Während an der deutschen Küste invasive Arten wie die Bohrmuschel „Teredo Navalis“ Hafenbetreibern und auch Bootseignern Sorgen bereiten, ist im Süden die Angst vor der Quagga-Muschel groß. Sie heftet sich unter anderem massenhaft an Bootsrümpfe. In einigen Kantonen der Schweiz wurden daher Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung des Schalentiers zu verhindern. Eine davon ist die neue Schiffsmelde- und Reinigungspflicht (SMRP).
Sie zwingt Eigner, die mit ihrem Boot von einem See zu einem anderen wechseln wollen – etwa um an Regatten teilzunehmen –, dies im Vorhinein bei den zuständigen Stellen anzukündigen. Außerdem müssen sie eine professionelle Reinigung des Unterwasserschiffs vornehmen lassen. Zu diesem Zweck wurden eigens Betriebe zertifiziert, die entsprechende Waschplätze haben, wie beispielsweise die landesweit fünf Kibag-Marinas. Deren Geschäftsführer Daniel Kallenbrunn erklärt: „Die Schiffe werden bei uns mit dem Hochdruckreiniger mit mindestens 70 Grad heißem Wasser gesäubert. Außer dem Rumpf müssen alle Teile gereinigt werden, die mit Seewasser und damit potenziell in Kontakt mit der Quagga-Muschel gekommen sind.“ Eine Herausforderung stelle das gleichfalls erforderliche Spülen der Kühlwasserkreisläufe der Motoren dar. „Durch die Leitungen muss mindestens 15 Minuten lang ebenfalls 70 Grad heißes Wasser fließen.“ Kallenbrunn zufolge seien die Maßnahmen unter den Seglern akzeptiert, auch wenn die Reinigung jedes Mal mit umgerechnet mindestens 320 Euro zu Buche schlage. Es bleibt ihnen auch keine Wahl. „Wir kranen nur noch Boote ins Wasser, deren Eigner ein Zertifikat über die erfolgte Reinigung vorlegen“, so der Marina-Geschäftsführer.
Was die Quagga-Muscheln zum Problem macht? „Sie vermehren sich rasant“, erklärt der Wissenschaftler Dr. Piet Spaak. Er leitet das Projekt „SeeWandel–Klima“ und forscht über die Ausbreitung der Art im Bodensee. „Hier im See finden wir in Tiefen von zehn bis 15 Metern bis zu 30.000 Muscheln pro Quadratmeter.“ Derartig große Populationen brächten das Ökosystem aus dem Gleichgewicht. „Die tiefen Voralpenseen bieten der Quagga-Muschel ein optimales Habitat. Selbst am Grund ist ausreichend Sauerstoff für sie vorhanden“, so der Experte. Und während beispielsweise auf niederländischen Gewässern die Muscheln von Enten größtenteils aufgefressen würden, gebe es in den Schweizer Seen und im Bodensee viele Rückzugsorte in entsprechender Tiefe für die Quagga.
„Jeder, der ein Boot oder auch nur ein SUP-Board vom einen in den anderen See bringt, muss es gründlich reinigen und trocknen“, betont Spaak. Nur so ließe sich verhindern, dass andere Seen mit der Quagga-Muschel belastet würden.
Immerhin, für Regattasegler gibt es ein beschleunigtes SMRP-Verfahren. Sie dürfen die Reinigung ihrer Boote selber vornehmen, sofern der Veranstalter einen geschulten Kontrolleur stellt. Dazu gibt es eine Tabelle mit vier Kategorien an Schiffstypen, die einen Freigabeprozessen durchlaufen müssen. Außerdem werden Schiffe, die maximal fünf Tage am Stück im Wasser liegen anders behandelt, als solche, die längere Zeit im Wasser verbracht haben. Für die Boote gibt es dann drei verschiedene Freigabeprozesse. Der einfachste ist die Reinigung in Eigen-Regie, die dann von einer geschulten Person des Veranstalters bei der Anreise überprüft wird. Der Veranstalter muss daraufhin digital melden, dass das Schiff im Vorfeld der Regatta gereinigt worden ist. Die zweite Stufe ist vergleichbar mit der ersten, nur das hier das Schiff zusätzlich fünf Tage Trocknungszeit an Land verbracht haben muss , bevor es eingewassert wird. Der dritte Freigabeprozess stellt die professionelle Reinigung durch einen autorisierten Betrieb dar. Diese Maßnahmen sollen verhindern, dass sich die Quagga-Muschel und insbesondere deren Larven über das Seewasser weiter verbreiten.