FormenteraSo werden die Yachten nach dem Gewittersturm geborgen

Andreas Fritsch

 · 19.08.2024

Formentera: So werden die Yachten nach dem Gewittersturm geborgenFoto: Pantaenius
Die gestrandete Swan 60 konnte wenig später erfolgreich geborgen werden
Die Sicherung und Bergung der gestrandeten Boote vom letzten Mittwoch ist fast vollständig abgeschlossen. Das Team von MCS-Spain und Panteanius berichtet von ihrem Einsatz.

Seit einigen Tagen ist ein Team von Marine Claims Service (MCS) Spain und zur Unterstützung ein zweites des Hamburger Versicherers Pantaenius vor Ort und hat unter anderem die gestrandete Wally “Wally Love” von den Steinen gerettet sowie eine Swan 60. Der Mann für solche Jobs ist Ole Pietschke, der natürlich auch mit diversen betroffenen Eignern vor Ort gesprochen hat. Viele Leser kennen ihn noch von den Videos aus dem letzten Herbst, als er maßgeblich an den Bergearbeiten an der deutschen Ostsee nach dem Herbststurm beteiligt war.

Ein Eigner berichtet von 75 Knoten Wind. Nach nur 30 Minuten war alles vorbei

“Der Wind nahm sehr schnell zu, von 25 Knoten auf um die 50 Knoten, ein Eigner berichtet, er hat auf seinem Windmesser 75 Knoten gemessen. Und nach 30 Minuten war dann alles schon vorbei. Das Problem ist auch, dass, wer den richtigen Zeitpunkt zum Rausfahren verpasst hat, gegen solchen Wind nicht mehr ankommt. Ein Eigner einer größeren Jeanneau, die immerhin eine 120-PS-Maschine hat, fuhr gegen den Wind mit Vollgas noch 0,3 Knoten über Grund.” Wer schwächer motorisiert ist, hat da teils keine Chance mehr gehabt.

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Ein Problem ist dann natürlich auch, dass viele, als sie von dem Wetter überrascht wurden, noch vor Anker lagen. “Ein paar Crews waren dann so clever und haben ihr Ankergeschirr geopfert, also das Ende der Kette ausrauschen lassen. Das ging so schnell, dass sie es noch auf See geschafft und dort das Schlimmste abgewettert haben.”

Auch hatten viele Yachten die Windangriffsfläche nicht minimiert: Nicht richtig gesicherte Großsegel, Rollfocks, die sich entrollt hatten, besiegelten im Handumdrehen das Schicksal mancher Yacht, die dann mit noch ausgebrachtem Anker strandete.

Die, denen die Flucht in letzter Minute nicht gelang, landeten dann zum Teil auf den Felsen der Ankerbucht nördlich von Savina auf Formentera. So auch die beiden Schiffe, die das MCS-Team relativ schnell wieder bergen konnte. Die Wally hatte nur wenig Wasser übergenommen und keine Löcher in der Seite, die auf dem Strand lag. Die Swan dagegen hatte Letzteres in einer Seite und entsprechend viel Wasser gemacht.

Wie werden die Yachten geborgen?

Das Vorgehen ist dann aber eigentlich dasselbe, so Pietschke: “Zunächst müssen wir das Boot auf die andere Seite legen, damit der Kiel nicht in die Schlepprichtung zeigt und am Grund hängen bleibt.” Dafür wird die nach oben zugängliche Seite der Yacht mit Luftsäcken und speziellen Berge-Matratzen so weit abgepolstert, dass sie beim Wenden des Rumpfes keinen weiteren Schaden nimmt. Anschließend werden die Löcher behelfsmäßig verschlossen und das ganze Wasser abgepumpt. Dann werden die Schlepptrossen und -gurte um besonders stabile Punkte der Yacht befestigt, also Mastfuß, Schotten etc. Ist das Schiff gedreht, kann es auf den Polstern liegend ins tiefere Wasser gezogen werden. Das gelang mit beiden Yachten, die dann auf Ibiza an Land gekrant wurden.

Bei der Frage, wie es zu dem Desaster kommen konnte, sind die Meinungen recht eindeutig. Locals und manche Prognosen warnten teils schon drei, vier Tage vor einer solchen möglichen Entwicklung für einen Kaltluft-Einbruch aus den höheren Luftschichten (Gota Fria oder Dana genannt). Manche Crews hätten sich aber ausschließlich auf Wetter-Apps, verlassen, etwa Windy, und dort kamen die Warnungen erst zwei Tage vorher. “Die lokalen Wetterdienste sind oft bei so regional speziellen Wetterphänomenen exakter, man tut als Skipper gut daran, auch die mit einzubeziehen”, so Pietschke.

Das Pantaenius-Team hat vor Ort die Bergearbeiten filmisch begleitet, in den nächsten Tagen erscheint die ausführliche Video-Reportage von Pantaenius.

Gefallen lassen müssen sich viele Crews die Frage, warum man bei so einer Wettervorhersage in einer völlig ungeschützten, weil nach Westen komplett offenen Bucht ankert und ganz offensichtlich nicht das Wetter im Auge behält, etwa mit den üblichen Wetter-Radar Anzeigen, die das aufziehende Unwetter samt Niederschlag und Gewitterzellen wohl gut abgebildet hätten, wie Locals bestätigen. Die Einheimischen sagen jedenfalls, dass Unwetter kommt, war klar, von der Gewalt und Windstärke desselben waren aber auch sie teils überrascht.

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