Wohin cruisen, wenn man nur eine Charterwoche gebucht hat? Realistisch sind es ja ohnehin nur sechs Tage auf See. Meilen fressen kommt für uns nicht in Frage, denn wir wollen ein einzigartiges Revier mit zauberhaften Buchten genauer kennenlernen.
Allerdings ist es gerade einmal Ende April, also die früheste Vorsaison für einen Chartertörn entlang der dalmatinischen Küste. Werden die Konobas und die Mini-Supermärkte auf den kleinen Inseln überhaupt schon offen sein? Bleiben die Preise moderater als im Sommer? Sicherheitshalber bunkern wir so viel, dass wir uns notfalls eine Woche lang selbst versorgen können.
Es weht ein leichter Wind aus Süd, am blauen Himmel haben sich faserige Wolken in Reihe gelegt. Für heute ist noch ruhiges Wetter angesagt. Doch in den folgenden Tagen soll der aus Südost wehende Jugo sich steigern und viel Wind mit dem entsprechenden Seegang bringen. Wir entscheiden uns, den achterlichen Wind zu nutzen und gleich unser entferntestes Ziel, die Insel Žut, anzulaufen.
Von unserem Ausgangshafen, der Marina Agana, bis zur ACI Marina Žut sind es ziemlich genau 50 Seemeilen. Wir lassen die Insel Žirje, die wir uns für den Rückweg aufheben, an Backbord liegen und erreichen im letzten Büchsenlicht die weiträumige Luka Žut.
Hier gibt es drei Möglichkeiten zum Anlegen. Die meisten Liegeplätze bietet die ACI Marina. Die ist nur im südlichen Teil belegt, was in Anbetracht des zu erwartenden Jugos Sinn ergibt. In der südwestlichen Ecke der Bucht befindet sich das Fischerhaus „Sandra“ mit zwei Dutzend Liegeplätzen. Und an der Südküste der Bucht schließt sich die Privatmarina des Restaurants „Fešta“ an. Ein Marinero lotst uns zu einem freien Liegeplatz und reicht zwei Murings.
Das „Fešta“ ist eine gute Adresse, denn es soll zu den besten Seafood-Restaurants des Mittelmeeres gehören. Als ich Besitzer Krešimir Mudronja vor 25 Jahren kennenlernte, besaß der damals junge Mann nicht mehr als ein altes Steinhaus mit einen verwilderten Olivenhain. Er hatte weder Strom noch Wasser und erst recht kein Kapital. Doch Krešimir hatte einen Plan: Er wollte ein Restaurant für Fisch aufbauen, das sich auch mit den Besten messen kann, dazu eine kleine Marina für seine Gäste. Heute beschäftigt er im Sommer 40 Mitarbeiter, erzeugt Strom aus Generatoren und Solaranlagen, produziert Süßwasser aus Entsalzungsanlagen und ist in internationalen Gourmet-Führern gelistet.
Welche Dimension an Erfindungsreichtum und Ausdauer dahintersteckt, wenn man einen gastronomischen Betrieb in solch einer entlegenen Ecke erfolgreich betreiben will, erklärt er mit einem Beispiel: Gestern erhielt er per Schiffsladung einen neuen Generator auf seine Mole gestellt. Das auf einer Palette angelieferte, mehr als zwei Tonnen schwere Gerät, so groß wie ein Minibus, soll etwa hundert Meter weit über eine schmale Schotterpiste einen Hang hinauf transportiert werden. Aber wie? Zunächst muss eine „Fahrbahn“ aus Bohlen gebaut werden, darauf werden Eisenrohre als Rollen platziert. Mit einem Traktor und einem Bagger wird der Generator dann millimeterweise bergauf gezogen ...
„Wir sind hier ganz allein auf uns gestellt und müssen alles können“, erzählt Krešimir. „Strom erzeugen, jede Art von Technik beherrschen. Wenn zum Beispiel eine von unseren über 30 Pumpen ausfällt, können wir keinen Techniker anrufen. Meine Leute arbeiten in der Saison bis zu 70 Stunden die Woche, und das sechs Monate isoliert auf einer Insel. Die muss man erst einmal finden.“
Dabei sollen sich die Gäste seiner Marina und seines Restaurants wohlfühlen und möglichst nichts davon mitbekommen, welche Mühe dahintersteckt. Das spiegelt sich auch in den Preisen, die auf der Homepage nicht gelistet sind - ob wegen saisonaler Schwankungen oder um niemand abzuschrecken, sei dahingestellt. Man sollte jedenfalls bereit sein, für ein drei- bis viergängiges Abendessen mit Weinbegleitung jenseits von 100 Euro loszuwerden. Dafür bietet das „Fešta“ in der Regel aber auch exquisite Küche und ausgefallene Kompositionen.
Unser Plan sieht vor, Žut einmal zu umrunden, denn die Insel bietet mehr als ein Dutzend Buchten – mit und ohne Konoba. Sie gehört zwar bereits zum Kornaten-Archipel, liegt jedoch nicht im Nationalpark selbst. Wer sich entscheidet, mit seinem Boot auf Žut zu bleiben und den weiter außen im Westen und Süden anschließenden Nationalpark auszulassen, spart daher sehr viel Geld.
Für ein 46-Fuß-Boot müssten wir jetzt in der Vorsaison innerhalb des Parks pro Tag stolze 95 Euro berappen. In der Vorsaison wohlgemerkt, also in den Monaten April oder Mai. Von Juni bis inklusive September wären es stattliche 190 Euro Nationalparkgebühr pro Tag. Darum bleiben wir zumindest diesmal auf Žut und tragen das Geld lieber in eine Konoba.
Wir beginnen die Umrundung im Norden und fahren im entgegengesetzten Uhrzeigersinn. Der Wind hat kurzzeitig auf Nord gedreht, und eine mäßige Bora ersetzt für ein paar Stunden den aus Süden wehenden Jugo. Solche Wechsel zwischen Jugo und Bora sind zu dieser Jahreszeit entlang der kroatischen Adriaküste keine Seltenheit, sollten bei der Wahl von Moorings oder Ankerplätzen also mit bedacht werden.
Ganz im Norden bieten die Buchten Bizikovica und Pinizel gute Ankermöglichkeiten. An den Ufern sieht man mehrere ehemalige Einsiedeleien, die inzwischen zu Ferienhäusern umgebaut wurden. Eine Konoba gibt es nicht. Obwohl es in den beiden auslaufenden Uferzonen geeignete Stellen gäbe, um das Eisen fallen zu lassen, fahren wir weiter, denn bei Bora sind sie viel zu offen.
Nach dem Runden der Nordspitze von Žut steuern wir den Fjord Uvala Bodovac an, ein wirklich schöner Platz, geschützt vor Bora mit genug Raum zum Schwojen auf Wassertiefen von weniger als zehn Metern. Alte Steinmauern zeugen von historischer Besiedlung. Heute ist man hier jedoch allein – und ohne Service.
Knapp drei Meilen weiter südlich passieren wir die Uvala Jagodna, einen ebenso schönen Fjord. Jedoch liegen die Wassertiefen selbst im Innern der Bucht noch bei 20 Metern. Hier könnte man allenfalls mit sehr viel Kette und Landfeste ankern. Das ist aufwändig, und man muss es mögen, so tief zu ankern. Ich bin kein Freund davon, denn ich habe in den Kornaten schon einmal eine Situation erlebt, bei der sich der Anker in zehn Meter Tiefe zwischen Steinen verkeilte. Auch in der Uvala Jagodna liegt man in wunderbarer Einsamkeit.
Ganz im Süden schließlich lädt noch die großräumige Uvala Muravnjak zum Ankern ein. Hier ist reichlich Platz, die Wassertiefen in Ufernähe liegen unter zehn Metern, und es gibt mehrere Fischerhäuser. Allerdings betreibt auch hier niemand eine Konoba.
Die Westküste von Žut ist nautisch sehr interessant und bietet schöne, wenig genutzte Buchten, die vor allem bei nördlichen Winden guten Schutz bieten. Das Wasser ist klar, die Ufer sauber. Gastronomie oder irgendwelchen Service darf man aber nicht erwarten.
Wir runden die Südspitze und passieren den Kanal Žutska Aba, der die gleichnamige kleine Insel von Žut trennt. Im Sommer ist auch diese flache Stelle ein beliebter Ankerplatz. Unser Ziel ist die größere Uvala Hiljaca, die aus den Unterbuchten Pristanišce, Dragišina und Sabuni besteht. In allen drei Orten finden sich Einsiedeleien mit Konoba.
Während unseres Besuchs Ende April sind die Anleger der beiden südlichen Buchten noch geschlossen. Damit muss man rechnen, wenn man so frühzeitig auf Törn geht. Üblicherweise öffnen die Lokale auf den Inseln erst Anfang Mai. Doch in der nördlichen Bucht Sabuni sieht es anders aus. Dort liegen bereits mehrere Segel- und Motorboote an Muringbojen.
Ein freundlicher junger Mann winkt uns an den Schwimmsteg und hält als Zeichen der Einladung eine Leine hoch. Wir machen römisch-katholisch fest und bekommen sogar Strom. Mit Handschlag begrüßt uns Luka Juraga, der heute zusammen mit seinem älteren Bruder Frane die Konoba „Žmara“ betreibt. Ihr Vater Edi, der den Betrieb aufgebaut hat, kümmert sich noch um die Beschaffung von Fisch und Zutaten.
„Wir erledigen gerade die handwerklichen Arbeiten vor dem Saisonstart. Aber bitte, ihr seid herzlich willkommen.“ Dabei deckt er bereits für uns einen Tisch mit Seeblick ein. Er entschuldigt sich, dass es noch keinen Frischfisch gibt, und bietet uns statt dessen Ribeye-Steaks an. Dazu serviert er frischen Salat und Kartoffeln vom Grill. Alles schmeckt lecker und kostet um diese Jahreszeit nicht viel mehr als in Deutschland.
Für die Gäste des Lokals gibt es zehn Muringbojen. Die kleine Bucht vor dem Lokal ist durch einen Schwimmsteg geteilt, an dem im nördlichen Bereich vier bis sechs Yachten mit Muringleinen anlegen können. Am südlichen Teil können dagegen zwei kleinere Boote längsseits gehen. Wenn der Generator läuft, ist am Steg von etwa 18 bis 24 Uhr Strom verfügbar.
Von der Uvala Hiljaca führt unser Kurs nun nach Nordwesten, vorbei an den unbewohnten Inselchen Gustac und Tovarnjak, um das Kap Strunac herum und bald darauf in die gleichnamige Bucht hinein. Hier gehen wir an die Mole der Konoba „Bain“. Sie gehört ebenfalls schon seit Jahrzehnten zu den bekannten Adressen im Archipel.
Der Wirt hat gerade zum Saisonstart geöffnet und fragt, ob wir frisch gefangenen Seehecht haben wollen. Da sagen wir natürlich nicht Nein! Der Fisch schmeckt bestens, und den spektakulären Sonnenuntergang auf der Terrasse gibt es gratis dazu.
Wir schließen unseren Kreis um die Kornateninsel und legen erneut in der Luka Žut an. Der Grund dafür ist das vorhergesagte Wetter: Am Abend und in der Nacht wird ein starker Jugo mit bis zu 7 Beaufort erwartet. Jugo generiert üblicherweise auch Seegang. An der Südküste der Bucht von Žut liegt man dabei aber sicher.
Wir machen diesmal am Steg des Fischerhauses „Sandra“ fest. Inhaber Damir Bozikov hat das Geschäft inzwischen seinem Sohn Grga übertragen, der ebenfalls professioneller Fischer ist. Die ganze Familie hilft mit im Restaurant. Wir freuen uns über den frischen Fang vom Grill, während draußen der Jugo für eine graue Lichtstimmung und viel Wind sorgt.
Nach der Umrundung von Žut haben wir noch ein weiteres Reiseziel: Morgens flaut der Wind so weit ab, dass wir uns in Richtung Südost nach Žirje aufmachen können. Etwa 13 Seemeilen trennen die beiden Inseln. Etwas Wehmut schwingt schon mit, denn unser Bug zeigt bereits in Richtung Charterbasis, und uns bleiben nur noch zwei Tage.
Wir laufen zunächst die gleichnamige Inselhauptstadt Žirje an, deren Hafen an der Nordküste in der trichterförmigen Bucht Muna liegt. Hier soll es Murings geben, doch weit und breit ist kein Hafenmeister zu sehen, also legen wir uns längsseits an die Pier. Obwohl der Ort im Sommer oft von Touristen überflutet ist, wirkt er jetzt, Anfang Mai, noch wie ausgestorben. Alle Cafés und Restaurants sind geschlossen, die Terrassen leer.
Zum Glück macht nachmittags ein kleiner Supermarkt mit bescheidenem Angebot auf. Wir kaufen das letzte Brot, dazu etwas Käse, Schinken und Wein. Da uns darüber hinaus aber nichts lockt, was einen längeren Aufenthalt rechtfertigen könnte, legen wir nach dem Einkauf schon wieder ab.
Weiter geht es im Süden um Žirje herum. Unser neues Tagesziel ist die beliebte Bucht Vela Stupica. 30 Muringbojen sind ausgelegt, und trotzdem ist es in der Hochsaison manchmal schwierig, einen freien Platz zu finden. Jetzt treffen wir lediglich auf eine weitere Yacht.
Wir haben also freie Wahl und setzen mit dem Dingi zur Konoba „Stupica“ über. Auch hier steckt die Betreiberfamilie noch voll in der Saisonvorbereitung: Es wird aufgeräumt, repariert und hübsch gemacht. Die Frau des Hauses entschuldigt sich, dass die Küche noch nicht betriebsbereit ist. Sie stellt uns aber eine Karaffe Wein auf den Tisch, serviert frisches Brot und dazu einen Teller mit Schinken, Käse und Oliven. Vom Lokal aus hat man einen Blick auf die Reste einer byzantinischen Festung sowie auf die wunderschöne, nahezu leere Bucht.
Das einfache, aber stimmungsvolle Essen bildet zugleich den schönen Abschluss unseres Dalmatien-Törns in der Vorsaison. Wer um diese Zeit chartert, sollte auf jeden Fall darauf eingestellt sein, dass viele Konobas oder Mini-Märkte auf den Inseln noch geschlossen sein können. Andererseits ist es überall wunderbar ruhig, und man muss selbst die schönsten Buchten nur mit wenigen anderen Yachten teilen – wenn man sie nicht sogar ganz für sich allein hat. Schon das ist in diesem beliebten Revier eine ganz eigene Erfahrung.
Und noch einen Vorteil hat der Vorsaison-Törn: Die Charterpreise liegen unter den teils absurd hohen Raten in der Hauptsaison. Zudem sind viele Stadthäfen und Bojenfelder noch nicht offiziell in Betrieb, was bedeutet, dass niemand kommt, um Liegegeld zu kassieren. Diesen Teil der Urlaubskasse kann man dann in den offenen Restaurants sehr viel lohnender ausgeben.
Kroatien zählt aber selbst dann zu den teuren Destinationen im Mittelmeer. Das belegt der jüngste Report von Andreas Fritsch.
Die Charterbasis in der Marina Agana liegt in dem Ort Marina, etwa 21 Kilometer vom Airport Split entfernt. Damit ist die Basis von allen großen deutschen Flughäfen leicht erreichbar. Für den Transfer muss man etwa 20 Minuten einplanen, organisiert wird er auf Wunsch vom Vercharterer.
Etwas länger dauert die Anreise mit dem eigenen Auto. Von München sind es etwa zehn Stunden bis zur Marina Agana, von Wien aus sollte man acht Stunden einplanen. Wer in Norddeutschland wohnt und trotzdem mit eigenem Auto an die Adria reisen möchte, hat während der Saison die Möglichkeit, mit einem Autoreisezug der ÖBB (Österreichische Bundesbahnen) von Hamburg bis Villach an der österreichisch-slowenischen Grenze zu fahren. Von Villach sind es dann noch sechs Stunden Autofahrt bis zur Charterbasis.
The Moorings zählt zu den größten Vercharterern weltweit und bietet Segelurlaub in über 20 Ländern an – von der Karibik über Südostasien bis zum Mittelmeer. In Kroatien unterhält Moorings je eine eigene Basis in der ACI Marina Dubrovnik sowie in der Marina Agana in dem Ort Marina. In Marina bietet Moorings neben einer großen Flotte von Segelyachten auch Motorkatamarane von 37 bis 53 Fuß an. Die Flotte ist jung und modern, die meisten Schiffe sind ein bis drei Jahre im Einsatz.
An der Küste von Norddalmatien und den vorgelagerten Inseln dominiert von Mai bis September ein ausgeglichen mildes und sonnenreiches Klima. Der Schönwetter-Wind Maestral weht von vormittags bis nachmittags aus Nordwest und legt sich abends schlafen. Zwischen 16 und 18 Uhr kann er mit bis zu 6 Beaufort seine größte Stärke erreichen. Die gefürchtete Bora (kalter Fallwind aus Nordost) bläst hier im Sommer relativ selten und nicht so stark wie im weiter nördlich gelegenen Kvarner. Mit instabilem Wetter muss man jedoch in der Vor- und Nachsaison rechnen. Starkwind und Seegang können auch der Jugo (aus Südost) oder ein Gewittersturm (aus westlichen Richtungen) verursachen. Ab Mai bis Oktober liegen die Tagestemperaturen zwischen 20 und 33 Grad.
Auf den Inseln in Norddalmatien findet man den Komfort einer Marina in Piškera und Žut (beides im Kornaten- Archipel) sowie in Veli Rat (im Norden von Dugi Otok). In beinahe jedem Dorf- oder Stadthafen gibt es inzwischen Muringplätze für Yachten, üblicherweise mit Strom, Wasser, W-Lan und sanitären Anlagen. In zahlreichen Buchten des gesamten Reviers gibt es entweder konzessionierte Bojenfelder oder private Bojen der Konoba-Besitzer. Daneben findet man immer noch reichlich Buchten, in denen man frei ankern kann.