Boote Redaktion
· 19.01.2023
Kochen ohne Gas: Wir zeigen, welche Haushaltsgeräte auch an Bord sinnvoll sind und wie groß der Aufwand ist, um sie unabhängig vom Landstrom nutzen zu können.
Was den Komfort an Bord betrifft, hat jeder Eigner seine eigenen Bedürfnisse. Die Pantry auf Serienbooten ist meistens mit einem kardanisch aufgehängten Gaskombigerät bestehend aus Ofen und Herd mit mindestens zwei Flammen ausgestattet. Viele Serienboote sehen die Nutzung der blauen 2,75-Kilogramm-Butangasflaschen („Campingaz“) vor. Wenn die Anlage regelmäßig kontrolliert und gewartet wird, spricht wenig dagegen. Butangas ist eine hocheffiziente Energiequelle, und es kocht sich mit Gas sehr gut. Allerdings sind die Flaschen auch vergleichsweise teuer, bei häufigem Kochen schnell leer und auch nicht überall auf der Welt erhältlich. Daher nutzen viele Segler im Hafen zusätzliche Elektrogeräte mit Landstromanschluss. Das ist vor allem bei Langfahrern üblich, schließlich verbringen sie deutlich weniger als 20 Prozent der Zeit auf Passagen und den weitaus größeren Anteil in Ankerbuchten oder eben Marinas. Die Voraussetzungen dafür sind auf den meisten Serienbooten mit einem Landanschluss und 230-Volt-Bordnetz sowieso vorhanden.
Wenn man den Wasserkocher oder auch Induktionsplatten ohne Landstrom nutzen möchte, werden noch ein leistungsfähiger Inverter, ausreichend Akkukapazität und Energiequellen zum Nachladen benötigt. Der Inverter, auch Wechselrichter genannt, wandelt die Gleichspannung des Bordnetzes in eine 230-Volt-Wechselspannung um. Damit nicht nur simple Wasserkocher fehlerfrei funktionieren, sollte ein Gerät mit sauberem Sinus, oft auch „pure sine“ genannt, gewählt werden. Wichtig für die Nutzung von Haushaltsgeräten ist, zu verstehen, mit welcher elektrischen Leistung diese Geräte arbeiten. Die elektrische Leistung wird mit „P“ bezeichnet und in Watt angegeben. Sie ist das Produkt aus der elektrischen Spannung und dem Strom.
Beispiel Wasserkocher: Dieser wird mit der üblichen Wechselspannung von 230 Volt betrieben. Auf dem Typenschild stehen die Werte für die Wechselspannung: 220–240V, die Frequenz: 50/60Hz und die Leistung: 1.250–1.500W. Da die Stromnetze mit Schwankungen belegt sind, werden auf vielen Damit ergibt sich für eine Netzspannung Inverter: Wechselstrom aus dem Akku von 230 Volt eine Leistung von 1.375 Watt. Der Strom wird berechnet, indem man die Leistung durch die Spannung teilt, womit sich im Beispiel ein Strom von 5,98 Ampere ergibt. Das bedeutet, unsere Landstromversorgung sollte mindestens sechs Ampere Strom liefern, was in den meisten Häfen inzwischen kein Problem ist.
Außerhalb der Ostsee sind oft sogar 16 Ampere pro Steckdose verfügbar. Will man den Wasserkocher vor Anker verwenden, muss der Wechselrichter die nötige Leistung bewältigen. Dabei gilt es, zwischen zwei Werten zu unterscheiden, denn neben der Dauerleistung wird in der Regel auch die Maximalleistung des Inverters angegeben. Für den Wasserkocher, der ja mehrere Minuten in Betrieb ist, ist die Dauerleistung relevant. Die Maximalleistung liegt oft doppelt so hoch, der Inverter verkraftet sie aber nur ein paar Millisekunden. Gerade lange genug, um die höheren Einschaltströme von Elektrogeräten mit Motor abzupuffern. Beispielsweise ein handelsüblicher Mixer in der Pantry. Er ist mit 400 Watt Dauerleistung angegeben. Beim Einschalten des Gerätes ist mit einer bis zu sechsfachen Leistungsaufnahme zu rechnen. Das bedeutet, für die Inbetriebnahme eines solchen Gerätes muss der Wechselrichter für Sekundenbruchteile 2.400 Watt liefern.
Empfehlenswert ist eine Dauerleistung von 2.000 Watt oder mehr, damit ist man in der Pantry in der Regel auf der sicheren Seite. Denn es ermöglicht die Nutzung der gängigsten Küchengeräte bis hin zur Induktionskochplatte. Dazu eine Auflistung der typischen Leistungsaufnahmen:
Bei der Neuanschaffung eines Wechselrichters sollte auch über ein Kombigerät nachgedacht werden. Diese vereinen Inverter und Landstromlader in einem Gehäuse, das spart Platz und vereinfacht die Installation. Je nach Modell können damit auch zu schwach abgesicherte Landstromanschlüsse aus dem Akku unterstützt werden. Ursprünglich waren diese Unterstützungsfunktionen dafür gedacht, mit einem Generator als primärer 230-Volt-Stromquelle zu arbeiten, sie funktionieren aber am Landnetz genauso gut. Landstrom und Wechselrichter werden intern parallel geschaltet.
Der Pferdefuß dabei: Zumindest in Deutschland verstößt man gegen die Vorschriften: Da das System prinzipiell ins Landnetz speist, ist eine sogenannte ENS (Einrichtung zur Netzüberwachung mit zugeordneten Schaltorganen) vorgeschrieben, welche die Einspeisung unterbricht, falls das Landnetz ausfällt. Ohne automatische Unterbrechung wird die Yacht zum E-Werk und versorgt den Hafen trotz ausgelöster Hauptsicherung quasi rückwärts mit 230 Volt. Die Wechselrichter besitzen zwar eine automatische Netzüberwachung, diese ist aber im Allgemeinen nicht als ENS zugelassen. Der Vorteil ist, dass diese Geräte beim Ausfall des Landstromes eine unterbrechungsfreie Spannungsversorgung mit 230 Volt zur Verfügung stellen. Einer Reihe weiterer Vorteile steht ein Nachteil entgegen: Wenn das Gerät ausfällt, stehen sowohl Ladegerät als auch Inverter an Bord nicht zur Verfügung.
Ein solcher Lader-Inverter ist zum Beispiel der CombiMaster 12/3000-100 von Mastervolt. Er liefert maximal 5.200 Watt und auf Dauer 2.600 Watt und kann die Bordakkus mit einem Strom von bis zu 100 Ampere füllen. Rund 1.700 Euro muss man für das 9,3 Kilogramm schwere Gerät anlegen. Wer mehr Leistung benötigt, dem stehen Geräte wie der Mass Combi Ultra von Mastervolt zur Verfügung. Hauptmerkmal ist die Möglichkeit, diese Geräte in einer Parallelschaltung zu betreiben. Das bedeutet, es lassen sich sowohl Ladestrom als auch die Inverter-Leistung erhöhen, indem mehrere Geräte gekoppelt werden. Außerdem arbeiten die parallel geschalteten Geräte redundant. Beim Ausfall eines Inverters kann zumindest mit der halben Leistung weiter gekocht werden. Das kleinste Gerät der Ultra-Serie liefert bereits 3.000 Watt, kostet aber auch schon über 3.000 Euro
Egal für welche Lösung man sich entscheidet: Derartig leistungsfähige Inverter erfordern eine professionellen Installation. Dabei geht es insbesondere um den Einbauort und den Kabelquerschnitt zwischen dem Akku und dem Inverter. Beide Geräte sollten möglichst nah zueinander installiert sein. Denn um die für die Küchengeräte nötige Leistung auf der 230-Volt-Seite zur Verfügung zu stellen, sind im Bordnetz enorme Ströme nötig. Geht man von einer Bordspannung von 12,8 Volt und den 1.375 Watt des Wasserkochers aus, so ergibt sich bei einem Wirkungsgrad von 76 Prozent ein Strom von rund 140 Ampere. Schon bei einem Abstand von zwei Metern bedeutet das, es müssen Kabel mit einem Querschnitt von 35 Quadratmillimetern verlegt werden. In der Realität ist für die Auslegung der Kabel die maximale Leistung des Inverters entscheidend. In der Regel gibt der Gerätehersteller die nötigen Querschnitte in der Anleitung vor. Dass sich derart dicke Kabel nicht per Lüsterklemme anschließen lassen, versteht sich von selbst, will sagen: Auch beim Konfektionieren der Leitungen sind professionelle Kabelschuhe und die entsprechenden Presswerkzeuge nötig.
Die hohen Ströme können auch für die Bordakkus problematisch sein, zumindest wenn die Energiespeicher noch mit Blei und Säure arbeiten. Die maximale Dauerstromabgabe hängt stark von der Größe des Akkus ab. Bei Bleiakkus sind es in der Regel 30 bis 50 Prozent der Nennkapazität. Für die 127 Ampere des Wasserkochers wären also mindestens 250 Amperestunden nötig. Deutlich besser sieht es bei Lithiumakkus aus. Selbst günstige Modelle liefern problemlos Dauerströme, die der Akkukapazität entsprechen. Wobei hier das Batteriemanagement der Engpass ist. Aufwändigere Systeme kommen auf zweifache Kapazitätswerte, sprich ein 100-Amperestunden-Akku verkraftet eine Entladung mit 200 Ampere.
Die Kapazität der Bordakkus ist also kein K.-o.-Kriterium mehr. Trotzdem stellt sich die Frage, wie viel Energie konkret benötigt wird, um elektrische Küchengeräte zu betreiben. Dabei gehen wir vom gegenwärtig größten, fertig konfektionierten Lithiumakku aus. Der Block von Liontron beispielsweise bietet eine nutzbare Kapazität von 300 Amperestunden, wiegt rund 35 Kilogramm und kostet etwa 3.000 Euro. Die Stromstärke wurde während des Kochvorgangs am Batteriemonitor gemessen und die Akkukapazität mittels Batteriemonitor vor und nach dem Kochen ermittelt.
In Abhängigkeit von den an Bord zur Verfügung stehenden Energiequellen ist ausgedehntes Kochen mit elektrischen Geräten also auch in einer Ankerbucht möglich. Wichtig ist, bei regelmäßigem elektrischen Kochen den Verbrauch in der Energiebilanz zu berücksichtigen. Schließlich muss die entnommene Energie auch wieder in den Akku fließen, entweder per Landstrom oder auf See mittels Windgenerator, Solaranlage oder Lichtmaschine.
Text: Frank Reinecke