Das ist ein sehr spannendes Feld. GraphCast von Google ist der zurzeit erfolgversprechendste Ansatz, um KI in die Wettervorhersage zu integrieren. Dabei werden die globalen Wetterdaten der letzten 40 Jahre genutzt, also die Vorhersagedaten sowie die tatsächlichen eingetretenen Situationen, um die KI anzulernen. Mit diesen sogenannten Re-Analysedaten hat das Model eine gute Basis, um zu lernen, wie sich beispielsweise Hochs und Tiefs verlagern. Dazu kommen dann noch die physikalischen Gesetzmäßigkeiten der Erde, sowie statistische Werte. So weiß das KI-Model, dass bei einer bestimmten Wetterlage der Hurrikan in Richtung X gezogen ist. Mit dieser riesigen Datenmenge und dem entsprechendem Wissensfundus wird dann nach vorne gerechnet.
Im Gegenteil! Während die riesengroßen Computer, die auch im Keller des Deutschen Wetterdienstes stehen, einige Stunden an einem numerischen Wettermodel rechnen, spuckt das KI-Model die Ergebnisse bereits nach wenigen Minuten aus und benötigt dabei sogar weit weniger Rechenpower. Bei Tests wurden die Ergebnisse des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) mit denen des KI-Models verglichen. In sagenhaften 90 Prozent der Fälle war die KI bei den Messwerten wie Temperatur, Windgeschwindigkeit oder Luftdruck genauer. Das kann getrost als Gamechanger in der Vorhersage für Wind und Wetter bezeichnet werden.
Das glaube ich tatsächlich nicht, denn auch die KI hat ihre Schwächen. Da sie logischerweise nur mit historischen Wetterdaten trainiert wird, kann sie die bereits in Gang gesetzten Klimaveränderungen nicht entscheidend miteinbeziehen. Ein Sturm mit gemessenen Rekordwerten auf beispielsweise Korsika könnte in naher Zukunft noch viel krasser ausfallen, da das Meer sich weiter erwärmen wird und dadurch auch mehr Energie in der Atmosphäre entsteht. Wetterereignisse könnten so unterschätzt oder gar fehlinterpretiert werden. Da wird es weiterhin Experten brauchen, die Wetterlagen interpretieren und die Prognosen dementsprechend veredeln können. KI kann daher nur eine Hilfe sein – wenn auch eine sehr gute.
Ich denke nicht, dass die KI der Weisheit letzter Schluss ist. Es ist nur eine Frage der Zeit bis wieder etwas Neues kommt. Vor 15 Jahren habe ich hier noch Wetterkarten im ganzen Büro aufgehängt. Und wenn ein Segler sich mit seiner Position gemeldet hat, dann habe ich die Wetterkarten für die Region ausgedruckt und mit Geodreieck, Zirkel und Stift bestimmt, wo der Segler ungefähr bei seiner Durchschnittsgeschwindigkeit sein wird und was er zu erwarten hat. Heute kann ich mit der aktuellen Technik schon mal ein Wetterrouting zwischen zwei Messe-Vorträgen aus der Hosentasche herauszaubern, falls ich eine dringende Anfrage bekomme. Dank KI wird das in Zukunft noch viel schneller und präziser gehen. Aber wer weiß, was danach kommen wird?
2023 war ein Jahr der Extreme: Dürren, sintflutartige Regenfälle, Jahrhundertfluten und zerstörerische Stürme. Dieses Jahr wird voraussichtlich genauso extrem werden, vielleicht sogar schlimmer. Der Zug mit der Klimaerwärmung ist schon voll in Fahrt und das Abbremsmanöver mit den berühmten 1,5 Grad des Pariser Klimaabkommens, wird sich wohl leider auch nicht realisieren lassen. Das heißt also, wir müssen lernen mit der Klimaerwärmung umzugehen, und uns an die Extremwetter anpassen. Natürlich geschieht das nicht immer flächendeckend, sondern punktuell. Es kann also sein, dass wir in Hamburg und in Kiel einen schönen und entspannten Sommer haben und sich die Leute fragen, wo denn das extreme Wetter ist. Wenn das gerade nicht vor unserer Haustür stattfindet, findet es aber mit Sicherheit woanders statt – und die Einschläge kommen näher.