WetterFolge des Klimawandels? Schwere Unwetter über dem Mittemeer

Andreas Fritsch

 · 26.07.2023

Wetter: Folge des Klimawandels? Schwere Unwetter über dem Mittemeer
Ungewöhnlich hartnäckige stationäre Tiefs sorgen in der Adria, dem Ionischen und Tyrrhenischen Meer für Extremwetter. Diese Wetterlagen in dem Gebiet mehren sich

Sintflutartige, sehr lange anhaltende Regenfälle führten in den letzten Monaten in Italien und Kroatien zu katastrophalen Überschwemmungen, teils mit Toten und Verletzten. Ursache dafür waren wie angenagelt liegende Tiefdruckwirbel über Italien, zuerst über dem Stiefelabsatz, dann über Zentralitalien. Statt nach Osten abzuziehen, füllten sie sich auf und vertieften sich anschließend wieder. Auch unsere Kollegen der YACHT-Redaktion hingen bei einem Törn im Ionischen Meer in diesem ungewöhnlichen Wetterszenario fest: Von Korfu startend, sollte es zum Peloponnes gehen und weiter nach Athen. Doch unablässig starker Südwind, teils mit Böen von 50 Knoten sowie Dauerregen, blockierte den Weg zum Kap Maleas am Peloponnes. Tagelang hingen die Wolken derart tief an den Inselrücken, dass man sich an einen Hebriden-Törn erinnert fühlte. Dazwischen zwei Tage Luftholen mit Sonne, aber auch Flaute, dann ging es von vorn los. Ähnlich erging es zahlreichen Crews an der kroatischen Küste.

Der Mai ist zwar kein Monat für beständig moderate Winde im westlichen Mittelmeer. Aber in dieser Zeit sind derart lange anhaltende Schlechtwetterphasen doch eher selten. Auf der Suche nach Erklärungen fand sich ein erster Hinweis in einer Neuauflage des Griechenland-Revierführers des Briten Rod Heikell. Zum Wetter im Revier merkt er an, dass sich nach seiner und auch den Beobachtungen einiger Einheimischer das Wetter ändere. Die Vorsaison werde zunehmend unstabiler, die Nachsaison mit Wetterereignissen wie Medicanes extremer.

Auslaufverbote vom Hafenmeister wegen Unwetter verhängt

Ähnlich erlebten es unsere Kollegen, die seit 2018 schon zweimal im Herbst in Griechenland in Medicanes gerieten, deren Stärke und Dauer erschreckend waren. 2020 sperrten die Behörden sogar zwei Tage lang alle Ägäis-Häfen. Die Hafenmeister verhängten Auslaufverbote. Wind und Niederschläge waren später tatsächlich von geradezu biblischem Ausmaß. Wetterexperte Dr. Michael Sachweh ordnet das Geschehen so ein:

Wir beobachten diese sehr langsam oder praktisch gar nicht ziehenden Tiefs seit einiger Zeit. Es scheint sich dabei um eine Folge des Klimawandels zu handeln. Der Jetstream in der Höhe ist sehr schwach, und die Bewegung der Systeme, die er mitzieht, ist dadurch deutlich träger geworden.“

Zogen früher solche Systeme meist in zwei bis drei Tagen durch, verharren sie nun teils eine Woche nahezu an einem Ort, füllen oder vertiefen sich wieder. Für Bootsleute bedeutet das schlechte Wetter mit vielen Wolken und Regen auch eine lang anhaltende, stabile Windlage. Für die Menschen an Land bringen die Wassermassen im Gepäck der Tiefs teils Überschwemmungen und Erdrutsche mit sich, wie in der italienischen Region Emilia-Romagna. Dort wurden tagelang bis zu 250 Liter Regen pro Quadratmeter in 24 Stunden gemeldet. Einzige gute Nachricht: Die Niederschläge haben die lange Trockenheit in Norditalien beendet. Für Bootsleute aber lautet das Fazit: Die Vorsaison wird im Mittelmeer deutlich unbeständiger.


Mehr zum Thema Wetter:

Meistgelesen in der Rubrik Reisen