Andreas Fritsch
· 21.09.2024
Zum Nationalpark der Maddalenas gehören praktisch alle größeren und kleineren Inseln an der beliebten Nordostspitze Sardiniens: La Maddalena, Caprerea, Santo Stefano, Spargi, Budelli, Razzoli, St. Maria und einige mehr. Crews dürfen nun nur noch tagsüber die Buchten anlaufen und dort ankern. In der Zeit von 21 Uhr am Abend bis morgens 8 Uhr müssen sie den Anker lichten und einen Hafen oder eine nicht zum Nationalpark gehörige Bucht anlaufen. Dies wurde in einer neuen Direktive im August veröffentlicht.
Alternativ können Boote an den ausliegenden, kostenpflichtigen Bojen des Nationalparks festmachen und auch übernachten. Davon gibt es zwar in vielen Buchten eine ganze Reihe, doch die Anzahl reicht in den Sommermonaten keinesfalls für den Andrang aus, die Buchten waren daher stets zusätzlich gut gefüllt mit ankernden Yachten. Der Redaktion liegen Berichte von einer deutschen Crew vor, die auf die Regelung bei einem Törn Ende August vom Basispersonal aufmerksam gemacht wurde. Sie war enttäuscht, hatte sich sehr auf die Buchten als eins der Highlights des Reviers gefreut. Da die Crew aber keine Lust hatte zu riskieren, keine Boje zu ergattern und dann am Nachmittag womöglich in der Flaute ein, zwei Stunden zum Festland motoren zu müssen, verzichteten sie komplett auf den Besuch des Archipels.
Eine Rückfrage bei Charterfirmen vor Ort ergab, dass sie zeitgleich mit der Direktive von der Nationalpark-Verwaltung auf die neue Regelung hingewiesen wurden und auch gleich das drakonische Strafmaß mitgeteilt wurde, das bei Kontrollen verhängt würde, wenn Crews in der Sperrzeit vor Anker angetroffen würden: ab 596 Euro aufwärts! Tatsächlich berichtet eine Charterfirma, dass einer ihrer Kunden bereits die Strafe zahlen musste, und das, obwohl er belegen konnte, dass er gar nicht übernachtet, sondern lediglich morgens früh am sardischen Festland abgelegt und dann nach 6 Uhr in einer Bucht geankert hatte. Die Behörden machen also Ernst, die Nationalpark-Ranger kontrollieren mit ihren RIB’s die Buchten und machen keine Ausnahmen.
Noch schlimmer für die Charterfirmen ist, dass ihnen zugleich noch eine weitere Strafmaßnahme angedroht wurde: Sollte ein Boot einer Flotte in einem Kalender-Jahr zweimal bei dem Vergehen erwischt werden, wird das Boot für ein Jahr der Zugang zum Nationalpark-Gebiet verboten. Für die Flottenbetreiber ein absoluter Gau, müssten sie den nächsten Kunden, die sich ja nichts zuschulden haben kommen lassen, darüber informieren, dass sie die Inseln nicht anlaufen können, nicht einmal mehr zum Ankern tagsüber.
Entsprechend sorgen sich die Charterfirmen. Man hört, sie hoffen, die Verwaltung würde wieder zu der “alten” Regelung zurückkehren, die allerdings auch ungewöhnlich war: Angeblich gab es das Verbot schon seit 2007, allerdings wurden wohl aber nur die streng geschützten A-Zonen begrenzt und es wurde nie umgesetzt oder gar sanktioniert. Die Behörden begründen die jetzt so drastische Wende mit dem Schutz des Seegrases Posidonia im Nationalpark. Es ist seit Jahren bekannt, dass die Anker der Yachten die Wiesen stark schädigen und es ist deshalb schon seit langem verboten, über diesen zu ankern. Eigentlich gilt das sogar EU-weit. Crews wurden daher stets dazu aufgefordert, nur über Sandgrund ohne Seegras zu ankern. Das wurde in der Vergangenheit auch stichprobenartig kontrolliert, Nationalpark-Ranger fahren regelmäßig Streife im Revier.
Ähnliche Regelungen hat auch die Nachbarinsel Korsika und auch dort kontrollieren Ranger. Dass das Ankern tagsüber das Seegras weniger gefährdet als nachts, ist dabei natürlich eine etwas erstaunliche Erkenntnis. Sinnvoller wäre es vermutlich, die Zahl der Nationalpark-Bojen deutlich zu erhöhen, wie es andere Reviere in der Welt (z.B. die BVI’s) auch tun. Sind diese sorgfältig verankert, gedeiht das Leben unten am Grund nach einigen Jahren wieder, wie Taucher einhellig belegen. Die völlige Erholung einer Wiese kann aber dauern, Posidonia wächst nur etwa einen Zentimeter pro Jahr.
Als Alternativen für das Übernachten stehen Crews nun also im Nationalpark nur die Marinas der Hauptinsel La Maddalena zur Verfügung, etwa Porto Gala Gavetta oder Porto Manigavolpe. Die sind auch so schon in der Saison immer schnell belegt. Wer hier einen Platz haben will, muss also früh kommen oder versuchen zu reservieren. Der Andrang dürfte in den Sommermonaten ab dem Nachmittag jedenfalls erheblich sein. Alternativ bieten die großen Buchten Porto Pollo oder Porto Pozzo oder eben die Südküste Korsikas beziehungsweise die französischen Lavezzi-Inseln eine Alternative.