Der Kapitän des Containerschiffs ”Solong”, das am Montag vor der britischen Nordseeküste mit dem US-Tanker “Stena Immaculate” kollidierte, ist ein 59-jähriger russischer Staatsbürger. Die Hamburger Reederei Ernst Russ, Eigner der “Solong”, bestätigte dies gegenüber verschiedener Medien. Der Kapitän wurde von der britischen Polizei wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung festgenommen. Bei dem Unglück geriet ein Besatzungsmitglied der “Solong” in Seenot. Die Suche nach dem Vermissten wurde mittlerweile eingestellt.
Die Kollision löste Brände auf beiden Schiffen aus und verursachte erhebliche Schäden. Die genaue Ursache des Zusammenstoßes bleibt auch zwei Tage nach dem Vorfall unklar. Nach Angaben des US-Unternehmens Crowley, Betreiber der “Stena Immaculate”, rammte die “Solong” den vor Anker liegenden Tanker nahe der Mündung des Flusses Humber.
Die Untersuchungen liegen federführend bei den USA und Portugal, da die Schiffe unter deren Flaggen fahren. Die britische Behörde für Schiffsunglücke hat ebenfalls Ermittlungen eingeleitet. Der britische Staatssekretär Matthew Pennycook betonte, dass es bislang keine Hinweise auf eine absichtliche Herbeiführung des Unglücks gebe.
Die “Stena Immaculate” transportierte im Auftrag des US-Verteidigungsministeriums 220.000 Barrel (knapp 35 Millionen Liter) Flugzeugtreibstoff für die in Großbritannien stationierten Flugzeuge der US-Airforce. Bei der Kollision wurde mindestens ein Tank beschädigt, was zu Explosionen und dem Austritt von Treibstoff führte. Die britische Küstenwache hält eine Meeresverschmutzung für wahrscheinlich. Greenpeace äußerte große Besorgnis angesichts der hohen Geschwindigkeit des Zusammenstoßes und der sichtbaren Folgen.
Insgesamt 36 Besatzungsmitglieder beider Schiffe konnten sicher an Land gebracht werden, eine Person wurde medizinisch behandelt. Die Suche nach dem vermissten Seemann der “Solong” wurde am Montagabend eingestellt. Aktuell dauern die Lösch- und Sicherungsmaßnahmen noch an. Die Küstenwache befürchtet, dass die “Solong” sinken könnte. Nach Angaben des zuständigen Staatssekretärs Mike Kane treibt das Schiff derzeit Richtung Süden, soll aber in den nächsten Stunden nicht auf Land zutreiben.
Das niederländische Bergungsunternehmen Boskalis arbeitet an der Sicherung der Schiffe. Die “Stena Immaculate” liegt demnach stabil, das Feuer an Bord sei inzwischen gelöscht. Der Tanker soll zunächst von außen gekühlt werden, bevor er in einen sicheren Hafen geschleppt werden kann. Die Gefahr eines Auseinanderbrechens wird als gering eingeschätzt. Bei der “Solong” gestaltet sich die Lage kritischer. Luftaufnahmen der BBC zeigen, dass der Frachter weitgehend ausgebrannt ist.
Britischen Medienberichten zufolge gab es bei der “Solong” in der jüngeren Vergangenheit Beanstandungen bezüglich der Sicherheit an Bord. Die genauen Details dieser Inspektionen sind nicht bekannt. Die Reederei Ernst Russ dementierte Berichte, wonach der Frachter mehrere Behälter mit giftigem Natriumcyanid geladen habe. Die Container seien leer gewesen. Dennoch besteht die Sorge, dass bei einem möglichen Sinken oder Auf-Grund-Laufen des Schiffes Diesel aus den Tanks austreten und die Küste verschmutzen könnte.
Der Vorfall hat auch eine internationale Dimension, da er ein unter US-Flagge fahrendes Schiff mit militärischer Fracht und ein Containerschiff unter portugiesischer Flagge mit russischem Kapitän betrifft. Die Festnahme des russischen Staatsbürgers erfolgt in einer Zeit angespannter Beziehungen zwischen westlichen Ländern und Russland. Offiziell wird jedoch betont, dass es keine Hinweise auf eine absichtliche Herbeiführung des Unglücks gebe.