Lars Bolle
· 03.07.2025
Der Containertransport verzeichnet für 2024 einen leichten Anstieg der über Bord gegangenen Container. Laut dem aktuellen Bericht des World Shipping Council (WSC), des größten Interessenverbandes der Reeder, gingen im vergangenen Jahr schätzungsweise 576 Container verloren. Dies entspricht einem Anstieg gegenüber den 221 verlorenen Containern im Jahr 2023. Dennoch liegt die Zahl deutlich unter dem Zehn-Jahres-Durchschnitt von 1.274 Containern pro Jahr. Bei einer Gesamtzahl von etwa 250 Millionen transportierten Containern im Jahr 2024 beträgt der Verlust lediglich 0,0002 Prozent.
Trotz des Anstiegs im Jahr 2024 betont der WSC, dass der langfristige Trend weiterhin positiv ist. Die Zahl der verlorenen Container schwankt zwar von Jahr zu Jahr erheblich, zeigt aber insgesamt eine deutliche Verbesserung im Vergleich zu früheren Jahren. Der gleitende Dreijahres-Durchschnitt für 2022-2024 liegt bei 489 Containern, was einen deutlichen Rückgang gegenüber dem vorherigen Berichtszeitraum 2021-2023 mit 1.061 Containern darstellt.
Einzelne Unglücke können diese Statistik jedoch deutlich nach oben treiben. So verlor ein Frachter 2020 im Pazifik 1.900 Container, die "MOL Comfort" büßte 2013 sogar 4.293 Container ein. Die "MSC Zoe" verlor 2019 in der südlichen Nordsee 342 ihrer 8.062 Container.
Als Hauptgrund für den Anstieg der Containerverluste nennt der WSC-Bericht die Umleitungen von Schiffen aufgrund der anhaltenden Spannungen im Roten Meer. Dies führte zu einem drastischen Anstieg der Schiffspassagen um das Kap der Guten Hoffnung. Die südafrikanische Behörde für maritime Sicherheit berichtet, dass allein in dieser Region rund 200 Container verloren gingen. Dies macht etwa 35 Prozent der Gesamtverluste des Jahres 2024 aus. Die Zahl der Schiffspassagen um das Kap stieg im Vergleich zum Vorjahr um 191 Prozent an.
Der World Shipping Council setzt sich laut des Berichtes weiterhin für mehr Transparenz und verbesserte Sicherheitsmaßnahmen in der Branche ein. Ab dem 1. Januar 2026 wird eine verpflichtende Meldung von Containerverlusten an die Internationale Seeschifffahrts-Organisation (IMO) eingeführt. Diese neue Regelung, für die sich der WSC lange eingesetzt habe, soll die Datenlage verbessern und zu gezielteren Sicherheitsmaßnahmen führen.
Darüber hinaus arbeitet die Branche an verschiedenen Initiativen zur Verbesserung der Containersicherheit. Das TopTier-Forschungsprojekt, an dem der WSC beteiligt ist, wird in diesem Jahr abgeschlossen und soll konkrete Empfehlungen zur Verhinderung von Containerverlusten liefern. Zudem entwickelt der WSC in Zusammenarbeit mit dem National Cargo Bureau ein neues Cargo Safety Program, das mithilfe künstlicher Intelligenz die Erkennung von falsch deklarierten Gefahrgütern verbessern soll.
Der WSC-Bericht betont, dass die Sicherheit von Containern eine geteilte Verantwortung entlang der gesamten Lieferkette ist. Von der korrekten Beladung und Deklaration durch Verlader bis hin zur sicheren Stauung auf dem Schiff sind alle Beteiligten gefordert, ihren Teil zur Sicherheit beizutragen. Der Bericht hebt hervor: "Jeder Container, der über Bord geht, ist einer zu viel, und die Reedereien arbeiten täglich mit den anderen Parteien in der Lieferkette zusammen, um die Sicherheit zu erhöhen."
Eine Studie der Versicherung HDI identifiziert weitere Faktoren: Die zunehmende Größe der Containerschiffe erhöht die Angriffsfläche für Seitenwind. Zudem sind diese Schiffe aufgrund ihrer Rumpfform besonders anfällig für starke Rollbewegungen. Vorschäden, Alter der Container, falsche Stauung und Sicherung der Ladung sowie inkorrekte Gewichtsangaben können ebenfalls zu Problemen führen.
Wie groß die Gefahr ist, mit einem dieser verloren gegangenen Container zu kollidieren, lässt sich kaum beziffern. Für großes Aufsehen in der Segelwelt sorgen zwar immer wieder Kollisionen mit sogenannten UFOs - Unidentified Floating Objects. Bei der Vendée Globe 2020 musste Top-Favorit Jérémie Beyou nach einem Zusammenstoß mit Treibgut umkehren. Auch Sam Davies und Sébastien Simon erlitten Kollisionen. 2016/17 traf es den in Führung liegenden Alex Thomson mitten auf dem Atlantik, während Thomas Ruyants Yacht im Pazifik nach einer Kollision fast auseinanderbrach. Kito de Pavant musste sogar abgeborgen werden, nachdem ein Zusammenstoß den Kiel seiner Yacht fast komplett abriss.
Diese dramatischen Vorfälle wecken Erinnerungen an die Anfangsszene des Films "All Is Lost", in der ein halb versunkener Container die Yacht des von Robert Redford gespielten Einhandseglers rammt. Doch wie realistisch ist dieses Szenario tatsächlich?
Meistens sinken die tonnenschweren Stahlkonstruktionen auf den Meeresboden. Die Geschwindigkeit hängt von verschiedenen Faktoren ab, ähnlich wie bei einem sinkenden Schiff. Dass Container knapp über oder unter der Wasseroberfläche treiben, sei "äußerst selten", sagt Holger Flindt vom Versicherungsmakler Pantaenius.
Zudem gibt es eine große statistische Unsicherheit. Denn viele Segler, die mit etwas kollidieren, wissen nicht genau, worum es sich bei dem Kollisionsgegenstand handelte. Wahrscheinlicher als eine Containerkollision sind Kollisionen mit anderem Treibgut wie Netzen, Baumstämmen, Flößen oder Europaletten - und nicht zuletzt auch Meeressäugern.