Unbekannt
· 21.12.2019
Um Saale und Unstrut ist es ruhig geworden. Ein Zustandsbericht aus dem Revier und über den Zustand der beiden Wasserstraßen in Mitteldeutschland
Es ist heiß und menschenleer, nur ein paar springende Fische im kabbeligen Wasser der Saalemündung bei Elbkilometer 291, etwa auf halbem Weg zwischen Magdeburg und Dessau. Die Sonne hat ihren höchsten Punkt erreicht, und am gegenüberliegenden Elbufer sind weite Sandstrände auszumachen. Ein alter Fußball treibt langsam vorbei und die Einsamkeit ist endlos. Der scheinbar nicht endende Sommer von 2018 brachte eine schwierige Saison für die Sportbootfahrer auf dem Saale-Unstrut-Revier mit sich.
Die Anfahrt über die Elbe war nämlich aufgrund der anhaltenden Dürreperiode, der daraus resultierenden niedrigen Pegelstände und stark eingeschränkten Schiffbarkeit nicht mehr möglich.
Und auch die Saale selbst – von ihrer Einmündung bis zur ersten Schleuse in Calbe zwanzig Kilometer flussaufwärts – führte zu wenig Wasser. Im weiteren Verlauf der Wasserstraße bis zur Rischmühlenschleuse bei Saale-Kilometer 115,2 bestand dieses Problem trotz aller Trockenheit zwar nicht, dennoch war die durchgängige Schifffahrt in diesem Bereich nur bis Mitte Juli möglich: Ein nistender Rotmilan hatte die dringend nötige Sanierung der Schleusenbrücke Alsleben (km 50,3) verzögert.
Der Artenschutz ging vor – und der Verkehr auf dem Wasser hatte das Nachsehen: Die Saale musste komplett gesperrt werden.
Die gute Nachricht: Zum Beginn der kommenden Saison 2019 sollen alle Arbeiten abgeschlossen sein. Mit ein bisschen Glück (und höheren Pegelständen) können Saale und Unstrut also wieder auf eigenem Kiel vom Rest der Republik aus angesteuert werden. Was gut wäre, denn rund um das durchaus reizvolle Revier ist es in den vergangenen Jahren ruhiger geworden.
Dabei wurde nicht nur die drohende Herabstufung des Flusses zur "Nebenwasserstraße" abgewendet. Laufende Investitionen zur Schiffbarhaltung sind ebenfalls ein positives Zeichen. Und entlang ihrer Ufer haben Saale und Unstrut für Tourenskipper ohnehin viel Reizvolles zu bieten. Wir haben uns umgesehen.
Eingebettet von Weinbergen ist Freyburg an der Unstrut (kurz oberhalb der Einmündung in die Saale) ein attraktives Ausflugsziel und neben reizvollen saisonalen Straußwirtschaften der Winzer ist auch die weit bekannte Rotkäppchen-Sektkellerei hier ansässig, deren reich verziertes Cuvée-Fass nicht nur das größte Deutschlands, sondern auch ein echter Blickfang ist. 1896 wurde es aus dem Holz von 25 Eichen zusammengezimmert und mit kunstvollen Schnitzereien verziert. Es fasst 120 000 Liter. Eine Führung durch die tief in den Fels getriebenen Gewölbe mit den hölzernen Rüttelpulten und mit anschließender Verkostung lohnt sich. www.rotkaeppchen.de
Schon die imposanten Hubtore der Schleuse Bernburg aus genietetem Stahl bei Km 36,10 der Saale sind eine Attraktion für sich. Zusammen mit den historischen Gemäuern des benachbarten Wasserkraftwerkes Saalemühle geben sie ein eindrucksvolles Industriedenkmal.
Hauptattraktion der Stadt ist jedoch, am linken Ufer auf hohem Sandsteinfelsen ruhend, das prächtige Renaissanceschloss, in dessen nach ihm benannten Rundturm Till Eulenspiegel seinen Schabernack getrieben haben soll. Die fragwürdige Tradition der Bärenhaltung im schlosseigenen Zwinger hat sich mit dem Tod des letzten lebenden Wappentieres zumindest vorläufig erledigt.
In der herausgeputzten Innenstadt von Bernburg gibt es einige gastronomische Angebote, doch wer 500 Meter oberhalb vom Schloss beim MBSV Wasserwandern festmacht, kann sich der italienischen Küche des "Bella Roma" direkt am Steg erfreuen. Dazu gibt es neben Strom, Wasser und Fäkalienentsorgung auch einen Kran sowie eine Slipanlage, wodurch Bernburg – auch bei eventuell niedrigen Pegelständen flussabwärts – als guter und sicherer Startpunkt für eine Saale-Erkundung flussaufwärts zu empfehlen ist. Hafenmeister: Tel. 0170-470 80 55. www.wasserwandern-bernburg.de
Wettin Nach knapp 35 Kilometern an Feldern und drei weiteren Schleusen vorbei erhebt sich die Stammburg des Wettiner Fürstengeschlechts am linken Ufer. Kaum vorstellbar, dass aus diesem Adelshaus nicht nur Fürsten und Herzöge in deutschen Landen gestellt wurden, sondern auch aktuelle Monarchen aus dem europäischen Hochadel – wie etwa Königin Elisabeth II. von Großbritannien – wettinischer Abstammung sind.
Der Weg zum hiesigen Bismarckturm, von dem sich eine schöne Aussicht über das Saaletal ergibt, ist etwas beschwerlich und der Turm nur am Wochenende von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Die gemütliche "Jagdhütte" zu Füßen des Turms bietet dafür deftige und leckere Spezialitäten aus der Region. Wer sich traut, der trinkt dazu einen "Vogelschiss". www.jagdhuette-wettin.de
Der Anleger vom Bootsservice Wettin befindet sich nach Passieren des Schleusenkanals gleich auf der linken Seite. Tel. 0174-133 63 30
Die nächste Möglichkeit zum Festmachen ergibt sich schon acht Flusskilometer weiter im Yachthafen Salzmünde, wo es Strom, Wasser, eine Slip-Anlage und Service gibt. Das Gasthaus liegt gleich um die Ecke während ein Einkaufszentrum 500 Meter und die nächste Straßentankstelle 700 Meter entfernt zu finden sind. Tel. 0177-247 92 86. www.yachthafen-saale.de
Bei Km 82 LU, direkt vor der kreuzenden Autofähre, liegt der Sportbootanleger Brachwitz, der sich gut als Ausgangspunkt für eine kleine Wanderung längs der Brachwitzer Alpen eignet.
Der Stadthafen Halle – bei Km 92,8 LU Abzweig in die Elisabeth-Saale – bietet eine geschlossene Anlage mit vier Gastliegeplätzen inklusive Dusche, Strom und Wasser. Mit der fußläufigen Straßenbahn ist der zentrale Marktplatz, über den die vier Türme der gotischen Marktkirche "Unser Lieben Frauen" wachen, schnell erreicht.
Nach Begutachtung der originalen Totenmaske Martin Luthers können hier die 220 Stufen der Hausmannstürme erklommen werden, von deren Verbindungsbrücke ein herrlicher Ausblick auf die Stadt wartet. Der berühmteste Sohn der Stadt ist sicherlich der Komponist Georg Friedrich Händel, dessen Geburtshaus heute ein sehenswertes Museum ist (www.haendlehaus.de).
Für Freunde der neueren Musikgeschichte ist dagegen das Beatles-Museum ein Muss, welches liebevoll mit unendlich vielen Sammlerstücken, Fotos und käuflichen Tonträgern bestückt ist (www.beatlesmuseum.net). Sehr sehenswert ist auch das Landesmuseum für Vorgeschichte, deren reiche archäologische Sammlungen einzigartig inszeniert werden. Glanzpunkt des Museums ist die weltberühmte Himmelsscheibe von Nebra, deren 3600 Jahre alte Darstellung astronomischer Phänomene nicht nur als die älteste der Menschheit gilt, sondern nebenbei auch wunderschön anzuschauen ist (www.lda-lsa.de).
Gesättigt vom reichen Kulturangebot der Stadt finden Besucher und Hallenser Erholung auf der Peißnitzinsel. Hier gibt es neben DDR-Softeis und aktiver Schmalspurbahn auch Biergärten und Freizeitangebote, eingebettet von Saale und grüner Natur. Der gastronomische Tipp für den Abend: Die Bergschenke auf der Saaleterrasse, im Norden der Stadt, von der es einen traumhaften Ausblick auf die Burg Giebichenstein und der gleichnamigen Brücke gibt.
Bei Km 113,8 LU findet sich zu Füßen von Dom St. Johannes und St. Laurentius sowie des Schlosses der Fahrgastanleger von Merseburg, einst Pfalz- und Bischofsstadt. Sportboote können flussaufwärts bei Km 116,6 LU beim Motorsportclub MC "Saale" festmachen. Slipanlage und Kran sind vorhanden. Parken mit Trailer nach Absprache möglich. Tel.: 0163-373 80 45. Die drei Kilometer zum wirklich sehenswerten Dom in idyllischer Umgebung legt man am besten mit dem Bordfahrrad zurück.
Weiterhin schlecht ist der Zustand der Saale leider ab Km 124,16, wo die Zuständigkeit von Bundes- auf Landesebene übergeht. Unmarkierte Gefahrenstellen wie Sandbänke, Grundschwellen oder Felsen machen die Weiterfahrt ohne genaue Ortskenntnis zu einem Risiko für die Schiffsschraube – und das Nervenkostüm.
Der kürzlich zum UNESCO-Weltkulturerbe gekürte Naumburger Dom St. Peter und Paul sollte auf keiner Ausflugsliste fehlen, auch wenn die Stadt nicht mit dem Boot angelaufen werden kann. Die zwölf steinernen Stifterfiguren aus dem 13. Jahrhundert, unter ihnen die Uta von Naumburg, gelten einige der bedeutendsten plastischen Bildwerke der deutschen Gotik. Sollten Sie es doch mit dem Boot, eventuell von der Unstrut kommend in die Domstadt geschafft haben, dann findet sich ein öffentlicher Anleger bei km 158,01 RU. Zwar gibt es keinen Service, dafür aber eine Slipmöglichkeit und einen netten Biergarten. Die Strecke zum Dom beträgt von hier 2,2 Kilometer, zu Fuß oder mit dem Bordrad.
Auch auf der Unstrut ist es ruhig geworden. Die Fahrgastschiffe "Reblaus" und "Unstrutnixe" haben keine Zulassung mehr und liegen verlassen am Blütengrund. Von der Mündung bis zur ersten Schleuse in Freyburg bei Km 5,2 ist auch die Unstrut bei niedrigen Pegelständen für Sportboote kaum befahrbar.
Dank der folgenden Staustufen ist der Saale-Nebenfluss bis Tröbsdorf bei Km 20,6 zwar wieder für kleinere, nicht tiefgehende Motorboote gefahrlos nutzbar, wobei man jedoch ehrlich sagen muss, dass die zweifellos wunderschöne Unstrut mit ihren Weinhängen und natürlichem Flussverlauf aufgrund der sehr stark eingeschränkten Schiffbarkeit leider inzwischen mehr ein Paradies für Paddler als ein Revier für Motorbootfahrer ist.
Downloads:
Download