Jürgen Strassburger
· 27.06.2024
Nun erhofften sich kroatische Tourismusexperten von der Aufnahme in die Eurozone und dem Beitritt zum Schengenraum am 1. Januar 2023 weitere nachhaltig positive Effekte. Die Ende April vom staatlichen Statistikamt des Landes veröffentlichten Daten für das vergangene Jahr deuten jedoch in eine andere Richtung.
So gab es bei der Zahl der Transityachten in den Häfen gegenüber 2022 einen Rückgang von 4,3 Prozent. Und das, obwohl die Zahl der Liegeplätze in Marinas, in Bojenfeldern und an Ankerplätzen sowie die Zahl der Plätze in Bootslagern an Land seit 2002 nahezu konstant zunahm: Von 13.900 Liegeplätzen erhöhte sich das Angebot auf 19.100. Doch von wem und in welchem Umfang werden sie genutzt?
Zwei Nutzergruppen sind voneinander zu unterscheiden: hier die Dauerlieger, also Boote, deren Eigner einen Liegeplatzvertrag von mindestens einem Jahr abgeschlossen haben. Dort die Transitboote. Jede Yacht, ob Eigentum oder gechartert, die eine Marina anläuft, in der sie nicht als Dauerlieger registriert ist, wird statistisch als Transitboot erfasst. In je mehr Häfen ein Boot im Verlauf eines Jahres als Tageslieger festmacht, umso mehr trägt es zur Erhöhung der Transitzahlen bei.
Die Summe der Dauerlieger stieg von 11.174 im Jahr 2002 auf 16.482 im Jahr 2023. Ein Plus von 47,5 Prozent, durchschnittlich jährlich 2,3 Prozent. Allerdings war diese Steigerung geringer als der Zuwachs an verfügbaren Liegeplätzen: Ab 2009 sank die Zahl der Dauerlieger trotz des steigenden Angebots an Liegeplätzen.
Die gleiche Entwicklung zeigt sich bei den Transitbooten. Die Finanzkrise 2008 war eine wesentliche Ursache für diese Flaute. Erst ab 2017/2018 gab es in beiden Kategorien wieder einen leichten Aufwärtstrend bis hin zu einem vorläufigen Höhepunkt 2019.
Die Korrelation zwischen verfügbaren Liegeplätzen und deren Auslastung durch Dauerlieger beschreibt die Auslastungsquote eines Hafens. Diese hat sich seit 2003 sehr volatil entwickelt, sie schwankte zwischen 76,8 Prozent im Jahr 2020 (Coro- na!) und 89,4 Prozent im Jahr 2008. Es zeigt sich mithin, dass eine quantitative Erhöhung des Angebots keineswegs im selben Umfang mit einer Erhöhung der Nachfrage einhergeht. Heißt konkret: Bezogen auf die Zahl der Dauerlieger gab es permanent Liegeplatz-Überkapazitäten.
Die allerdings kommen den Transitgästen zugute, die ja auf freie Liegeplätze angewiesen sind. Dass die Balance zwischen Angebot und Nachfrage nur in Hochsaisonphasen und in wenigen touristisch exponierten Häfen gelegentlich aus dem Ruder läuft, zeigt, dass das derzeitige Verhältnis in Ordnung ist.
Weniger stabil als die Zahl der relativ reviertreuen Dauerlieger entwickelte sich die Zahl der Transitboote. Nach einem Hoch im Jahr 2007 mit 220.875 Booten ging sie sieben Jahre lang auf Talfahrt – sicherlich eine Folge der Finanzkrise 2008. Erst ab 2015 stieg sie moderat an auf knapp 205.000 Transitvorgänge 2019.
Und dann der Crash: 2020 hielt Corona die Welt in Atem, das Leben und damit der Tourismus standen weitgehend still. Schaut man auf die Entwicklung vor, während und nach der Pandemie und setzt sie ins Verhältnis mit den Einnahmen der Häfen aus Liegeplatzvermietungen, wird für das Jahr 2020 ein Desaster offenbar. Die Zahl der Transitboote brach im ersten Corona-Jahr gegenüber dem Vorjahr um 40,7 Prozent ein.
Da es schlimmer kaum werden konnte, war davon auszugehen, dass es mit abflauender Pandemie bereits 2021 wieder aufwärts gehen würde. Genauso kam es. Mehr noch: Überraschend stiegen die Zahlen für Transitgäste und Dauerlieger sogar über das Niveau des bisherigen Rekordjahrs 2019 vor Corona. Bei den Transitgästen gegenüber 2019 um 9,8 Prozent, bei den Dauerliegern um 9,6 Prozent! Das spiegelt sich auch in den Einnahmen aus Liegeplatzgebühren wider, die gegenüber 2019 um 9,7 Prozent zulegten.
Auffällig jedoch ist, dass sich trotz aller Schwankungen bei Dauer- und Transitgästen über einen Zeitraum von 20 Jahren die Einnahmen der Marinabetreiber stets nach oben bewegt haben. Dies ist mit beständig steigenden Liegegebühren zu erklären. Sie stiegen von 2002 bis 2023 von 216 Millionen Euro auf 1.148 Millionen Euro. Das ist eine Steigerung um 531 Prozent.
Die Folgen: Hohe Liegegebühren, nicht nur in Marinas, sind ganz sicher mitverantwortlich für den überraschenden Einbruch der Transitzahlen um 4,3 Prozent im Jahr 2023. Die Crews meiden die teuren Häfen und gehen lieber vor Anker. Der Anteil der extrem mobilen und deshalb für die Transitzahlen besonders wichtigen Charterboote schrumpfte deutlich: Charteragenturen und Direktanbieter sprechen für 2023 von einem Buchungsrückgang um fünf Prozent und erwarten für 2024 ein noch schlechteres Ergebnis.
Als Ursache des Einbruchs sehen kroatische Tourismusexperten auch die allgemeine Preisentwicklung nach Corona. In Kroatien stieg die Teuerungsrate von 2,72 Prozent in 2021 auf 10,67 Prozent in 2022. Vergangenes Jahr sank sie ein wenig, betrug aber immer noch 8,39 Prozent.
Preistreiber im nautischen Sektor waren vor allem die Tagesliegegebühren. Sie beliefen sich 2023 in Marinas für ein Zwölf-Meter-Boot im Schnitt auf 102 Euro. Das war ein Anstieg gegenüber 2022 von 24,4 Prozent. An einer Muringboje festzumachen kostete 2023 bis zu sieben Euro. 2020 waren maximal 3,50 Euro fällig. Auch die Tagesgebühr für den Kornati-Nationalpark stieg: um 11,8 Prozent auf 95 Euro.
Desgleichen hat die Gastronomie die Preise erhöht. Im Frühjahr wurden auf den Inseln Zut und Solta für eine Portion Miesmuscheln 18 Euro aufgerufen, für ein Rumpsteak 35 Euro. Das Glas Hauswein schlug mit acht Euro zu Buche, der halbe Liter Bier mit sieben Euro. Das lässt sich auch mit dem Wechsel von der Kuna zum Euro nicht mehr erklären.
Man darf mithin gespannt sein, wie viele Wassersportler künftig noch willens und in der Lage sind, den Preisanstieg in Kauf zu nehmen. Schon jetzt buchen viele Chartercrews nur noch eine statt zwei Wochen. Wer weiß, ob sie sich nicht bald nach alternativen Segelrevieren umschauen. Überraschend wäre es nicht.