Quer durch Schweden Teil 1Trollhättekanal – Aller Anfang

Christian Tiedt

 · 13.11.2022

Über den Berg: Auf dem Weg zum Vänern nähert sich ein Trawler der oberen Schleuse von Trollhättan. Links ist die historische Schleusentreppe von 1844 zu sehen – mit deutlich kleinen Kammern
Foto: Christian Tiedt
Reise über den Trollhättekanal

Auf eigenem Kiel von Küste zu Küste: Über 400 Kilometer geht die Reise durch den Süden Schwedens. Ihre erste Etappe führt von Göteborg hinauf zum großen Vänern

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Der Göta-Kanal gehört zweifellos zu den letzten Abenteuern, die sich in unseren Breiten noch auf eigenem Kiel erleben lassen. Über rund 400 Kilometer windet er sich wie ein blaues Band durch den Süden Schwedens, durch die Wälder, Wiesen und Felder der uralten Kulturlandschaft Götaland. Dabei verbindet der historische Wasserweg nicht nur die beiden Küsten des skandinavischen Landes miteinander, sondern durchquert zudem zwei der größten Seen Europas, Vänern und Vättern.

Kein Wunder also, dass die gesamte Route als Göta-Kanal bekannt geworden ist. Dabei macht der Abschnitt, der diesen Namen eigentlich trägt, tatsächlich nur die östliche Hälfte der Gesamtstrecke aus, von Sjötorp am Vänern bis nach Mem, wo der Kanal den Slätbaken erreicht, der bereits Teil der Ostsee ist. Wer dagegen vom Kattegat kommt und die Reise in Göteborg beginnt, hat zunächst die westliche Hälfte vor sich: den Trollhätte-Kanal hinauf zum Vänern und dann den See selbst. Jeder der drei Abschnitte hat seinen eigenen Charakter und wäre für sich genommen schon eine Reise wert, gemeinsam machen sie das Abenteuer Göta-Kanal wirklich zum einmaligen Törnerlebnis.

In drei Teilen werden wir die einzelnen Revierabschnitte von Westen nach Osten genauer vorstellen. Den Anfang macht in diesem Artikel der Trollhätte-Kanal, der im Gegensatz zum eigentlichen Göta-Kanal als moderne Großschifffahrtsstraße ausgebaut ist und auch seegehenden Frachtschiffen bis zu einer bestimmten Größe die Passage zum Vänern ermöglicht. Drei Staustufen mit insgesamt sechs Schleusen müssen dafür überwunden werden.

Der Trollhättekanal | Karte: Christian Tiedt
Der Trollhättekanal | Karte: Christian Tiedt

1 Der Schärengarten

Der erste Landfall bei der Ansteuerung des Göta älv ist nicht das Festland, sondern der vorgelagerte Schärengarten, Göteborgs skärgård. Der Begriff Garten passt bestens, denn viele Großstädter haben auf einer der Inseln ihr Sommerhaus. Das Hauptfahrwasser teilt den Archipel in einen südlichen Teil mit zwanzig größeren Schären und einen etwa halb so großen nördlichen Teil, zu dem allerdings auch die drei beliebten Ausflugs- und Urlaubsinseln Björkö, Öckerö und Hönö gehören, die alle auch über eigene Gästehäfen verfügen.

2 Göteborg

Wie viele andere europäische Seestädte hat auch diese Millionenmetropole ihr zum Wasser gerichtetes Gesicht in den vergangenen zwei Jahrzehnten gehörig verändert. Nicht der Zeitgeist war dafür verantwortlich, sondern wirtschaftliche Notwendigkeit: Auf den Arealen, die früher zum Schiffbau und zur Lagerung von Stückgut genutzt wurden, wächst heute moderner Wohnraum in die Höhe. Wo Schauerleute Fracht umschlugen, ziehen Jogger ihre Bahnen. Wer von See kommend Göteborgs „Tor“, die 107 Meter hohe Älvsborgsbron, passiert und weiter flussaufwärts auf dem Göta älv in die Stadt steuert, für den ist diese Entwicklung auf dem Nordufer unübersehbar: Wie ein riesiges rotes Portal steht dort noch der Bockkran der Eriksberg-Werft. Mehr als dieses Industriedenkmal ist nicht geblieben von viel glorreicher Schiffbauvergangenheit. Büro- und Apartmenthäuser reihen sich nun entlang des ehemaligen Trockendocks. Gegenüber haben die großen Fähren nach Frederikshavn und Kiel ihre Liegeplätze. Hafenfähren kreuzen, Sportboote und Segelyachten sind unterwegs.

Bald kommen ebenfalls auf dem Südufer die Schiffe vom Maritiman in Sicht, dem Maritimen Museum (www.maritiman.se), in erster Reihe der Zerstörer „Småland“, der in den Fünfzigerjahren bei Eriksberg vom Stapel lief. Es folgt der modernistische Keilbau der Oper (www.en.opera.se) und unmittelbar dahinter, noch vor dem hohen Steven der Viermastbark „Viking“, dem größten je in Schweden gebauten Frachtsegler, die Einfahrt zum Hafen von Lilla Bommen. Hier finden Gäste an Schwimmstegen mit Auslegern oder Murings Plätze (www.goteborgsgasthamn.se). Die Lage könnte nicht besser sein: Das Einkaufszentrum Nordstan gleich nebenan (www.nordstan.se) lässt keine Wünsche bei der Versorgung offen, Restaurants finden sich entweder dort oder auch direkt am Hafen. Über die Östra Hamn­gatan sind der Gustavs Adolfs torg im Zentrum in zehn Minuten und der Kungsparken, Göteborgs grüne Lunge, zu Fuß in zwanzig Minuten zu erreichen. Für Bus und Bahn in Stadt und Umland ist Västtrafik zuständig (www.vasttrafik.se).

Göteborg ist immer einen Aufenthalt wert, Neulinge sollten mindestens zwei Tage einplanen. Der Mix aus mondäner Eleganz, lockerer skandinavischer Lebensart, Kultur und Szene garantiert große Erinnerungen!

3 Der Trollhättekanal

Unmittelbar oberhalb von Lilla Bommen mit Passage der Götaälvbron beginnt die Kilometrierung des Trollhätte-Kanals. Dass der Fluss für die Großschifffahrt in Form gebracht wurde, erkennt man nicht nur an den geraden Abschnitten auf den ersten Kilometern, sondern auch an den zu beiden Seiten und in regelmäßigen Abständen an langen Auslegern über das Wasser ragenden Radarreflektoren. Sie markieren das Fahrwasser für Schiffe, die bis zu 87 Metern lang sein und 4,70 Meter tief gehen dürfen. Das Vänermax-Maß orientiert sich an der nutzbaren Größe der Schleusenkammern auf den 82 Kilometern zwischen Göteborg und Vänersborg.

Während zu Beginn noch Industriegebiete und Einkaufszentren beiderseits auf den Ballungsraum der Großstadt hinweisen, wird das Umland jedoch bald grüner und hügeliger. Der Göta älv wirkt nun trotz befestigter Ufer und Seezeichen sehr natürlich. Kein Wunder: Im Verlauf der Wasserstraße mussten nur zehn Kilometer künstlich angelegt werden. Die Reise quer durch Schweden hat begonnen!

4 Kungälv

An der Einmündung des ebenfalls schiffbaren, jedoch seltener genutzten Nordre älv (siehe Karte), kommen rund 15 Kilometer nördlich von Göteborg an Backbord die Türme und Mauern einer wuchtigen Burg in Sicht: Jahrhundertelang war Bohus fästning von zentraler strategischer Bedeutung in den Machtspielen um Herrschaft und Einfluss, die Dänemark, Schweden und Norwegen führten (www.bohusfastning.com). Die eindrucksvolle Anlage lässt sich in wenigen Minuten vom auf der Festungsinsel liegenden Gästehafen der kleinen Stadt Kungälv erreichen (www.gasthamnsguide.se > Suche: Kungälv).

5 Lilla Edet

Nach rund 50 Kilometer Fahrt ist die erste der drei Staustufen auf dem Weg zum Vänern erreicht: Die Schleuse von Lilla Edet überwindet dabei eine Fallhöhe von sechs Metern, insgesamt beträgt der Höhenunterschied auf der Gesamtstrecke 44 Meter. Für Sportboote sind Wartestellen vorhanden, das Schleusenpersonal überwacht die Ankunft per Videokamera. Alle Schleusen (und beweglichen Brücken) sind zudem über UKW-Kanal 9 erreichbar. Weitere Informationen gibt es im Internet beim Sjöfartsverket: www.sjofartsverket.se > Suche: Trollhätte Kanal.

Im Oberwasser der Schleuse befindet sich auf dem östlichen Ufer der Gästehafen von Lilla Edet mit Schwimm- und Feststegen. Festgemacht wird längsseits oder mit Muring (www.lillaedet.se > Suche: gästhamn).

6 Die Schleusentreppe

Je weiter man nach Norden kommt, desto mehr wird das Flusstal zur Schlucht. An der gleichen Stelle, an der der Göta älv in alten Zeiten mit einem Wasserfall in die Tiefe stürzte, wurde er um 1800 mit der ersten Schleusentreppe gezähmt. Doch schon ein halbes Jahrhundert später musste sie durch größere, herausgesprengte Neubauten abgelöst werden. Beide Schleusentreppen existieren noch, gleich neben der heute genutzten von 1916.

Insgesamt sind es vier Kammern an dieser Stelle (drei verbundene, gefolgt von einer einzelnen) mit einer Fallhöhe von 32 Metern. Bei der letzten Kammer befindet sich auch das Büro, wo die Gebühr für die Passage bezahlt wird (Kartenzahlung). Derzeit liegt der Preis bei 1000 schwedischen Kronen pro Boot, also knapp 100 Euro. Die Durchreisenden machen im Anschluss im hübschen Gästehafen Åkerssjö oberhalb fest, ansonsten geht es direkt weiter. www.vastsverige.com > Suche: Marina Trollhättan

7 Trollhättan

Für einige Kilometer führt der Kanal nun direkt durch die Stadt Trollhättan, die gleich gegenüber der belebten Strandgatan und der kleinen Innenstadt über einen eigenen Gästehafen auf der Halbinsel Spikön vor dem Westufer verfügt (www.vastsverige.com > Suche: Marina Trollhättan).

8 Vänersborg

Bevor der Vänern erreicht wird, muss noch die letzte Schleuse in Brinkebergskulle passiert werden, dann erfolgt über den Karlsgraben die Einfahrt nach Vänersborg, Verwaltungszentrum der Region und wichtige Hafenstadt im Südwesten des Sees. Hier steht noch einmal das volle Versorgungsangebot zur Verfügung, bevor die Binnenfahrt erst einmal endet und es zurück auf offenes Wasser geht. Sowohl auf der Kanal- wie auf der Seeseite gibt es je einen Gästehafen (www.vastsverige.com > Suche: Marina Vänersborg).

Service

GEWÄSSERKARTEN NV. Atlas Binnen, Band 8: „Göta kanal & Trollhätte kanal, Passage Vättern und Vänern“. Abgedeckt ist die gesamte Strecke in Ost-West-Richtung von Mem bis nach Göteborg inklu­sive der großen Seen. Ausgabe: 2016, Maßstab: 1 : 35 000, Spiralbindung, Format: 21 x 42 cm; ISBN 978-3-667-11346-7. Preis: 38 €. www.nvcharts.com

SEEKARTEN DK-Sportbootkarten Satz 14: „Götakanal mit Vänern und Vättern. Göteborg bis Mem mit Göta Älv und Trollhätte Kanal“. Ausgabe: 2020, Format: 44 x 60 cm (A2), Einzelkarten, 3 Übersegler, 23 Revier- und Detailkarten, Revierführer mit Hafenplänen und Kanalkarten; ISBN 978-3-667-11915-5.Preis: 79,90 €. www.delius-klasing.de

Wetter- und Klimakarte | Karte: BOOTE
Wetter- und Klimakarte | Karte: BOOTE

Die TOP 3 im Revier

  1. Göteborg: Spaziergang mit Besuch des Palmhuset (Gewächshaus), der Fiskekyrkan (Fischmarkthalle) und einem der zahllosen Cafés im gemütlichen Szeneviertel Haga.
  2. Kungälv: Im Sommer finden auf der Festung Bohus viele Veranstaltungen und Konzerte statt. Ansonsten tut es aber auch ein Picknick mit Aussicht über den Göta älv.
  3. Trollhättan: Automobilfans lassen sich das Saab Car Museum nicht entgehen, das nahezu alle Modelle der ikonischen Marke zeigt (www.saabcarmuseum.se).

Entfernungen

Anfahrt (in Seemeilen):

  • Kiel-Holtenau–Göteborg: 225 sm
  • Lübeck-Travemünde–Göteborg: 245 sm
  • Rostock-Warnemünde–Göteborg: 225 sm

Trollhätte-Kanal (in Kilometer):

  • Göteborg–Kungälv: 19 km
  • Kungälv–Lilla Edet: 35 km
  • Lilla Edet–Trollhättan: 19 km
  • Trollhättan–Vänersborg: 15 km
  • Vänersborg–Sjötorp (Beginn Göta-Kanal): 115 km

Gesamtstrecke (Trollhätte-Kanal Göteborg–Vänersborg): 88 km

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