Beiboot-Test10 Schlauchboote im Vergleich

Schön aufgereiht fürs Foto: Die Beiboote mussten an vier  Testtagen zeigen, was sie leisten können
Foto: YACHT/H. Schmidt
Die 10 Kandidaten und wie viel sie kosten
Viel Platz, hohe Stabilität, kleines Packmaß: Die Ansprüche an das Beiboot sind hoch. Wir haben zehn Schlauchboote der beliebten 2,50-Meter-Klasse getestet

Spätestens wenn der Anker fällt, wird auf vielen Motoryachten das Beiboot aus der Backskiste hervorgeholt und aufgepumpt. Auf der typischen Bootsgröße zwischen 30 und 40 Fuß ist ein aufblasbares Schlauchboot meistens am praktischsten, es sei denn, es sind Davits oder genug Platz an Deck für ein Festrumpfdingi vorhanden. Die aufblasbare Variante kann die vermeintlichen Widersprüche von geringem Packmaß versus gutem Platzangebot im Boot sowie geringem Gewicht versus hoher Kippstabilität vereinen. Darum ist sie so verbreitet. Besonders die Größe um 2,50 Meter Länge passt auf vielen Booten gepackt gerade noch in die Backskiste und bietet dennoch genug Transportvolumen für eine kleine Crew.

Aber auch wenn die kleinen Schlauchboote sich ähneln, gibt es große Unterschiede. Diese zeigen sich besonders deutlich in der Konstruktion des Bodens. Die einfachste Variante ist eine Folie zwischen den Schläuchen, die für einen besseren Stand im Boot mit eingelegten Brettern versteift wird. Dennoch ist diese Konstruktion eher instabil und bildet keine V-Form im Unterwasserbereich. Hier sind die Modelle mit einem Hochdruckboden folglich im Vorteil.

Der Hochdruckboden im Schlauchboot

Der Hochdruckboden bietet besseren Stand und formt durch einen Kielschlauch das Unterwasserschiff. Das im Drop-Stitch-Verfahren gefertigte Teil ähnelt in der Bauweise einem SUP und wird in das Beiboot eingelegt. Schöner Nebeneffekt: Der Hohlraum mit dem Kielschlauch zwischen Unterwasserschifffolie und Hochdruckboden fungiert als Bilge. Hier sammelt sich Regen- oder Spritzwasser und die Füße bleiben beim Schritt ins Beiboot trocken.

Meistgelesene Artikel

1

2

3

Dieser Vorteil entfällt bei der zweiten Variante des Hochdruckbodens – dem 3-D-Luftboden oder Hochdruck-V-Boden. Dieser ist von sich aus v-förmig und Teil der Rumpfkonstruktion, wird also nicht separat eingelegt. Vorteil: ein Teil weniger und leichterer Aufbau. Nachteil: Es gibt durch die V-Form zwei schräge Flächen im Boot und keinen geraden Boden. Zudem bildet sich mittig schnell eine Wasserpfütze.

Aus der Gruppe mit Bodenbrettern sind drei Beiboote im Test: jeweils ein Modell von Plastimo, Seatec (die Hausmarke von SVB) und Yamaha. Diese Dingis sind meistens günstiger. In der Gruppe mit Hochdruckboden sind sechs Modelle dabei. Jeweils eines von Osculati, Plastimo, Seatec, Talamex, Yachticon und Yamaha. In dieser Gruppe haben die Boote von Plas-timo und Seatec einen 3-D-Luftboden.

Unterschiede der Bodenkonstruktion

Hochdruck-V-Boden: Der Hochdruckboden ist fester Bestandteil der Rumpfkonstruktion. Die Folge sind aber ein schräger Boden ohne Bilge und Wasserpfützen
Foto: BOOTE/Julian Fietze

Einen Sonderfall bildet das EZ Raft aus den Niederlanden. Es lässt sich keiner Gruppe zuordnen, sein Rumpf besteht aus drei Schläuchen und ähnelt einem Trimaran. Auf dem mittleren Schlauch nimmt man zum Rudern Platz. Es gibt also keinen Innenraum wie bei den anderen Booten. Dafür läuft Regenwasser einfach ab. Der große Vorteil des EZ Raft ist sein geringes Gewicht und das extrem kleine Packmaß.

Die Ausstattung der Beiboote

Die wesentlichen Kriterien im Test sind Rudern, Motorfahrt und Schleppen. Bevor es aber aufs Wasser ging, haben wir Abmessungen und Gewicht ermittelt. Dabei zeigt sich auch die unterschiedliche Ausstattung. Angefangen mit Kleinigkeiten wie dem Reparaturset, in dem außer Flicken, Kleber und einem Ventilschlüssel häufig etwas fehlte. So beim Beiboot von Osculati, Talamex und Yachticon. Bei den Pumpen hat das Talamex als Einziges eine Standpumpe mit Doppelhub, alle anderen eine Fußpumpe. Die meisten auch mit der Möglichkeit, den Hub zu reduzieren und dann mit mehr Druck zu pumpen. Nur die Modelle von Yamaha haben eine noch einfachere Fußpumpe.

Stimmt die Qualität der Pumpe nicht, kann es schon schwer werden, den vom Hersteller empfohlenen Druck auf die Tubes zu bringen. Der Druck lässt sich nur per Manometer prüfen, das war beim Plas­timo Fun, dem Seatec Aerotend und dem Yamaha 240 Air dabei. Ein Trick, auch mit nicht so kräftiger Pumpe auf den gewünschten Druck zu kommen, ist, das Beiboot noch mal ordentlich aufzupumpen, wenn es kühl ist, also etwa abends. Dann wird es in der Sonne durch die Erwärmung der Luft im Schlauch prall.

Griffe und Scheuerleisten

Wie wesentlich auch kleine Ausstattungsmerkmale sein können, zeigte sich beim Plastimo Fun PI230 VB, es verfügt weder über eine Festmacherleine noch über Griffe. Das Boot ins Wasser zu heben und dabei nur die seitlichen Griffleinen nutzen zu können ist schon unpraktisch. Die Mehrzahl der Modelle lässt sich besser anheben, die meisten Griffe hat das EZ Raft mit 31 Griffschlaufen. Diese und die Verstärkungen an der Scheuerleiste und unter den Kielen sind bei dieser Konstruktion aus Gurtband von Sicherheitsgurten aus dem Automobilbereich gefertigt.

Auch die anderen Dingis haben größtenteils Scheuerleisten und Verstärkungen am Kiel. Letztere schonen das Material, wenn das Boot auf den Strand gezogen wird. Die Scheuerleiste erfüllt bei vielen Dingis einen doppelten Nutzen: Sie ist auf der unteren Seite mit einer Spritzschutzlippe versehen. Diese stoppt beim Osculati, Sea-tec Aerotend, Talamex und Yachticon 250 AMF das während der Fahrt hochspritzende Wasser.

Die Stabilität der Schlauchboote

Sobald es mit dem Schlauchboot aufs Wasser geht, ist die Stabilität wichtig. Kann man einfach an Bord steigen, oder ist es so kippelig, dass besondere Vorsicht nötig ist? Entscheidend für eine sichere Schwimmlage mit viel aufrichtendem Moment sind die Bootsbreite und der Schlauchdurchmesser. Je größer, desto sicherer. Das Talamex bekommt in dieser Disziplin Bestnoten.

Aber auch das Modell von Yachticon, von Osculati und das Plastimo Raid II P240 können überzeugen. Letzteres besonders, weil es selbst im Bugbereich noch sehr breit ist. Eine Besonderheit stellen die Modelle mit Hochdruck-V-Boden als Teil der Rumpfkonstruktion dar. Hier erzeugt der Boden selbst recht viel Auftrieb und ist seitlich aufgrund der Bauweise mit einer Kante ausgestattet, wodurch die Boote recht kippelig werden. Besonders auffällig ist das beim Plastimo Fun.

Gute und schlechte Details

Kollision beim Pullen: Beim Beiboot 250 AMF von Crazy4Boating bleiben die beiden Riemen beim Rudern leider an den Ösen der Halteleine hängen
Foto: BOOTE

So rudern sich die Schlauchboote

Beim Rudern ist zuerst eine gute Sitzposition wichtig. Dabei ist der Abstand der Bank vom Spiegel und den Ruderdollen entscheidend. Dann folgen die Riemen: passt die Länge, die Größe der Blätter? Zu kurze Riemen sorgen für einen krummen Rücken, mit zu langen stößt man beim Pullen gegen die eigenen Knie. Dann sind natürlich die Manövriereigenschaften besonders spannend, dabei die Geradeausfahrt und möglichst wenig Drift in Kurven. Am besten ruderten sich die Modelle von Osculati und Talamex. Bei Letzterem sind die Riemen aber etwas schmal, weswegen wir sie testweise mit denen von Osculati getauscht hatten. Das ging viel besser.

Das Yamaha 240 T hatte eine ziemlich buglastige Schwimmlage, wodurch es sich nur mit hohem Kraftaufwand rudern ließ. Beim Seatec Nemo war das ähnlich, hier kam über den Bug auch recht viel Spritzwasser ins Boot. Beim Modell 250 AMF von Yachticon war eine Öse für die seitliche Griffleine genau so angebracht, dass die Riemen bei jedem Zug dagegenstießen. Das ist schade, denn sonst konnte das Boot überzeugen. Das EZ Raft nimmt hier wieder eine Sonderstellung ein. Die Sitzposition ist nicht besonders bequem, es gibt keine Bank, man sitzt oben auf dem mittleren Tube. Immerhin können die Füße auf dem etwas weiter unten angebrachten Spiegel abgestützt werden, so kann zumindest Kraft beim Pullen aufgebaut werden. Die Riemen sind per Gurtband befestigt und zweimal teleskopierbar.

So können sie am gepackten Boot verbleiben, was Zeit beim Auf- und Abbauen spart. Das Pullen geht, ist jedoch nicht mit der Sitzposition in den anderen Beibooten vergleichbar. Mit den sehr großen Luftschläuchen bietet das EZ Raft aber eine sehr hohe Stabilität.

Welches Beiboot schafft Gleitfahrt mit Motor?

Bei Tests unter Motor war die entscheidende Frage: Kommt das Beiboot ins Gleiten? Dafür nutzten wir einen Außenborder von Yamaha mit 4 PS. Mit einem kleinen Elek­troantrieb ließen sich alle Dingis gut manövrieren. Bei der Gleitfahrt zeigten sich aber die Unterschiede. Zudem ist es wichtig zu wissen, ob das überhaupt möglich ist.

Die gute Nachricht: Bei den meisten Booten war das kein Problem. Nur das Osculati, Yamaha 240 Air, Yamaha 240 T und das EZ Raft kamen nicht ins Rutschen. Ein Grund dafür liegt beim Yamaha 240 T im sehr hohen Spiegel, hier wäre ein Außenborder mit Langschaft nötig. Der Propeller saugte im Test Luft an. Beim EZ Raft ist der Spiegel sehr schmal, weswegen er durch den Schub des Propellers und das daraus resultierende Moment verdreht wird. Das superleichte Modell ist definitiv nicht für einen schweren Verbrenner gemacht. Elektrisch fährt es sich aber gut. Ins Gleiten kommen die kleinen Boote bei knapp 20 Stundenkilometern. Auch die Modelle mit Lattenboden glitschten gut los.

Das Plastimo Raid II P240 war mit 22,2 Stundenkilometern das schnellste. Das Talamex als schwerstes und breitestes Modell brauchte etwas, bis es in Schwung kam, konnte dann aber bei 20,8 Stunden­kilometern mit besonders sicherem Fahr­gefühl und wenig Drift in den Kurven überzeugen. Ein Zwischenfall beim Seatec Nemo ist unschön und der einzige Bruch in diesem Test: Beim schnellen Durchfahren der eigenen Heckwelle bekam die hölzerne Sitzbank unter vernehmlichem Knacken einen Riss. Generell haben die Sitzbänke aus Aluminium den Vorteil, dass sie weniger federn, was besonders beim Rudern angenehmer ist.

Das Schleppverhalten der Beiboote

Der letzte wichtige Punkt im Test ist das Schleppverhalten. Auf Sommertörn soll das Beiboot ja nicht jeden Tag verpackt und in die Backskiste geräumt werden, wenn man es auch einfach nachschleppen kann. Dabei ist entscheidend, dass es gut dem Boot hinterherläuft und einen möglichst geringen Schleppwiderstand hat.

Gemessen wurde das mit einer Zugwaage bei einer Schleppgeschwindigkeit von 6,5 Knoten. Maßgeblich ist hierbei die Länge der Schleppleine. Sie sollte nicht zu kurz sein, um die zehn Meter lang, und muss genau eingestellt werden. Denn schon ein wenig weiter achtern oder vorlich ist ausschlaggebend dafür, ob das Beiboot die Heckwelle herunterfährt oder im Wellental feststeckt. Dieser Unterschied ist an der Schwimmlage des Beibootes und noch feiner am Schleppwiderstand zu erkennen.

Für den Test wurde immer die gleiche Leinenlänge gewählt, dann aber so feinjustiert, dass der Wert auf der Waage am niedrigsten war. So wurde sichergestellt, dass alle Schlauchboote fair verglichen werden können. Diese Einstellung nehmen auch erfahrene Bootsleute vor, wenn sie ihr Dingi schleppen. Nur statt der Zugwaage dann nach Gefühl. Die Werte auf der Waage lagen zwischen 3,4 und 7,4 Kilogramm. Das ist nicht besonders viel, wichtig ist aber der Unterschied. Mit 3,4 Kilogramm schleppte sich das Plas-

timo Raid II am leichtesten nach und mit 7,4 das Yamaha 240 Air am schwersten. Erstaunlicherweise lag das schwerste Beiboot im Test, das Talamex, mit 6,9 noch unter diesem Wert. Hier zeigt sich, dass sich der Schleppwiderstand nicht einfach aus dem Boots­gewicht ableiten lässt. Dabei hat die Rumpfform natürlich den größten Einfluss.

So hatte das EZ Raft als mit Abstand leichtestes Boot im Test mit 5,3 Kilogramm einen durchschnittlichen Schleppwiderstand. Der Wert allein sagt aber nicht alles, entscheidend ist auch, wie sich das Beiboot hinter dem Boot verhält. Hier konnten die Modelle mit ausgeformtem Unterwasserschiff punkten. Sie sind beim Schleppen denen mit Lattenboden überlegen.

Besonders das Seatec Nemo und das Yamaha 240 T liefen holprig nach, fuhren dabei Schlangenlinien, und das Yamaha 240 T tauchte immer wieder kräftig mit dem Bug ein. Beim Nemo ließ sich bedingt durch das unruhige Schleppverhalten kein Messwert feststellen, er liegt zwischen 3,4 und 4,3 Kilogramm.

Befestigungs- und Haltemöglichkeiten

Sichern: Zurraugen im Beiboot, hier beim Yamaha 240 Air, helfen beim Sichern von Ladung
Foto: BOOTE/J. Fietze

Die Bewertung der Schlauchboote

Die durchweg besten Ergebnisse erzielt das Talamex Comfortline. Es ist aber auch das größte Boot.

Ebenfalls mit guten Ergebnissen folgen das Seatec Aerotend und das Osculati. Letzteres hätte auch das Zeug zum Testsieger, wenn Gleitfahrt im Test mit dem 4 PS Yamaha möglich gewesen wäre. Für Bootsleute, die nur rudern oder langsamer elektrisch fahren, ist es dennoch eine hervorragende Wahl. Zumal es mit 800 Euro auch preislich attraktiv ist.

Das günstigste Beiboot im Test ist mit 430 Euro das Nemo von Seatec. Allerdings gibt es deutliche Abstriche bei der Stabilität, der Ergonomie beim Rudern, der Schwimmlage (Spritzwasser) und dem Schleppverhalten. Schade ist der starke Punktabzug beim Yachticon Crazy4Boating 250 AMF für die Kunststofföse, die beim Rudern deutlich stört. Für Eigner, die nur mit Außenborder unterwegs sein wollen, kann es eine sehr gute Wahl sein. Das Beiboot bietet viel Platz, hohe Stabilität und ist gut ausgestattet.

Das absolute Schlusslicht bildet das Yamaha 240 T. Der Stand auf den schmalen Latten des Bodens ist unsicher, Rudern mühevoll mit kaum Seitenführung, Gleitfahrt ist nicht möglich, und schon die 14,1 Stundenkilometer fühlten sich in keiner Weise sicher und kontrolliert an, zudem lässt es sich nicht so gut nachschleppen.

Das EZ Raft lässt sich nicht so einfach mit den anderen Testbooten vergleichen, es würde im unteren Mittelfeld abschließen. Dabei kann es einige Dinge schlechter als die Konkurrenz (Sitzposition, Rudern, Gleitfahrt), bei Gewicht und Packmaß kommen die anderen aber nicht einmal in seine Nähe. Wenn also der Platz an Bord sehr begrenzt ist oder das „Mutterschiff“ sehr gewichtssensibel, ist das EZ Raft ungeachtet seiner Schwächen eventuell alternativ­los. Das geringe Gewicht hat den Vorteil, dass das EZ Raft mühelos mit einer Hand über die Reling ins Wasser gehoben werden kann.

Beim Talamex mit über 30 Kilogramm Gewicht ist da schon eher eine zweite Person vonnöten, um das Dingi abzufieren. Dafür bietet der schwere Testsieger aber auch schon fast den Komfort eines Ribs, also eines Schlauch­bootes mit Unterwasserschiff aus GFK, was Stabilität und Fahrkomfort erhöht, aber das Packmaß ungleich vergrößert. Dieses haben wir nach dem Packen ermittelt und nicht im Neuzustand. Ersterer Wert ist deutlich realistischer, kann aber auch etwas variieren. Wenn es nach dem Packen nicht mehr in die Backskiste passt, ist es umso besser, wenn sich das Beiboot im Zweifel gut nachschleppen lässt.


Auch interessant:

Meistgelesen in der Rubrik Ausrüstung