KaribikDie wichtigsten Tipps für den ersten Chartertörn

Andreas Fritsch

 · 27.02.2024

Empfehlungen, was ihr bei eurem ersten Chartertörn in der Karibik beachten solltet
Foto: Sebastian Fuchs
Wer zum ersten Mal in der Karibik auf eigenem Kiel unterwegs ist, muss sich auf Besonderheiten einstellen, die ihm aus Europa nicht bekannt sind. Neun wissenswerte Tipps für einen gelungenen Törn

Ankern

Ankern auf Korallen vermeiden! Denn das zerstört erstens das Riff, zweitens hält der Anker dort entweder gar nicht, oder er kann sich übel verhaken. Also Sandgrund suchen. In vielen Revieren sind auch Muringbojen zum Schutz der Korallen und Seegraswiesen – dort grasen die Schildkröten gern – ausgelegt. Die sind oft kostenpflichtig. Meist kommt ein Kassierer per Dingi, manchmal muss man auch an der Strandbar zahlen. Wichtig: Nicht immer sind die Grundgewichte verlässlich. In den französischen Revieren oder den British Virgin Islands sind die Muringe oft professionell, andernorts hängt durchaus auch mal statt eines Grundgewichts ein alter Motorblock oder ein Zaunpfahl daran.


Karibik-Reviere im Kurzporträt:


Seemannschaft

SeemannschaftFoto: Sebastian Fuchs

Viele Reviere sind schlecht oder kaum betonnt. Zudem müssen Crews daran denken, dass Fahrwasser in der Karibik andersherum betonnt sind als in Europa: Von See einlaufend, liegen steuerbord die roten Tonnen, nicht die grünen (Merksatz: red, right, return [to harbour]). Ebenfalls wichtig ist die sogenannte Eyeball-Navigation, also nach Sicht, die vor allem mit dem oft von Riffen durchsetzten Grund zu tun hat. Denn Korallenköpfe gilt es beim Einlaufen in einsame Buchten zu umschiffen. Das geht am besten mit einem oder zwei Crewmitgliedern am Bug. Die sind idealerweise mit einer polarisierenden Sonnenbrille ausgestattet, die Reflexionen der Sonne vom Wasser ausblendet und bessere Sicht ermöglicht. Wichtig: Keinen komplizierten Ankerplatz spät am Nachmittag gegen das Licht anlaufen, dann ist nur schwer noch etwas zu erkennen. Die Sonne geht in der Karibik abends sehr schnell unter. Empfehlenswert ist, spätestens bis 16 Uhr fest zu sein. Die Spotter am Bug suchen nach dunklen Punkten im türkisfarbenen Wasser, die meist auf ein Riff hinweisen. Sind noch etwa zwei Meter Wasser darüber, schimmert es noch braungrün, wird es flacher, wechselt der Ton zu Braungelb.

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Kaution absichern

Wer in der Karibik chartert, stolpert hoffentlich schon beim Vertragsabschluss über die relativ hohen Kautionssummen. Revierbedingt (und weil viele große Charterkatamarane unterwegs sind) liegt die Kaution oft weit über europäischem Niveau, 6000 Euro und – je nach Bootsgröße – auch mehr sind da keine Seltenheit. Bei solchen finanziellen Risiken tut eine Crew gut daran, rechtzeitig über eine Kautionsversicherung nachzudenken. Die wird oft zwar auch vom Flottenbetreiber selbst angeboten, ist dann aber meist deutlich teurer als bei gängigen Versicherern.

Boat Boys

boot/100024556_5b85b4cb9d0f15dad9f4073376c07c02Foto: Sebastian Fuchs

Vor allem in den Windward Islands und anderen Teilen der Karibik, in denen die lokale Bevölkerung nur über ein geringes Einkommen verfügt, ist es üblich, dass der Crew schon bei der Anfahrt in eine Bucht kleine Motorboote mit sogenannten boat boys entgegenkommen, die wild winkend ihre Dienste anbieten – etwa die Einlaufenden zur freien Boje geleiten und die Leinen durchziehen, Landausflüge organisieren, Früchte, frisches Brot, T-Shirts oder selbst gebastelten Schmuck verkaufen. Es gibt kaum etwas, das nicht im Angebot ist. Teils konkurrieren mehrere Boote miteinander, was für Skipper verwirrend sein kann.

Wer diese Dienste in Anspruch nimmt, erlebt auch gelegentlich eine Überraschung, wenn es um die Entlohnung geht. Einige boat boys rufen erstaunlich hohe Summen von 10, 20 oder mehr US-Dollar auf. Die Bojengebühr kommt manchmal noch dazu. Verhandeln kann in dem Fall helfen, muss es aber nicht. Und der Ton kann durchaus rau werden. Die Händler sind dagegen meist sehr umgänglich. Tipp: Immer freundlich und höflich bleiben, auch wenn man eine Leistung ablehnt oder der Händler penetrant ist, dann gibt es eigentlich keine Probleme. Mitunter werden Touren zu Tauchspots angeboten. Equipment kann geliehen werden. Tipp: Masken, Flossen und Schnorchel selbst mitbringen, die vorhandene Ausrüstung passt selten.

Lästigen Papierkram abschätzen

Bürokratie KaribikFoto: Sebastian Fuchs

Für Europäer ist der Aufwand des Ein- und Ausklarierens oft ungewohnt und überraschend. Da viele der Inseln eigenständige Staaten sind, erfordert ein einfacher Wechsel zur nur ein paar Meilen weiter liegenden Nachbarinsel meist auch etwas Bürokratie: Ausklarieren bei Immigrations- oder Passpolizei und Zoll, manchmal auch in der Marina. Auf der nächsten Insel dann unbedingt einen offiziellen port of entry anlaufen und dort wieder die gleichen Gänge absolvieren. Angaben zum Prozedere sowie dazu, wo die Büros liegen und wann sie geöffnet haben, finden sich im Revierführer und oft auch in Info-Mappen der Vercharterer. In manchen Revieren kann das einen Aufwand von durchaus ein, zwei Stunden bedeuten – Zeit, die eingeplant werden muss.

Die Anmeldung übernimmt der Skipper, der dafür auch die Bootspapiere und Pässe der Crew mitnimmt und diverse Formulare auszufüllen hat. Die übrigen Personen an Bord dürfen derweil das Boot nicht verlassen. Zwischen französischen Inseln, in den BVIs und Bahamas sind solche Formalitäten nicht nötig. Aber: Praktischerweise kann man bei nur ein- oder zweitägigen Stopps auf Inseln beim Einklarieren gleich auch ausklarieren! Von Vorteil auf französischen Inseln:

Dort gibt es für Europäer die Möglichkeit, einfach an bestimmten Plätzen, oft auch Shops oder Marinabüros, alles auf einmal zu erledigen. Der Skipper trägt die Daten an einem Computer einfach selbst ein. Hilfreich ist, dafür eine vollständige Crewliste mit Namen und jeweils Wohnort, Geburtsort und -datum sowie Passnummer dabeizuhaben, dann geht es schneller.

Nicht verpassen

Zum Karibik-Törn gehört die Strandbar mit Rum-Cocktail und im Hintergrund dudelndem Reggae einfach dazu. Den Sundowner gibt es in vielen Bars zur Happy Hour ab 16 oder 17 Uhr für den halben Preis! In manchen Revieren werden zudem berühmte Partys veranstaltet, etwa die Full-Moon-Partys auf Tortola in der Trellis Bay oder die legendären sonntäglichen Steelband- und Reggae-Partys mit Livemusik und Barbecue auf dem Berg Shirley Heights auf Antigua. Insbesondere auf den französischen Inseln Guadeloupe oder Martinique, aber auch andernorts sollte man sich eine Rum-Destille anschauen und an einer Verkostung teilnehmen. Dabei sind etwa die Unterschiede zwischen Rum aus frischem Zuckerrohrsaft und solchem aus Melasse zu erleben. Die Touristboards der Inseln haben die Adressen.

Auf Nummer sicher gehen

Es ist ein Thema, das gern kleingehalten wird, aber für einige Reviere wichtig ist: Manche Teile der Karibik sind stärker von Kriminalität betroffen, als es Nordeuropäer gewohnt sind. Es darf nicht verges­sen werden, dass das Einkommen der Locals einiger Inseln auf dem Niveau von Entwicklungsländern liegt. Gelegenheitsdieben sollte man es daher schwer machen, also Wertsachen nicht offen liegen lassen und das Boot abschließen, wenn man es verlässt. Ganz wichtig: Dingis sind mit Abstand das begehrteste ­Diebesgut in der Karibik. Deshalb sollte das Beiboot bei Landausflügen am besten samt Motor und Tank am Dock angeschlossen werden!

Zurück an Bord sollte das Dingi dann unbedingt über Nacht in den Davits ganz nach oben gefiert und der Außenborder angeschlossen werden. Schwieriger ist, dass es einige Ecken in der Karibik gibt, an denen auch Yachten vor Anker teils aufgebrochen und sogar mit Crew an Bord überfallen werden. Zu solchen Übergriffen kommt es aber sehr selten. Doch es gab auch in den letzten beiden Jahren bewaffnete Überfälle, während die Crews an Bord schliefen.

Hotspots sind einige Buchten an der Westseite von St. Lucia und an der Südküste St. Vincents (Kingstown). Man muss um Inseln deshalb aber nicht generell einen Bogen machen. Tipp: vor dem Törn auf der Website des Caribbean Safety and Security Net schauen (safetyandsecuritynet.org). Dort gibt es eine animierte Karte, auf der die Übergriffe der letzten Zeit archiviert sind und ihre genaue Position angegeben wird. Diese sollte man meiden. Oft agieren die Täter lokal. Beim Törnstart den Stützpunktleiter fragen, ob er noch Sicherheitstipps hat oder von bestimmten Plätzen abrät. Oftmals gibt es solche Tipps ohnehin in den Unterlagen der Flotte.

Kein Währungswechsel

Kein WährungswechselFoto: Getty Images

In Teilen der Karibik (etwa St. Vincent und Grenadinen, St. Lucia, Anguilla, Antigua) wird offiziell der Ostkaribische Dollar als Zahlungsmittel genutzt. Das können Crews getrost ignorieren, fast alle Dienstleistungen, Restaurants und Bars in der Yachting-Szene wollen lieber den US-Dollar haben oder nehmen den karibischen Dollar gar nicht an. Deshalb von der ungeliebten Währung möglichst wenig abheben oder wechseln, sie bleibt oft ungenutzt zurück. Kartenzahlung ist zwar vor allem auf amerikanisch und europäisch geprägten Inseln üblich und generell auf dem Vormarsch, aber auf kleinen Inseln kann man sich nicht darauf verlassen.

Smartphone Falle

Smartphone FalleFoto: stock.adobe.com

An die harmonisierten Roaming-Regelungen in Europa gewöhnt, sind Crews oft überrascht, wenn sie hören, dass dies in weiten Teilen der Karibik nicht gilt. Die selbstständigen Inselstaaten haben oft hohe Gebühren für Roaming, oder man findet gleich gar kein Netz. Die Lösung ist, entweder beim Vercharterer nach einem kostenpflichtigen Mobil-WLAN-Hotspot fürs Boot zu fragen oder das manchmal sehr langsame WLAN von Bars oder Restaurants zu nutzen. Ausnahme sind die französischen oder niederländischen Inseln: Dort gilt europäisches Roaming-Recht genau wie zu Hause.


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