Update FährdebakelPetition zum Erhalt der alten Schleifähre

Jill Grigoleit

 · 13.05.2024

Zurück aus dem Ruhestand: Die alte Dieselfähre Missunde II hat den Fährdienst wieder übernommen nachdem sich der Start der neuen Elektrofähre aufgrund von Fehlplanungen verzögert
Foto: YACHT/A. Fritsch
Update: Die „Interessengemeinschaft Fähre Missunde“ hat am 8. Mai eine Petition gestartet, um die alte Schleifähre „Missunde II“ auch nach Saisonende zu behalten. Bis Samstagnachmittag wurden über 1500 Unterschriften. 2000 müssen zusammenkommen, damit das Anliegen im Petitionsausschuss des Landes angehört wird.

Im Begründungstext der Petition wird die neue Fähre als zu groß und zu schwer kritisiert und ein Fährbetrieb auch nach einem Umbau angezweifelt. Der Kopf der Interessengemeinschaft ist Brodersbys Bürgermeister Joschka Buhmann: “In unseren Augen wird hier an einer Idee festgehalten, die in der Umsetzung nicht tragbar ist. Hier wird Steuergeld verbrannt.” Selbst wenn die neue Fähre fahrbar gemacht werde, sei sie für den Fährpächter nicht wirtschaftlich zu unterhalten. Die neue “Missunde III” benötige doppelt so lange, um das andere Ufer zu erreichen, und kann nicht mehr mit nur einer Person gefahren werden. “Dann hätten wir eventuell eine neue Fähre, die ganz vielleicht fährt, aber keinen Betreiber mehr.” so Buhmann.

Gestartet wurde die Petition an dem Tag, an dem Staatssekretär Tobias von der Heide (CDU) im Wirtschafts- und Digitalisierungsausschuss des Landes noch einmal erklärte, dass eine neue Fähre aufgrund einer neuen europäischen Sicherheitsvorschrift erforderlich sei. Die 20 Jahre alte Fähre “Missunde II” hätte laut einer Kostenschätzung für 1,7 Millionen Euro umgebaut werden müssen, die Kostenschätzung für den Bau einer neuen solarbetriebenen Fähre lag bei 2,5 Millionen Euro, die allerdings nicht eingehalten werden konnten. Am Ende mussten 3,9 Millionen Euro bezahlt werden. Weil es keinen wirtschaftlich vertretbaren Liegeplatz für die alte Fähre gegeben habe, sei sie schon vor der Inbetriebnahme der neuen Fähre verkauft worden. (Zum Rückkauf der alten Fähre mehr unten im Artikel). „Es steht außer Frage, dass die „Missunde III“ bisher keine Erfolgsgeschichte ist“, so von der Heide im Ausschuss. Es werde aber kein Grund gesehen, an ihr nicht festzuhalten. Man vertraue darauf, dass die neue Fähre sicher und zuverlässig fahren werde. Das allerdings wird erst erfolgen können, wenn im Herbst noch einmal eine Zeit ohne Fährverbindung für die erforderlichen Arbeiten verstreicht.

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Ausgemusterte Schleifähre wieder im Einsatz

Eigentlich hatte die alte Schleifähre “Missunde II” bereits ausgedient. Im März hätte ihre Nachfolgerin, die moderne Elektrofähre “Missunde III” den Betrieb aufnehmen sollen. Der Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz (LKN) hatte die alte Fähre bereits zum Schrottwert von 17.000 Euro verkauft. Zu vorschnell, wie sich herausstellte. Im Testbetrieb ergaben sich diverse Probleme beim Einsatz der neuen, sehr viel größeren Fähre. Nun kaufte die Behörde die alte Dieselfähre für rund 50.000 Euro wieder zurück. Seit letzter Woche verkehrt sie wieder auf ihrer alten Strecke zwischen Kosel und Brodersby.

Schon als die Sektflasche bei der Taufe der „Missunde III” im Januar nicht kaputt ging, wurde das von einigen als böses Omen gedeutet. Doch auch ganz ohne Aberglauben drängt sich Beobachtern des Fährdebakels an der Schlei langsam der Verdacht auf, dass das ganze Unternehmen unter keinem guten Stern steht. 3,3 Millionen Euro hatte das Land für die neue Fähre mit Elektroantrieb und Solarzellen auf dem Dach ausgegeben. Ursprünglich hätte die neue Elektro-Fähre ihren Betrieb zwischen Kosel und Brodersby bereits im April 2023 aufnehmen sollen. Doch die Überführung aus der Werft in Derben (Sachsen-Anhalt) scheiterte erst an Lieferschwierigkeiten, dann am Niedrigwasser der Elbe und dann am Hochwasser der Schlei. Ein Eröffnungstermin im Januar kippte wegen zusätzlicher Arbeiten an den Anlegern. Neuer Starttermin war März 2024.

Umbauten an Seilführung und Anleger nötig: Die neue Schleifähre ist zu groß

Doch im Testbetrieb tauchten weitere Probleme auf. „Die Probefahrten bei verschiedenen Windverhältnissen haben gezeigt, dass an der Seilführung der Fähre einige Umbauten nötig sind”, erklärte Fabian Lücht vom LKN im März die Verzögerungen. „Ab drei bis vier Windstärken ist die Fähre nicht mehr anlegbar”, sagt Fährmann Jöns, der schon in dritter Generation die Fähre betreibt. Während das alte Schiff bei 21 Meter Länge eine Tragkraft von 22,5 Tonnen hat, kann das neue, 34 Meter lange Fahrzeug 45 Tonnen transportieren. Es ist also fast doppelt so groß. Das Seil wird offenbar durch das größere Gewicht stark belastet. Um die sehr viel größere neue Fähre auch bei stärkeren Winden einzufangen und sicher an die Rampen führen zu können, braucht es zusätzliche dickere Poller. Um diese rammen zu können, braucht es aber zuerst noch ein Bodengutachten. Und das dauert. Außerdem soll ein anderes Seil durch die Schlei verlegt werden und die „Missunde III” soll zusätzlich Bug- und Heckstrahlruder erhalten. Zwei Reihen von Dalben auf der Fährstrecke sollen das Manövrieren des Fahrzeugs erleichtern. Dazu wird die Passage verengt werden. Und das „wird dann zum Problem für die Boote, die queren“, befürchtet Fährmann Rüdiger Jöns.

Rückkauf der „Missunde II” zum dreifachen Preis

Wer die Verantwortung für die Fehlplanung trägt, scheint unklar. Auf eine kleine Anfrage der FDP antwortete das Wirtschaftsministerium, dass man dem Planer die „ortsspezifischen Randbedingungen” zu Wind- und Strömungsverhältnissen übermittelt habe. Über die Kosten der nötigen Umbaumaßnahmen gibt es noch keine Informationen. Voraussichtlich im September soll die Schleifähre „Missunde III” laut LKN endlich ihren Dienst aufnehmen können. Daran glauben mag in der Region momentan kaum jemand. Der Frust an der Schlei ist groß. Wochenlang bewegte sich gar nichts mehr zwischen Kosel und Brodersby. Pendler mussten den Umweg über Schleswig in Kauf nehmen. Tourismusbetriebe bangten um ihre Kunden. Nach wochenlanger Lösungssuche bliebt dem LKN nichts anderes übrig, als die alte Fähre rechtzeitig zur Tourismussaison wieder zurück zu kaufen - zum dreifachen Preis.

Trotz aller Anlaufschwierigkeiten ist der LKN nach wie vor überzeugt von dem Konzept: „Wir bekommen eine Fähre, die mit erneuerbaren Energien betrieben wird, die eine doppelte Traglast hat und viel längere Fahrzeuge mitnehmen kann. Das ist etwas, über das sich die Region noch sehr zufrieden äußern wird, denke ich”, sagte Michael Kruse vom LKN.


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