Kopenhagen, Malmö - Schwestern

Unbekannt

 · 25.02.2017

Kopenhagen, Malmö - SchwesternFoto: Christian Tiedt

Ostseespezial, Teil 6: Gerade einmal 14 Seemeilen liegen zwischen diesen Städten. Es gibt Unterschiede, aber auch Verbindendes. Der Abschluss unseres Törns im vergangegen Jahr zeigte uns beide Seiten.

Zugegeben, ganz fair ist der Vergleich nicht. Auf der einen Seite: Kopenhagen, die funkelnde Millionenmetropole, eine königliche Hauptstadt, die mit einigem Recht gar als "Venedig des Nordens" umschmeichelt wird. Und auf der anderen Seite des Öresunds: die – nun ja – "Stadt gegenüber".

Foto: Christian Tiedt

Viel mehr fällt den meisten Menschen nicht zu Malmö ein. Eigentlich überrascht das kaum, denn selbst an Schwedens vergleichsweiser kurzer Westküste muss sich die immerhin drittgrößte Stadt des Landes mit der zweitgrößten messen – und aus dem langen Schatten Göteborgs mit seinem eleganten und mondänen Flair kommt man ebenfalls nicht so leicht heraus.

Zumindest den Tourenskippern, die im Revier von Kattegat, Belten und Sund unterwegs waren, konnte man ihre Unkenntnis im Bezug auf Malmö dabei kaum vorhalten – weil es anders als in Kopenhagen einfach keine Gastliegeplätze in der Nähe des Stadtzentrums gab.

Foto: Christian Tiedt

Das änderte sich 2010 mit der Fertigstellung der Dockan Marina, und nach dem Motto "Besser spät als nie" nahm die BOOTE-Crew im vergangenen Sommer schließlich Kurs auf diesen weißen Fleck auf der Törnkarte unserer Redaktion. Zum Glück – denn Malmö hat uns auf Anhieb begeistert.

Also über Bord mit allen Vorurteilen: Ab jetzt gibt’s zwei schöne Schwestern am Öresund. Umso besser! Wir kommen von Süden, haben die Abkürzung durch den Falsterbokanal genommen, der den Umweg um die sandige Halbinsel mit ihrem vorgelagerten Riff erspart, und auf der Reise von Stralsund über Bornholm und die Hanöbucht (siehe BOOTE 3/2016) liegen nun die letzten beiden Etappen vor uns: Malmö und Kopenhagen.

Die "Rolling Swiss 2" des Cruising Clubs der Schweiz folgt der schmalen Rinne, die im Norden an den Kanal anschließt, bis wir auf das Nebenfahrwasser zur Öresundbrücke einschwenken. Weit an Backbord steht ein Wald aus Offshore-Windanlagen vor dem Horizont, über uns schweben die Jets nach Kopenhagen-Kastrup ein, und dann passieren wir schließlich die Brücke: 40 Meter Durchfahrtshöhe, keine Gefahr für die Antennen ...

Malmö liegt nun schon an Steuerbord, überragt vom neuen Wahrzeichen der Stadt, dem 190 Meter hohen "Turning Torso" 1 , dessen glänzend weiße Fassade sich in den Himmel zu drehen scheint. Beim Leuchtfeuer "Flintrännan" haben wir die Ansteuerung erreicht, die nun zum Feuer "Vågbrytarbank", und danach um einen Wellenbrecher vor der Hafeneinfahrt herum in die Dockan Marina führt.

Das lange Becken gehörte – wie der Name vermuten lässt – früher zum Trockendock einer Werft. Die mächtigen Poller auf der Promenade stehen noch immer und erinnern an die Zeit, als hier Niethämmer knatterten und später Schweißbrenner fauchten.
Foto: Christian Tiedt

Doch wo früher Lagerhallen und Bauschuppen standen, reihen sich heute mehrgeschossige Wohnhäuser aneinander. Das Konzept von exklusivem Wohnraum am Wasser ist nicht mehr neu, London hat es in den Docklands erfunden, Nachahmer fand und findet es auf der ganzen Welt. Doch hier, mit weitgehend unverstelltem Blick auf den Öresund, hat es besonderen Charme.

Gastliegeplätze (in Boxen, längsseits nur an der Innenseite des Wellenbrechers und am inneren Ende) sind in dem knapp 350 Meter langen Becken mit grünen Schildern gekennzeichnet, ein Sanitärgebäude ist vorhanden. www.dockanmarina.se

Ab in die Stadt: Von unserem Liegeplatz geht es praktisch immer am Wasser entlang, über Klapp und Universitätsbrücke zum Innenhafen und einmal über den Vorstadtkanal. Der Stortorget mit dem Reiterstandbild des Königs Karl X. Gustav ist bunt vor Menschen, das Rathaus festlich beflaggt.

Für einen entspannten Kaffee geht es weiter zum Lilla Torg, dessen historische Häuser mit Fachwerk und farbenfrohen Fassaden bei uns den Eindruck erwecken, plötzlich in einer schwedischen Kleinstadt zu stehen. Langsam kommt der Abend, doch es ist warm genug, und die Rasenflächen im Schlosspark beim wuchtigen Malmöhus sind voller junger Leute.

Gitarrenklänge und Gesang vermischen sich mit dem Gelächter gut gelaunter Menschen. Grillgeruch steigt auf. Da kommt eine freie Bank gerade recht für uns, um diesen schönen Abend noch ein bisschen ausklingen zu lassen, bevor wir an Bord zurückkehren.

Vierzehn Seemeilen sind es am nächsten Morgen quer über den Öresund, der bei Windstille so glatt wie Glas vor uns liegt. Zwischen der Insel Saltholmen im Süden und der ehemaligen Seefestung Flakfortet hindurch steuert unsere Trader 42 auf das Lynette løbet zu, die Sportbootzufahrt zum Inneren Hafen von Kopenhagen, vorbei an glänzenden Tankanlagen und der nächsten Festungsinsel – aber auch auf Trekroner wird heute nur noch Naherholung exerziert.

Direkt voraus nun zwei Kreuzfahrtschiffe und die "Eclipse", eine 160-Meter-Megayacht, längsseits an der Langelinie – und auch sonst ist an diesem Sommertag mitten in Kopenhagen so ziemlich alles auf dem Wasser, was schwimmt und einen Antrieb hat, vom Tretboot bis zum Ausflugsdampfer. Auf zur Hafenrundfahrt!
Noch in Sichtweite der Schornsteine von "Queen Mary" und Co. liegt an Steuerbord nun der Langelinie Lystbådehavn querab – die beste "Adresse", wenn man zentral liegen möchte (und einen freien Platz findet; www.langeliniehavn.dk).

Foto: Christian Tiedt

Dahinter ragen die begrünten, sternförmigen Wälle des Kastells auf, und davor, vor einer bunt wimmelnden Kulisse aus Reisebussen und Touristenscharen, sitzt etwas verloren, den Blick vor Dutzenden von Kameras schüchtern abgewendet, die Kleine Meerjungfrau auf ihrem Felsen.

Ein voll besetztes Ausflugsboot pflügt vorbei, winkende Hände wedeln durch die Luft. An der Hafenmauer baumeln dagegen lässig Beine, Gesichter sind zur Sonne gedreht. Wer Schatten sucht, ist unter dem ausladenden Dach der Oper richtig, nun an Backbord.

Auf der anderen Seite folgt auf die restaurierten Speicher der Toldbodgade nun der Amaliehaven mit dem Blick an der Fontäne vorbei auf Schloss Amalienborg und die patinaglänzende Kuppel der Frederikskirke, vom Petersdom in Rom inspiriert. Letzter Punkt unserer kleinen Tour ist das maritime Herz der Stadt, der Nyhavn mit seinen Traditionsschiffen.

Wer hier im Außenbereich vor der Brücke einen Liegeplatz ergattert, ist nicht nur vom Glück geküsst – sondern vermutlich auch verdammt früh aufgestanden ...