BordlebenMehr Komfort an Bord – Schlafsysteme im Überblick

Hauke Schmidt

 · 13.02.2023

Bordleben: Mehr Komfort an Bord – Schlafsysteme im ÜberblickFoto: YACHT/Nico Krauss

Größe und Güte der Matratzen haben großen Einfluss auf die Liegequalität. Wie sich die Koje für erholsamen Schlaf verbessern lässt

Sanft und gleichmäßig schmatzen kleine Wellen gegen den Rumpf, irgendwo wünschen sich ein paar Möwen leise gute Nacht, sonst ist kaum ein Laut zu hören. Durch das offene Vorluk blinken die Sterne – nach einem ereignisreichen Törntag ist alles zur Ruhe gekommen. Eigentlich optimale Voraus­setzungen für eine ungestörte Nacht.

Dank der entspannten Grundstimmung findet die Crew in der Regel leicht in den Schlaf – doch erholsam ist der leider nicht immer. Die Probleme sind komplex. Zum einen muss die Koje genug Platz bieten. Wie viel Raum man genau zum Ruhen braucht, ist wie vieles rund um die opti­male Nachtruhe eine individuelle Frage.

Lückenfüller: Ungünstiger Schnitt oder zu fest – dann kann ein Topper helfen

Individuelle Auflage: Topper sind dünne Zusatzpolster, die auf die Matratze gelegt werden. Je nach gewünschtem Effekt lassen sich Schaumart und Härte variieren. Ein weicher Schaum oder ein viskoelas- tisches Material verbessert den Liegekomfort auf zu harten Serienpolstern. Ungünstig geteilte Polster lassen sich durch einen durchgehenden Topper ebenfalls überbrücken
Foto: W. Emmerich

Zudem sind Form und Größe der Liegefläche in der Regel durch den Bootstyp vorgegeben und lassen sich im Nachhinein nur mit viel Aufwand verändern. Daher sollte dieser Punkt schon bei der Bootssuche beachtet werden. BOOTE bewertet in den Bootstests den Komfort der Kojen nicht nur im Vergleich zum Standard der Klasse, sondern auch bezüglich festgelegter Mindestmaße für durchschnittlich große Erwachsene in Einzel- oder Doppelkojen.

Wesentlich einfacher lässt sich der von den Polstern gebotene Liegekomfort verbessern. Das fängt schon mit der Aufteilung an. Zuweilen sind Einzelteile optimal geschnitten, um an die unter der Koje verbauten Stauräume zu kommen, aber nicht, um darauf bequem liegen zu können. Dann vermag ein sogenannter Topper Wunder zu wirken.

Serienpolster können nicht den Liegekomfort einer individuellen Matratze bieten

„Platzhalter“ nennt Stefan Bolz vom Matratzenhersteller Laroma aus Schleswig die Grundausstattung der Werften wenig schmeichelhaft. „Die Polster sollen vor allem schön aussehen“, so Bolz. Tatsächlich wird dem Liegekomfort werftseitig oft wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Selbst auf teuren Motoryachten ist äußerst selten etwas anderes als eine aus Schaumstoff geschnittene Einlage vorhanden. Je nach Bootsgröße und Anspruch sind sechs bis elf Zentimeter Materialstärke üblich, vereinzelt zwölf und mehr.

Das ist weit weg von den rund 20 Zentimetern einer Mehrzonen-Matratze fürs heimische Bett. Kein Wunder also, dass an manchem Morgen das Kreuz zwickt, weil Nackenmuskeln verspannt oder Bandscheiben gestaucht sind. Selbst sonst robust gebaute, nicht von Wirbelsäulenschäden geplagte Bootsleute berichten, dass sie an Bord zwar rasch in den Schlaf geschaukelt werden, nach einer im Grunde ruhigen Nacht im Hafen jedoch nicht so erholt aufwachen wie zu Hause.

Komfortmaße: Wie viel Platz die Koje für erholsamen Schlaf mindestens bieten sollte

Höher schafft mehr Fläche: An den baulichen Gegebenheiten an Bord lässt sich in der Regel nur schwer etwas ändern; allenfalls im Vorschiff lassen sich wertvolle Zentimeter gewinnen. Weil sich die Rumpfform nach oben hin öffnet, ist die Kojenfläche in Vor- und Achterschiff stark von der Einbauhöhe abhängig – je höher, desto breiter wird sie. Dickere Polster bedeuten also nicht nur mehr Liegekomfort, sondern automatisch auch etwas mehr Breite. Die Einstiegshöhe sollte dabei 70 Zenti­meter nicht übersteigen
Foto: Fotos: YACHT/J. Kubica

Damit der Körper im Schlaf gut regenerieren kann, müssen sich die Muskeln entspannen können. Dafür ist eine möglichst natürliche Position der Wirbelsäule nötig. Orthopäden empfehlen hier die Seitenlage mit leicht gebeugten Knien. Vor­aussetzung dafür ist eine punktelastische Matratze, die zum Schläfer passt. Denn für die optimale Lage der Wirbelsäule müssen Schulter und Becken unterschiedlich tief einsinken können, während der Rumpf gestützt wird.

Um das zu erreichen, ist eine gewisse Mindestdicke nötig. „Selbst mit unseren hochwertigen Materialien sind 17 Zenti­meter das Minimum. Ansonsten kann die Schulter nicht weit genug einsinken, und der Liegekomfort leidet“, so Bolz.

Komfortzone: Um die Härteverteilung der Matratzen individuell anzupassen, gibt es diverse Konzepte

Federn: Wer den Komfort einer Federkern-Matratze auch an Bord haben will, wird bei Calypso fündig. Im „Dream-Spring“ genannten Modell sorgen unterschiedlich feste Kunststofffedern für dauerhafte Punktelastizität. Seitliche Belüftungsöffnungen sollen die Matratze bei jeder Bewegung atmen lassen und so für ein trockenes Schlafklima sorgen. Mit einer Dicke von 18 cm benötigt die Konstruktion relativ viel Platz, macht aber laut Hersteller einen Lattenrost oder andere Unterfederungen überflüssig. www.calypso-schlafsysteme.de
Foto: Hersteller

In der Serienausstattung kommt häufig ein weiterer Aspekt hinzu: Die ohnehin dünnen Polster sind oft zu hart. Denn die Dichte des eingesetzten Schaums reicht nicht aus. Um mangels Masse dennoch eine gewisse Festigkeit zu erreichen, wird leichten Schaumstoffen reichlich Härter beigemischt. Das funktioniert zwar eine Zeit lang, aber nach einigen Jahren fallen solche Polster regelrecht in sich zusammen. Zudem zwingen zu harte Polster den Schläfer automatisch in die Rückenlage, erklärt Bolz. Dann ist die Wirbelsäule zwar entspannt, dafür droht das Schnarchen. Ebenfalls keine guten Voraussetzungen für eine erholsame Nacht.

Zu weich dürfen die Polster im Übrigen auch nicht sein, denn dadurch kann nicht nur die Wirbelsäule durchhängen, es wird auch die natürliche Schlafbewegung behindert. Im Verlauf der Nacht wechselt der Mensch die Liegeposition mehr als 30-mal. Wird dieses Umlagern gestört, kann es zu Verspannungen kommen, oder die Schlafphasen werden unterbrochen. Laut Matratzenexperte Bolz sind gerade die nötigen Schaumhärten und deren Verteilung über die Liegefläche höchst individuell – sie hängen von der Größe, dem Gewicht und dem Körperbau der Schläfer ab. Bei Letzteren unterscheiden sich in der Regel Mann und Frau. Männliche Schläfer mit breiterem Kreuz benötigen eine ausgeprägtere Schulterzone, während bei Frauen meist das Becken weiter ein­sinken muss. Sollen beide bequem im gleichen Bett liegen, ist ein angepasstes Polster nötig, wobei im Grunde drei Härtezonen ausreichen, so Bolz. Erschwerend kommt jedoch hinzu, dass der meist in drei Stufen angegebene Härtegrad kein absolutes Maß ist – sprich, die harte Matratze des einen Herstellers verhält sich anders als das gleich eingestufte Polster eines zweiten Produzenten.

Bezüge, Polster und Unterbau müssen besonders atmungsaktiv sein

Da der Mensch über Nacht durch Schwitzen im Mittel einen halben Liter Wasser verliert, im Sommer auch leicht das Doppelte, darf es nicht zu einem Wärme- und Feuchtigkeitsstau kommen; sonst durchnässt die Matratze, und binnen kürzester Zeit bilden sich an der Unterseite Spak und Schimmel. Die lassen sich nicht einmal durch Waschen der Bezüge beseitigen, weil die Sporen in den Polstern selbst siedeln. Die Folge: Es riecht unangenehm – der typische Muff, der einem auf vielen Booten entgegenschlägt. Aber das ist nicht alles. Auch hygienisch bilden solche Feuchtigkeitsschäden eine Dauerbaustelle. Nicht nur für Allergiker stellen sie eine fortwährende Belastung dar.

Gründe, über einen Austausch der Polster nachzudenken, gibt es also genug. Spätestens wenn die alten Matratzen durchgelegen sind, stellt sich die Frage: Was nun? Einfach die bestehenden Schäume durch neue Ware ersetzen oder doch zur eigens optimierten Matratze greifen?

Gegenüber einem Bett zu Hause sind gute Kojenpolster Maßarbeit. Erstens erfordern sie praktisch immer einen dreidimensionalen Zuschnitt, weil die Schräge der Bordwand und die Einschnürung des Rumpfes in Bug und Heckbereich keine rechtwinkligen Formen erlauben.

Gut gelüftet: Federsysteme können den Liegekomfort verbessern, sorgen aber vor allem für gute Belüftung

Französisches Bett: Die Kunststofffedern des Moduloflex-Systems aus Frankreich werden zu einer Matte verclipst. Bei Bedarf kann die Matte auf der Unterlage verschraubt werden, wodurch sich beispielsweise Inseln auf Stauraumdeckeln bilden lassen. Die Härte wird durch zusätzliche Federn variiert. Für die 140 mal 200 cm große Beispielkoje kostet das System 230 Euro. www.moduloflex.com
Foto: Hersteller

Zweitens sind sie wegen der Bauhöhe häufig beschränkt. Vor allem in den Achter- oder Mittelkabinen unter der Cockpitwanne kommt es mitunter auf jeden Zentimeter Luft nach oben an, gerade bei älteren Booten mit geringem Freibord und tiefer Plicht. Je dünner aber die Polster, desto schlechter in der Regel der Schlafkomfort. Zuweilen wird die Bau­höhe der Polster auch durch ungünstig angebrachte Schapps oder Schränke zusätzlich begrenzt. Davon weiß Maria Emmrich von Calypso Schafsysteme ein Lied zu singen. „Wir arbeiten dann mit abgeschrägten Bereichen oder mobilen Einlagen, denn jeder Zentimeter Schaumhöhe verbessert den Liegekomfort.“ Für besonders knappe Situationen hat der Anbieter aber auch eine nur elf Zentimeter dünne Matratze im Programm.

Auch bei oft beengten Platzverhältnissen an Bord ist eine ausreichende Belüftung von großer Bedeutung. Individuell angefertigte Matratzen verfügen in der Regel von Haus aus über integrierte Belüftungskanäle und atmungsaktive Bezugsstoffe. Ein spe­zieller Unterbau, etwa ein Lattenrost, ist daher nicht erforderlich. Spezialmatratzen für Boote lassen sich auch direkt auf die Kojenbretter legen, ohne dass ein unerwünschter Feuchtigkeitsstau zu befürchten ist. Die heute gängige Lösung ist in die Matratze oder den Bezug selbst integriert: ein gitterartiges Abstandsgewebe, das Distanz zur Auflage sowie zur Bordwand schafft und Nässebildung effektiv entgegenwirkt.

Gut gemessen: Was bei der Ermittlung der Polsterform wichtig ist

Die Schmiege beachten! Um die Grundfläche der Auflagebretter zu messen, zunächst die Länge, dann an mindestens vier Punkten die Breite notieren. Alternativ kann die Fläche mit einer soliden Kunststofffolie quasi abgepaust werden. Damit das Polster passgenau bis an die Bordwand reicht, muss die Schmiege ermittelt werden. Dazu einen Holzklotz – oder Ähnliches – in der Höhe der neuen Matratze auswählen und an mindestens vier Punkten die Zugabe vom unteren Rand aus bis zum Rumpf bestimmen. Angeben, ob die Polster längs oder quer geteilt werden sollen und wo Einlagebretter nötig sind | Zeichnung: YACHT
Die Schmiege beachten! Um die Grundfläche der Auflagebretter zu messen, zunächst die Länge, dann an mindestens vier Punkten die Breite notieren. Alternativ kann die Fläche mit einer soliden Kunststofffolie quasi abgepaust werden. Damit das Polster passgenau bis an die Bordwand reicht, muss die Schmiege ermittelt werden. Dazu einen Holzklotz – oder Ähnliches – in der Höhe der neuen Matratze auswählen und an mindestens vier Punkten die Zugabe vom unteren Rand aus bis zum Rumpf bestimmen. Angeben, ob die Polster längs oder quer geteilt werden sollen und wo Einlagebretter nötig sind | Zeichnung: YACHT

Dieses Abstandsgewirk gibt es auch einzeln zu kaufen, beispielsweise von Gisatex. Unter dem Polster platziert, lässt sich die Belüftung einfacher Serienpolster verbessern. Kommt es trotz dieser Maßnahmen zu Kondenswasserbildung, hilft mitunter eine simple Fleecedecke weiter. Nach unseren Erfahrungen verbessert eine dünne, als Bettlaken auf das Polster gelegte Decke die Si­tuation deutlich, da sie die Feuchtigkeit seitlich abtransportiert, bevor diese in den Schaum zieht.

Negativ können sich auch Baumwoll-Bettlaken auswirken, vor allem, wenn ihr Schnitt nicht zum Polster passt und das überschüssige Material einfach darunter­gestopft wird. Ein derartiges Stoffknäuel behindert den Luftaustausch und sorgt damit für Spak.

Die mit Abstand beste Belüftung bietet eine Unterfederung. Neben den klassischen Lattenrosten, die mitunter den Zugang zum Stauraum erschweren, sind inzwischen diverse Tellerfeder-Systeme erhältlich. Allen gemein ist, dass sie zwischen drei und sechs Zenti­meter Bauhöhe benötigen. Für den optimalen Liegekomfort sollte man diesen Raum allerdings besser in eine Spezial­matratze stecken, rät der Experte Bolz.

Fazit: Ein Investment in gute Ma­trat­zen lohnt sich immer und macht den Bordaufenthalt noch erholsamer.


Auch interessant: