Text von Heino Kuhlemann
Wetterdaten abrufen, Navigationssoftware aktualisieren, Videokonferenzen während der Fahrt oder im Hafen durchführen, E-Mails bearbeiten, mit Marinas, Freunden und Familie kommunizieren, technische Beratung einholen oder einfach mal einen Film streamen – Breitband-Internet an Bord bietet viele Möglichkeiten. Und mehr Freiheit. Wer die Möglichkeit hat, am Ankerplatz um 9 Uhr morgens im Salon seines Bootes an der täglichen Teams-Konferenz teilzunehmen, kann auch unterwegs effizient arbeiten, ohne dass die Kollegen merken, von wo aus man sich eingewählt hat. Moderne Konferenzsoftware-Hintergründe machen es möglich.
Mobiles Internet erlaubt es uns, flexibler zu arbeiten, und so ist es kein Wunder, dass immer mehr Bootseigner während der Saison das Boatoffice gegen das Großraumbüro tauschen. Wer die richtigen technischen Komponenten an Bord hat, kann heute ablegen, ohne auf den wohlverdienten Ruhestand warten zu müssen. Viele Eigner wissen es zu schätzen, dass inzwischen Fragen zum Schiff, technische Probleme oder Revier-Highlights während des Törns und via Internet recherchiert werden können. Und träumen wir nicht alle von mehr Bordtagen pro Jahr?
Wer auf schnelles Internet an Bord Wert legt, hat es mit dem Service von Starlink nahezu weltweit zu wirtschaftlichen Konditionen zur Verfügung: Das Satellitensystem von Elon Musk revolutioniert seit 2022 die Internetnutzung auch in der Sportschifffahrt und die Kommunikation auf See. In den letzten zwei Jahren hat sich zudem viel getan, was Technik, Tarife, Hardware und die Erfahrungen angeht. Was performante Datenraten zum Arbeiten oder für private Nutzung betrifft, gibt es derzeit – mal abgesehen von küstennahem 4G/5G – wohl keine günstigere und zudem schnellere Lösung.
„Die meisten Satelliten-Internetdienste werden von einzelnen geostationären Satelliten bereitgestellt, die die Erde in 35 786 Kilometer Höhe umkreisen. Daher ist die Datenübertragungszeit zwischen Nutzer und Satellit – auch Latenz genannt – hoch, was Streaming, Online-Spiele, Videoanrufe oder andere Aktivitäten mit hoher Datenrate nahezu unmöglich macht.
Starlink ist eine Konstellation Tausender Satelliten, die den Planeten in einer Höhe von etwa 550 Kilometer umkreisen und den gesamten Globus abdecken. Da sich die Starlink-Satelliten in einer niedrigen Umlaufbahn befinden, ist die Latenzzeit nach eigenen Angaben deutlich geringer – „etwa 25 gegenüber 600+ Millisekunden“.
Die Latenzzeit ist neben Upload- und Downloadraten eine wichtige Kennzahl, denn sie ist das Maß für die Zeit, die Datenpakete über das Netz benötigen. Geringe Latenzzeit bedeutet somit flüssiges und gutes Arbeiten im Internet. Gemessen wird diese, indem ein Datenpaket verschickt und die Zeit bis zur Quittung registriert wird. Inzwischen ist Starlink fast überall weltweit verfügbar, die Nutzung hängt jedoch auch von nationalen Vereinbarungen ab.
War es 2022 noch teuer oder bei den günstigen Tarifen unzulässig, mit einem Sportboot Starlink auch „in Fahrt“ zu nutzen, hat sich dies inzwischen grundlegend geändert. Damals gab es die günstige „Camping-Version“ (heute „Mobile Regional“) , die mit einer Flatrate vor Anker oder in einer Marina „an Land“ offiziell genutzt werden konnte und kann. Es war mit der günstigen Hardware und aus Lizenzgründen damals nicht zulässig, Starlink in Fahrt zu nutzen – wenngleich viele es gemacht haben und es offenbar funktioniert hat.
Starlink definiert die Nutzung vor Anker oder in einer Marina als Landnutzung, weil die technischen Zellen auf der Karte nicht direkt am Ufer enden. Daher ist die Nutzung an der Küste offiziell zum Landtarif erlaubt.
Als dann die ersten Boots-Tarife mit vierstelligen monatlichen Gebühren aufkamen, waren diese für Bootsfahrer aus Kostengründen weitgehend uninteressant. Doch jüngst entwickeln sich die Tarife im Bereich „Mobile Priority“ positiv. Dieses Lizenzmodell wird benötigt, um Starlink unterwegs in Fahrt nutzen zu können. So erhält man 50 GB im Dauertarif für Boote aktuell für 284 Euro pro Monat. Allerdings sind Tarifänderungen immer spontan möglich und auch üblich.
(Die Preise noch noch sehr volatil, hier die Starlink-Preisübersicht)
Die Alternative: Weit verbreitet ist der „Mobile Regional“-Tarif ohne GB-Limit für aktuell 40 Euro pro Monat für 50 GB an Land, unbegrenzt für 72 Euro pro Monat. Mit diesem kann man vor Anker oder im Hafen unbegrenzt surfen. Nach aktuellen Meldungen definiert Starlink die Küstenlinie nun etwas genauer und restriktiver, doch die weltweiten User in den Foren und der eigene Test ergeben derzeit keine Einschränkungen der zulässigen Landnutzung vor Anker und am Liegeplatz einer Marina oder einer Mole. Möchte man unterwegs Starlink nutzen, müsste man den Tarif “mobile priority” buchen. Für diesen wurde der Preis gerade auf 284 Euro pro Monat für 50 GB, 1110 Euro pro Monat für 1 TB geändert. Insgesamt sind die Preise noch sehr volatil.
Mit der seit Mai 2024 verfügbaren Option, die Schüssel auf Horizontal/„Flach“ zu stellen, ist Performanceverlust wegen ungünstiger Ausrichtung der „Dish“ genannten Antenne Geschichte. Auch handelt sich der Nutzer keinen Garantieverlust mehr ein, indem er den Motor durch Bohrungen deaktiviert. Von derartigen Bastellösungen ist ohnehin abzuraten, denn meist kommt zeitnah eine neue App-Version und man hat umsonst irreversibel in die Hardware eingegriffen. Und auch eine teurere Antenne ist nicht notwendig.
Die Generation 3 und die kürzlich vorgestellte Starlink Mini werden sowieso ohne Motor ausgeliefert. Eine kleinere Dish oder auch eine Flach-Stellung wirken sich grundsätzlich etwas einschränkend auf die Leistung aus. In der Regel aber funktionieren Videokonferenzen gut, wenn man diese als Messlatte definiert.
Die Dish der 3. Generation (ohne Motor) und auch die neue Mini sind inzwischen über den Starlink-Shop erhältlich. Der unterwegs störende, aber in der Marina hilfreiche Motor zur automatischen Ausrichtung der einfachen Dish der 2. Generation lässt sich über einen Schalter in der App seit Mai 2024 deaktivieren.
Geht man sparsam mit Updates von Betriebssystemen, Software und ständig datenhungrigen Anwendungen wie Facebook, Instagram und Co. um, halten sich der Verbrauch und somit die Kosten pro GB in Grenzen. Pro Minute Videokonferenz benötigt man 5 bis 15 MB, je nach System, Videoqualität und Teilnehmerzahl.
Allerdings muss Starlink bei „Mobile Regional“ neuerdings alle zwei Monate (früher drei) an der Registrierungsadresse betrieben werden. Das kann die Heimatadresse oder auch der feste Liegeplatz einer Marina sein, jedenfalls muss man sonst einen Länderwechsel durchführen und anmelden. Somit ist der40/72‑Euro-Tarif für Langfahrer nur bedingt bis gar nicht geeignet, da ein ständiger technischer Umzug erforderlich wäre. Die FAQ in den einschlägigen Internetforen geben aber ausreichend Anleitung, wie Länder- und Kontinentwechsel möglich sind. Für Langfahrer empfiehlt sich der günstigste der expliziten Starlink-für-Boote-Tarife für 284 Euro pro Monat für ein Datenvolumen von 50 GB. Auch Pakete mit mehr Volumen lassen sich buchen. Wie sich die Preise in naher Zukunft entwickeln, lässt sich schwer vorhersagen, denn Tarifänderungen und Anpassungen der Nutzungsbedingungen werden aktuell dynamisch angepasst. Dies gilt es im Blick zu behalten, zumal es hier von Staat zu Staat und vor allem zwischen den Kontinenten Unterschiede gibt.
Gerade frisch auf dem Markt ist in Deutschland die Generation 3 für Antenne und Router, wozu die Community derzeit noch praktische Erfahrungen sammelt. Weiterhin erhältlich ist die Generation 2, die in der Yachtszene die wohl größte Verbreitung findet und auch in diesem Praxistest im Einsatz war. Zusätzlich kam kürzlich die Starlink Mini auf den Markt.
In Kürze wird das neue Kompaktmodell auch bei uns an Bord sein und im Parallelbetrieb gegen die bewährte Dish mit Motor getestet. Die Mini verspricht „Rucksackmaße“, also etwa die Größe eines kleinen MacBook, sodass sie auch für kleinere Yachten interessant sein dürfte. Sie hat zudem einen USB-/12V-Anschluss und einen geringeren Strombedarf, was sie für den Bootssport besonders interessant macht. Abzuwarten bleibt die Performance auf See, war doch bisher die Größe der Antenne mit entscheidend für eine gute Empfangs- und Sendeleistung. Starlink gibt Performance-Daten an, die etwas unter denen der Generation 2 liegen, aber für die typischen Anwendungen voll ausreichend sein sollten.
Bisher konnte Starlink im Notfall nur helfen, solange man an Bord war und die Stromversorgung funktionierte. Die neue Starlink Mini ist Grab-Bag-geeignet: Sie lässt sich leicht transportieren und mittels Powerbank auch aus der Rettungsinsel betreiben. Ob das Starlink-System ein ausreichender Ersatz für Satellitentelefone ist, wird sich zeigen. Besonders bei der Batterielaufzeit dürften die Telefone die Nase vorn haben.
Die Inbetriebnahme ist mit der Starlink-App sehr einfach möglich. Schritt für Schritt führt die App durch die Installation, dann benötigt die Antenne einige Minuten für eine erste Orientierung zu den Satelliten. Danach kann es auch schon losgehen, wobei auch während der Internetnutzung an einem neuen Standort Starlink weiter neue Daten sammelt, um die Verbindung zu optimieren. Die Monatsabrechnungen beginnen ab dem Tag der Inbetriebnahme, sodass man nicht den Monatsanfang abwarten muss.
Im Standard kann die Dish in einen Aufstellfuß gesteckt werden, der allerdings für den Camping-Einsatz konzipiert wurde. Auf Sportbooten haben sich andere Lösungen etabliert. Wir verwenden eine handelsübliche Angelrutenhalterung, den günstigen Rohradapter aus dem Starlink-Onlineshop (60 Euro) und stecken darauf die Dish. Eine sturmerprobte Lösung, die seit 2022 ohne Probleme funktioniert.
Stellt man die Dish auf „Flach“, entfällt die Ausrichtung, die beim Schwojen oder bei Kursänderungen zum Nachteil wird. Die Performance geht in der Flach-Stellung zwar leicht zurück, reicht aber noch für Videokonferenzen oder zum Filme-Streamen aus. Wer mehr Bandbreite braucht, kann die High-Performance-Antenne von Starlink installieren, die für Anwendungen in Fahrt ausgelegt ist.
Starlink stellt abgesehen von der neuen Mini keinen Anschluss über 12V/24V oder USB zur Verfügung. Neben dem Standardbetrieb 230V, der aktuell ca. 40 bis 60 Watt Leistung aufnimmt und auf See einen Inverter für Wechselstrom voraussetzt, gibt es einzelne Erweiterungen von Drittanbietern für den 12V/24V-Betrieb. Hier kann im Schnitt mit 20 bis 25 Watt gerechnet werden, zudem entfällt der Inverter.
Beim 230V-Anschluss wird in unserem Fall der Router über eine solargespeiste oder mit Landstrom geladene Power-Unit mit Inverter angeschlossen. Leistungsaufnahme: 40 bis 60 Watt. Möchte man einen weiteren oder besseren Router oder sogar ein ganzes Netzwerk anschließen, ist in der Generation 2 ein Ethernet-Adapter im Starlink-Shop verfügbar. Bei den Routern der Generation 3 besteht diese Möglichkeit direkt am Router. Der Betrieb mit 12V/24V ist stromsparender als im 230V-Betrieb, zudem entfällt auch hier der Inverter. Für die Installation haben wir ein Set bestellt, das sich in der Szene gerade etabliert. Es gibt aber mehrere alternative Lösungen, die man jeweils in Betracht ziehen kann.
Die folgende Lösung von zum Beispiel Yaosheng kann jeder ohne anspruchsvolle Bastelarbeiten selbst in Betrieb nehmen. Lediglich die Stromkabel sind mit einem Schraubenzieher zu befestigen.
Mit dem 12V-Anschluss etwa am Zigarettenanzünder oder besser direkt am Bordnetz schließt man die Antenne an. Dazu kommt ein Adapter für das Standardkabel der Starlink-Antenne, der mit einem POE-Kabel (Power over Ethernet) betrieben wird. Inzwischen gibt es beide Module auch kombiniert in einem Bauteil. Wir haben uns für den empfohlenen 12V-Router entschieden, um jeglichen Bedarf an 230V und den damit verbundenen höheren Energiebedarf zu vermeiden. Im Ergebnis funktioniert das sehr gut, wobei sich kleine Einschränkungen ergeben, die aber nicht weiter stören.
So „vermisst“ die Starlink-App natürlich den Original-Router und konnte so in unserem Fall keine Performance-Messungen durchführen oder Updates umsetzen. Mit Drittprodukten sind Performance-Messungen aber möglich. Updates lassen sich downloaden, indem man ab und zu für eine Stunde den 230V-Router anschließt. Die Einstellungen für die Antenne, wie die Flach-Stellung, bleiben über die App erreichbar, Routerfunktionen nicht mehr. Zudem hat es sich im Praxistest bewährt, den 230V-Router in den Bypass-Modus zu schicken und damit aus der Konfiguration zu deaktivieren. Damit versucht Starlink dann auch nicht mehr, diesen zu erreichen.
Internet mit 12V an Bord läuft schnell und grundsätzlich zuverlässig. In der Beispielkonfiguration werden im Router getrennte WLAN über 2,4 und 5 GHz angeboten, die man jeweils nach Bedarf einsetzen kann. Im Praxistest wurden jedoch zeitweilig kurze Störungen festgestellt, die ihre Ursache in der Stromversorgung (Zigarettenanzünder nicht optimal, aber möglich) haben könnten, bei uns allerdings eher durch angepasste Routerkonfiguration je nach Modell größtenteils wegoptimiert werden konnten. Während der Fußball-Europameisterschaft war ungestörtes Live-Fernsehen möglich, bei Videokonferenzen gab es hin und wieder kurze Störungen. Das ist im professionellen Umfeld nicht optimal, aber insgesamt läuft die Konfiguration gut.
Starlink ist bei Bootseignern, die viel unterwegs sind und schnelles Internet wünschen, zum neuen Standard geworden. Die Tarife sowie die offiziell zulässigen Kompromisslösungen sind inzwischen am Nutzen und den Ansprüchen der Nutzer orientiert und bordkassengerecht. Die neue Flat-Stellung, „Unterwegs-Tarife“ pro GB oder als Pauschale bieten für alle eine gute Auswahl. Auch dass mittlerweile der Betrieb über 12V/24V möglich ist, erleichtert den Einsatz und schont die Bord-Akkus. Die nunmehr lieferbare Starlink Mini im Rucksackformat hat ohnehin 12V- und USB-Anschluss und kann eine weitere interessante Option für Bootseigner sein. Die Installation an Bord ist einfach und erfordert keine Bastelarbeiten, und die folgende Einrichtung setzt kein tiefes Verständnis von Netzwerken voraus. Um das Potenzial nutzen zu können, sollte man sich jedoch intensiv mit der App und den Einstellmöglichkeiten beschäftigen. Starlink bleibt auf Erfolgskurs, und wie sich die Starlink Mini im intensiven Praxistest schlägt, verraten wir in einer der kommenden Ausgaben.