RevierDer Genfer See – ein Paradies für Wassersportler

Jill Grigoleit

 · 18.08.2025

Über den Dächern von Genf: Von der Kathedrale Saint-Pierre hat man einen atemberaubenden Blick auf die Altstadt und den See.
Foto: Jill Grigoleit

Auf 372 Metern über dem Meeresspiegel, eingebettet zwischen einigen der höchsten Gipfel Europas und fernab jeglicher Küste, liegt mit dem Genfer See ein Paradies für Wassersportler. Was das Revier im Südwesten der Schweiz zu bieten hat.

​Tiefblau und majestätisch ruht der Genfer See am Fuß der Alpen. Idyllische Häfen, zahlreiche Schlösser und reizvolle Städte – und das alles eingefasst vom Panorama der Alpen: Der Genfer See ist Anziehungspunkt für Wassersportler, Naturliebhaber, aber auch Kultur- und Geschichtsinteressierte. Der Schweizer Bergsee im Grenzgebiet zu Frankreich lockt mit ausgezeichneter Wasserqualität und mildem Klima. Der Ursprung seines französischen Namens Lac Léman ist keltisch und bedeutet so viel wie „großes Wasser“.

Ein ziemliches Understatement. Der 72 Kilometer lange, halbmondförmige See ist der größte See der Alpen. Er gliedert sich in den Petit Lac mit Städten wie Nyon und Genf im Südwesten, den Haut Lac mit Montreux im Osten und den Grand Lac, wo der See mit 14 Kilometern am breitesten und mit bis zu 310 Metern am tiefsten ist. Mit 582 Quadratkilometern ist der Genfer See der größte See Westeuropas. Doch neben all diesen Superlativen ist er vor allem eins: ein landschaftlich unschlagbares Erholungsgebiet. Die Uferhänge sind gesäumt von Weinbergen und mediterran anmutenden Sandstränden und im Hintergrund erhebt sich das fantastische Bergpanorama mit dem schneebedeckten Gipfel des Mont-Blanc.

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Die elegante, mit Palmen bestückte Schweizer Riviera an der Nordseite des Sees dehnt sich von Lausanne bis nach Montreux. Weltbekannt ist die Stadt Évian auf französischer Seite mit dem Casino, der Seilbahn und der berühmten Mineralwasser-Quelle. Nicht weit davon entfernt ist die Thermalstadt Thonon-les-Bains sehenswert. Ursprünglich ein traditionelles Fischerdorf, beherbergt es auch heute noch eine kleine Flotte von Berufsfischern und verfügt über einen der größten Yachthäfen auf der französischen Seite des Sees mit 800 Liegeplätzen, da­runter 58 Gastliegeplätze.

Der Hafen Port de Rives in Thonon-­les-Bains ist im Übrigen der erste am Genfer See, der sich im Mai 2025 dem Aqua-superPower-Netzwerk angeschlossen hat. Die 75-kW-Schnellladestation verfügt über zwei CCS2-Anschlüsse, mit denen zwei Elektroboote in 20 bis 40 Minuten aufgeladen werden können. Insgesamt gibt es rund um den See mehr als 70 Häfen.

​Die „Hauptstadt des Friedens“

Ein wunderbarer Ausgangspunkt, um den See vom Wasser aus zu erkunden, ist Genf. Die Stadt, die dem Lac Léman zumindest im Deutschen ihren Namen verliehen hat, liegt am südwestlichen Zipfel des Sees und der Schweiz. Kulturell und geografisch befindet sich die Rhone­stadt näher an Frankreich als an der Schweiz, doch so oder so hat man in Genf das Gefühl, dass sich die Bewohner als „Weltbürger“ verstehen und Nationalität eher eine untergeordnete Rolle spielt.

Die „Hauptstadt des Friedens“ steht für ihre Weltoffenheit und ist ein internationales Zentrum der Diplomatie. Sie beherbergt über 100 internationale Organisationen. Unter anderem den europäischen Sitz der Vereinten Nationen (UNO), die Weltgesundheitsorganisation WHO und die Europäische Organisation für Kernforschung CERN. Bis in die 1940er-Jahre war das Palais des Nations Sitz des Völkerbundes, seit 1966 beherbergt es die europäische UNO. Einige Bereiche des Völkerbundpalastes sind öffentlich zugänglich, beispielsweise der Saal der Menschenrechte und der Allianz der Zivilisationen, in dem es eine imposante Deckengestaltung zu bewundern gibt, welche vom spanischen Künstler Miquel Barceló kreiert wurde. Vor dem UN-Gebäude auf dem Place des Nations steht das weltberühmte Holzdenkmal „Broken Chair“ des Schweizer Künstlers Daniel Berset – ein zwölf Meter hoher dreibeiniger Stuhl, der den Kampf gegen Personenminen symbolisiert.


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An jeder Ecke verströmt Genf die Atmosphäre einer kosmopolitischen und – trotz der reichen Geschichte – jungen und modernen Stadt. In den Gassen und Cafés der historischen Altstadt hört man alle Sprachen der Welt. Der Ausländeranteil der Genfer Bevölkerung liegt bei über 50 Prozent. Die Altstadt von Genf – übrigens die größte der Schweiz – liegt erhöht am Südufer der Rhône. Den besten Überblick über die Stadt, den See und die umliegenden Berge verschafft man sich von der alles überragenden Kathedrale Saint-Pierre. Wer die 157 Stufen bis zur Spitze des Nordturms erklimmt, wird mit einem spektakulären Panoramablick auf La Rade, die Bucht von Genf, belohnt.

Besucher kommen auf ihre Kosten

Die zweitgrößte Stadt der Schweiz steht auch für ihren Wohlstand und zählt weltweit zu den zehn Städten mit der höchsten Lebensqualität, aber auch den höchsten Lebenshaltungskosten. Im Zentrum dreht sich alles um Genuss und Luxus. Die kopfsteingepflasterten Straßen und Gassen Genfs sind gesäumt von prachtvollen Luxuskaufhäusern und kostspieligen Restaurants. Gemütliche kleine und bezahlbare Cafés gibt es auf dem Place du Bourg-de-Four, dem ältesten Platz Genfs, der schon zu Römerzeiten als Marktplatz diente. Er ist das Herzstück der Altstadt und beliebter Treffpunkt der Genfer. Ein idealer Ort für eine Weinverkostung oder einen Besuch in einem der Antiquitätenläden oder Galerien, bevor es weiter in Richtung Luxuszentrum der Stadt geht. Die Rue du Rhône ist eine der teuersten Einkaufsstraßen der Welt mit teurem Schmuck und Uhren in den Schaufenstern. Genf gilt als die Wiege der Uhrmacherkunst. Gewürdigt wird diese alte Tradition mit der berühmten Blumenuhr im Englischen Garten, bestehend aus 6.500 Blumen.

Doch auch mit nicht so prall gefülltem Geldbeutel kommt man in Genf auf seine Kosten. Mehrere ufernahe Parks und Badestellen stehen kostenfrei zur Verfügung und im Sommer gibt es ein großes Angebot an Open-Air-Veranstaltungen und Live-Musik rund um den See. Genf ist um das Wasser herumgebaut. Kein Wunder, dass sich ein Großteil des Lebens am und auf dem Wasser abspielt. Eines der meistgenutzten öffentlichen Verkehrsmittel sind die Mouettes, die gelben Fähren, die zwischen dem Nord- und Südufer pendeln. Immer mal wieder gab es Diskussionen und Abstimmungen zu einer Brückenüberquerung. Doch viele Genfer sind der Meinung, dass ein solches Bauwerk den freien Blick auf den See zerstören würde. Dieser ist geprägt von dem Jet d’Eau, einem weithin sichtbaren, 140 Meter hohen Springbrunnen. Mit 200 Stundenkilometern schießt die berühmte Wasserfontäne 500 Liter Wasser pro Sekunde in die Luft. Ein atemberaubender Anblick. Was die wenigsten wissen: Das Wahrzeichen der Stadt war ursprünglich gar nicht als Springbrunnen gedacht.

Die Wassersport-Highlights

1886 sah sich das Wasserwerk, das die Genfer Handwerker und Uhrmacher mit Wasserkraft aus der Rhône versorgte, gezwungen, ein Ventil unter freiem Himmel zu schaffen, da das Wasser unter Überdruck stand, wenn die Maschinen nachts stillstanden. Nur einige Meter von dem imposanten Wasserstrahl entfernt zieht das Bains des Pâquis ­Sonnenanbeter und Erholungssuchende an. Hier kann man baden, Tretboote und Stand-up-Paddelboards ausleihen oder einen Sundowner in einer Beachbar genießen.

Ein weiteres Wassersport-Highlight der Stadt ist die Rhône, die bei der Brücke Pont du Mont-Blanc aus dem See abfließt. Über zehn Jahre braucht das Wasser durchschnittlich, um den See zu durchqueren. Wenn wegen starker Regenfälle die Schleusen geöffnet sind, ist die Strömung beim Abfluss teilweise sehr stark. Im Jahresmittel beträgt der Ablauf etwa 270 Kubikmeter pro Sekunde. An der Pointe de la Jonction trifft das klare blaugrüne Wasser der Rhône auf das trübbraune Wasser der Arve. Ein spektakuläres Naturschauspiel, das man am besten von der Brücke über dem Zusammenfluss beobachten kann. Auf der Landzunge darunter befindet sich neben der Anlegestelle für Kajakfahrer und Raftingtouren ein Kulturzentrum mit Bar und Liegestühlen. Außerdem kann man hier eine Schweizer Tradition beobachten: das Flussschwimmen. Wie in Zürich, Bern, Basel und Thun lassen sich die Genfer über lange Strecken von der Strömung tragen. In Badehose spazieren sie am Ufer flussaufwärts, um von einer Brücke oder über eine Einstiegsleiter ins kühle Nass zu springen. Oder sie lassen sich auf Gummitieren den Fluss runtertreiben – die trockenen Kleider für den Heimweg im wasserdichten Beutel dabei.

Ob Tretbootfahren, Raften, Wasserski oder Motorbootfahren – Genf ist wie geschaffen für jegliche Art von Wassersport. Entsprechend viele Bootsverleih-Anbieter buhlen um die Aufmerksamkeit der Touristen. Günstig ist es trotz des großen Angebots dennoch nicht. Grundsätzlich kann man auch mit dem eigenen Boot anreisen. Allerdings ist dies relativ aufwendig und natürlich auch nicht umsonst.

Boot fahren in Genf

Die Bewilligungen zum temporären Befahren eines Gewässers in der Schweiz – und ein Schweizer Kennzeichen – erhält man in der Regel beim Schifffahrtsamt des jeweiligen Kantons. In Genf kostet die Registrierung 95 Schweizer Franken, umgerechnet knapp über 100 Euro, und ist vom Ausstellungsdatum bis zum Ende des Folgemonats gültig. Aber: Für die Registrierung müssen einige Nachweise vorgelegt werden, wie eine EG-Konformitätserklärung und eine Versicherungspolice mit entsprechender Deckung.

Außerdem kommen weitere Kosten für eine technische Inspektion und Geräuschmessung sowie für das Kurzzeitkennzeichen und Steuern hinzu, die sich nach der Motorleistung des Motorboots oder der Länge des Segelboots richten. Da die Tagespreise für Motorboote je nach Größe und Modell aber zwischen 200 und 1.000 Euro variieren, kann sich der Aufwand lohnen, wenn man einen längeren Aufenthalt plant. Und das sollte man in jedem Fall, um diesem facettenreichen Revier gerecht zu werden.


Revier-Infos

Wetter

Der See ist der Unberechenbarkeit der Berge ausgesetzt. Wind und Wetter können schnell umschlagen. Die orangen Warnlichter sind unbedingt zu berücksichtigen. Die Meteo­Swiss-App ermöglicht es, Wind, Temperaturen und Wetter im Blick zu behalten. Typischerweise herrschen die Winde Bise und Föhn. Die Bise ist ein kalter, trockener Nordostwind, der besonders stark durch die Kanalisierung zwischen Jura und Alpen am See auftritt. Der Föhn ist ein warmer Fallwind, der auf der Lee-Seite der Alpen entsteht, wenn feuchte Luftmassen aufsteigen und abkühlen. Der Vaudaire ist ein kräftiger bis stürmischer Wind, der gelegentlich aus südlicher Richtung aus den Alpen durch das Rhonetal und das Chablais über das Seebecken fließt und teils erhebliche Schäden anrichtet.

Navigation

Gefahren auf dem Genfer See sind durch Spieren gekennzeichnet. Sie tragen ein schwarzes, kegelförmiges, mit der Spitze nach oben gerichtetes Toppzeichen, wenn sie land- seitig der Gefahr aufgestellt sind. Wenn sie seeseitig aufgestellt sind, tragen sie ein rotes, zylindrisches, nach oben gerichtetes Toppzeichen.

Häfen

In den Häfen gibt es Muring-Bojen. Besucherplätze sind für bis zu drei aufeinanderfolgende Nächte pro Monat und Hafen kostenlos und in der Regel durch eine orangefarbene Boje und ein Schild am Pier gekennzeichnet. Eine Reservierung ist nicht möglich.

  • Port des Eaux-Vives: der größte Hafen Genfs nahe dem Stadtzentrum mit über 1.000 Liegeplätzen, direkt neben der Wasserfontäne Jet d’Eau. Es gibt sieben Gastliegeplätze. Perfekt für einen Stadtbummel, aber auch stark frequentiert von Badegästen und nachts von Partygängern.
  • Port Noir: östlich der Innenstadt, am Südufer. Der Port Noir ist der Sitz der Société Nautique de Genève. Von mehreren Molen geschütztes, großes Hafenbecken mit über 600 Liegeplätzen.
  • Port-Choiseul à Versoix: Heimatort von Justine Mettraux am Nordufer. Etwas weiter außerhalb und ruhiger. Urlaubsfeeling garantiert. 474 Liegeplätze und 16 Besucherliegeplätze.
  • Port du Creux-de-Genthod: beliebte Ankerbucht mit unschlagbarem Ausblick auf den Mont-Blanc und gehobenem Restaurant, etwa acht Kilometer außerhalb der Stadt am Nordufer. Zwei Gästebojen vom Restaurant am Steg. Und orange Muringbojen in der Bucht.

Literatur

  • „Carte marine du Lac Léman“, Jean de Bosset/Bosco CH, EAN: 9995000016827, 36,90 Euro
  • „Guide des ports du Lac Léman“, Bosco Yachting, EAN: 9782839941990, 34,90 Euro, z. B. auf freytagberndt.com

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