aufgrund ihrer engen Verflechtung mit der US-amerikanischen schwer zu schaffen machen.
Die traditionell enge Freundschaft zwischen den Bewohnern beiderseits der langen Grenze hat sich dadurch derzeit deutlich abgekühlt. Früher undenkbar, pfiffen die verärgerten Kanadier etwa wiederholt bei gemeinsamen Sportveranstaltungen während der vor dem Spiel angestimmten US-Nationalhymne.
Außerdem werden in Kanada nun verstärkt amerikanische Waren boykottiert oder von den Supermarktketten gleich aus den Regalen entfernt. Urlauber ändern ihre Urlaubspläne: Statt die Sonne in Florida zu suchen, schwenkt man auf die Bahamas und Bermuda um.
Auch vor dem Segelsport macht die neue Verunsicherung nicht halt – mit deutlichen Auswirkungen auf die Regatta-Saison, etwa auf den Großen Seen: Wie das Komitee des Lake Ontario Offshore Racing in Toronto bekanntgab, werden seine Rennen in diesem Sommer nicht mehr grenzüberschreitend, sondern nur noch in kanadischen Gewässern stattfinden.
Betroffen sind Veranstaltungen wie das internationale Susan Hood Trophy Race Ende Mai, das seit 1955 stattfindet, oder auch das Lake Ontario 300, das in Kanada startet und endet, aber eigentlich einmal um den ganzen See führt – also bislang auch an seiner Südküste entlang, die zum US-Bundesstaat New York gehört. Als Hauptgrund werden Sicherheitsbedenken der gemeldeten Teilnehmer genannt.
Dabei waren in den Küstenrevieren im Grenzbereich beider Länder bislang gegenseitige Besuche lokaler Crews an der Tagesordnung. Am Atlantik ist dieses Gebiet der südliche Bereich der Bay of Fundy, am Pazifik sind es die geschützten Gewässer zwischen Seattle und Vancouver.
Dann jedoch gab es bei eigentlich routinemäßigen Einreiseversuchen über Land in den letzten Wochen verstärkt Probleme. Nicht nur strengere Kontrollen werden jetzt durchgeführt – eine Kanadierin etwa fand sich ohne jeglichen Grund plötzlich in einem US-Gefängnis wieder; ein Fall, der in Kanada für große mediale Aufmerksamkeit sorgte. Diese Unsicherheit, ausgelöst von der Politik Donald Trumps, überträgt sich nun auch auf den Wassersport.
Ganz ohne Vorläufer ist das aktuelle Misstrauen der Kanadier auf dem Wasser allerdings nicht: Während der Corona-Pandemie war die Einreise auch Booten zeitweise komplett verboten. Dennoch wurden zahlreiche Fälle dokumentiert, in denen sich in den USA beheimatete Skipper darüber hinwegsetzten. An der Westküste geschah das zum Teil unter Ausnutzung einer Sonderregelung, die die Passage nach Alaska erlaubte – ein Ziel, dass die Wenigsten der ertappten Skipper auch tatsächlich auf ihrem Törnplan hatten.