Bis auf die russische Exklave Kaliningrad und das Gebiet rund um Sankt Petersburg, sind alle Ostseeanrainer Mitglieder von EU- und NATO. Entsprechend dicht ist das Netz der kritischen Unterwasserstruktur, wie etwa Datenkabel und Rohrleitungen, das am Meeresgrund verläuft und die Küsten miteinander verbindet. Doch so wichtig diese Verbindungen sind, so empfindlich sind sie auch.
In den vergangenen Monaten häuften sich Ereignisse, bei denen diese Infrastruktur beschädigt wurde - etwa durch während der Fahrt mitschleifende Anker von Frachtschiffen. Da solche nicht-militärischen Aktionen ein klassisches Beispiel für hybride Kriegsführung sind - also abseits des Gefechtsfeldes stattfinden - sehen die Regierungen der betroffenen Länder die Verantwortung bei Russland und seiner sogenannte Schattenflotte.
Um den weitläufigen Seeraum zu überwachen, mögliche Täter abzuschrecken und die kritische Infrastruktur besser zu schützen, begann die NATO Mitte Januar mit der Operation Baltic Sentry. Dabei kommen verstärkt see- und luftgestützte Einheiten der multinationalen Task Force Baltic zum Einsatz, die von Rostock aus koordiniert wird. Die Deutsche Marine ist ebenfalls beteiligt. Verdächtige Fahrzeuge müssen demnach mit Boarding-Aktionen und Festnahmen nach internationalem Seerecht rechnen.
Zusätzlich unternimmt die NATO aber den bisher ungewöhnlichen Schritt, andere Seefahrzeuge - also auch zivile Yachten und Sportboote - ebenfalls um Mithilfe zu bitten. In einem offiziellen Aufruf, der inzwischen auch von Ländern wie Schweden über die nationalen Nachrichten für Seefahrer (notices to mariners) weiterverbreitet wurde, wird der Vorgang erklärt.
Gemeldet werden sollen demnach “verdächtiges Verhalten und verdächtige Ereignisse” wie Fahrzeuge, die in Fahrt ihren ausgebrachten Anker mitschleifen, bei denen ein Anker fehlt, oder die die Fahrtgeschwindigkeit auf ungewöhnliche Weise verringern oder häufige Kurswechsel vollziehen (besonders, wenn sich laut Seekarte Unterwasserstruktur in der Nähe befindet). Gleiches gilt für Tauchgänge in solchen sensiblen Bereichen.
Beobachtungen können telefonisch an das Nato Shipping Centre im englischen Northwood (Tel. +44 1923-956574) oder per Email an info@shipping.nato.int durchgegeben werden. Alle Meldungen werden bestätigt und resultieren in keinem Fall in Verzögerungen für den Meldenden.
Die Nachricht sollte die folgenden Informationen enthalten: Name und Flagge des eigenen Fahrzeugs, eine INMARSAT-Telefonnummer (bei Berufsschiffen), Position, Datum und Uhrzeit der Beobachtung und schließlich eine möglichst detaillierte Beschreibung. Zusätzliche Dokumentation des Vorgangs, etwa durch Radar-Screenshots, ECDIS-Bilder oder aufgezeichneten Funkverkehr ist ebenfalls hilfreich.