Die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) hat HGK Shipping die erste Erlaubnis für den Testbetrieb eines ferngesteuerten Binnenschiffs im deutschen Kanalnetz erteilt. Der Koppelverband aus den Einheiten "Niedersachsen 2" und "Hannover" darf ab sofort für ein halbes Jahr auf der Strecke zwischen Scharnebeck und Salzgitter ferngesteuert fahren. Die Genehmigung folgt auf eine erfolgreiche Probefahrt Anfang Mai auf einem Teilabschnitt der nun freigegebenen Route. Verkehrsminister Patrick Schnieder überreichte die Erlaubnis persönlich an HGK-Shipping-CEO Steffen Bauer im Rahmen einer Branchenveranstaltung in Berlin.
Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder betonte bei der Übergabe die Bedeutung solcher Innovationen für die Zukunft der Branche: "Die Binnenschifffahrt steht vor enormen Herausforderungen. Gerade der sich in naher Zukunft verschärfende Fachkräftemangel darf dabei nicht zum Hemmschuh dieses Hidden Champions der Verkehrsträger werden." Er verwies darauf, dass die Binnenwasserstraße der einzige Verkehrsträger mit freien Kapazitäten in Deutschland sei. Pilotprojekte wie der ferngesteuerte Koppelverband könnten daher zum "Game Changer" werden. Schnieder betonte: "Die Genehmigungsverfahren sind geschaffen, jetzt gilt es die Technologie aus dem Labor auf das Wasser zu bekommen und ins Handeln zu kommen."
Eric Oehlmann, Leiter der GDWS, hob die sorgfältige Prüfung aller gesetzlichen Vorgaben hervor, insbesondere im Hinblick auf die Sicherheit.
Binnenschiffer haben einen verantwortungsvollen Job. Nicht immer können sie rechtzeitig eingreifen, um Schäden zu vermeiden. In manchen Fällen hätte eine Fernsteuerung eventuell sogar schlimmeres verhindert:
Das gekoppelte Binnenschiff kann nun ferngesteuert von der Zentrale in Duisburg eingesetzt werden. Oehlmann sieht die GDWS als Vorreiter: "Die GDWS geht damit als gutes Beispiel voran, wie Innovation in der Binnenschifffahrt gemeinsam und mit Tempo vorangebracht werden kann." Er zeigte sich erfreut, dass HGK Shipping die erste deutsche Genehmigung für das ferngesteuerte Fahren eines Binnenschiffs nach der Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung erhält.
HGK Shipping setzt schon länger auf die SEAFAR-Technologie, um dem Fachkräftemangel bei Schiffsführern zu begegnen. CEO Steffen Bauer erklärte: "Gemeinsam mit unserem Technologiepartner SEAFAR, der in Duisburg ein sogenanntes Remote Operations Center betreibt, setzen wir auch mittels der Modernisierung unserer Schiffsflotte auf eine verstärkte Digitalisierung der Binnenschifffahrt." Dies sei ein wichtiger Hebel, um die Attraktivität des Berufsbildes zu erhöhen und qualifizierte Arbeitskräfte zu gewinnen. Bauer hofft, nach der Testphase zeitnah zur nächsten Stufe übergehen und besatzungsreduziert fahren zu können.
In der aktuellen Testphase ist noch eine vollständige Besatzung an Bord des Schiffs. Zuvor wurde die Fernsteuerung bereits auf dem Rhein mit einer belgischen Erlaubnis probeweise eingesetzt, allerdings ebenfalls mit vollständiger Bordbesatzung. Der nächste Schritt wäre der besatzungsreduzierte Betrieb der umgerüsteten Schiffe. Ziel ist es, Personal flexibler einzusetzen und den Schiffsführern mehr Zeit an Land zu ermöglichen. In anderen europäischen Ländern, insbesondere in Belgien und den Niederlanden, hat sich diese Technologie bereits bewährt.
HGK Shipping zählt mit etwa 350 Schiffseinheiten zu den führenden Binnenschifffahrtsunternehmen Europas. Das Unternehmen setzt seit Jahren konsequent auf Digitalisierung und befördert unter anderem flüssige Chemikalien, Schüttgüter und Stückgut.