Hauke Schmidt
, Olaf Schmidt
· 04.12.2022
Nicht nur Ankerfans sind auf einen Tender angewiesen. Mit den richtigen Kniffen fällt der Umgang leichter und wird komfortabler. 9 Dingi-Tipps für den nächsten Törn
Wer am Ankerplatz trocken an Land kommen will, braucht ein Dingi. Neben der reinen Transportfunktion dient es als willkommenes Spielgerät für den Nachwuchs. Solange es aufgebaut hinter dem Boot dümpelt, gibt es auch kaum Probleme. Aber wohin damit, wenn die Reise weitergehen soll? Schnell wird aus dem eben noch so praktischen Beiboot störrisches und störendes Beiwerk.
Klar, bei einem Schlauchboot kann man einfach die Luft ablassen und es unter Deck verstauen. Aber dazu muss es erst einmal wieder an Deck, und abends in der nächsten Bucht geht der Spaß dann von vorn los: aufpumpen, über Bord hieven und den Motor anschrauben. Viele Skipper lassen ihren Gummitender daher entweder gleich in der Backskiste oder schleppen ihn den Sommer über hinter der Yacht her. Beides ist nicht unbedingt die Optimallösung.
Wer Davits hat, ist natürlich fein raus: Zwei Stropps angeschlagen, dichtgeholt, und schon ist das Dingi aus dem Weg. Aber auch ohne aufwändige Heckkonstruktionen lässt sich ein Schlauchboot auf den meisten Yachten am Spiegel lagern. Ob hochkant oder quer, hängt von den Gegebenheiten an Bord ab. Eine andere Möglichkeit wäre, den Tender auf dem Vorschiff festzulaschen – denn wo genügend Platz zum Aufbauen ist, kann das Boot auch gelagert werden. Aber wohin damit im Hafen? Schließlich versperrt es nicht nur den Weg an Land, sondern blockiert zudem das Vorluk.
Soll der Tender nachgeschleppt werden, kommt es auf die passende Leinenlänge an. Ungünstig eingestellt, wird das Dingi schnell zum Schleppanker und bremst die mühsam getrimmte Yacht unnötig aus. Aber nicht nur beim Schleppen und Stauen kann man sich das Leben erleichtern, schon das Heben des Beiboots von und an Bord gelingt mit ein paar Kniffen besser. Schließlich lässt sich auch der praktische Einsatz komfortabler gestalten, beispielsweise das Rudern, oder wie man mit nur einem Riemen für Vortrieb sorgt.
Unser Schwester-Magazin YACHT hat die besten Tipps zum Umgang mit dem Dingi zusammengestellt - auch auf Motorboote lassen sich diese Ratschläge übertragen!
Zwar besitzen Schlauchboote im Vergleich zu anderen Dingiformen das kleinste Packmaß, und auf modernen Booten steht meist eine geräumige Backskiste zur Verfügung. Aber spätestens nach dem ersten Versuch, das Beiboot wieder aus den Tiefen des Rumpfes hervorzuhieven, denkt jeder Skipper über Alternativen und wenn möglich ebenerdige Aufbewahrungsgelegenheiten nach. Unter Deck bietet neben der Backskiste nur der Salon genügend Platz. Am Tisch verschnürt, lässt sich die Tasche sicher stauen, blockiert jedoch den Fußraum, sodass höchstens noch Kinder bequem sitzen können.
Fast schon klassisch ist dagegen der Transport des gefalteten Dingis an Deck. Abhängig von der Form des Aufbaus und eventuell über Deck geführter Leinen bietet sich dazu der Platz ganz vorne an. In dieser Position ist das Beiboot aber nicht nur dauerhaft der Witterung ausgesetzt, sondern behindert meist auch die Sicht nach vorn. Damit die Tasche bei Lage und eventuellem Seeschlag nicht verrutscht, sind solide Fixierungspunkte wie Püttinge, Handläufe oder Decksaugen nötig.
In welcher Reihenfolge die Kammern aufgepumpt werden, ist fast egal. Es empfiehlt sich aber, mit der Außenhaut zu starten und öfter den Schlauch umzustecken, damit die Kammern gleichmäßig gefüllt werden. Boden, Sitzbank und Einlegebretter gleich zu Anfang einsetzen, bei Luftböden kann auch gewartet werden, bis das Dingi grob in Form ist. Nachdem die Schläuche prall sind, wird der Boden unter Druck gesetzt. Dabei kräftig pumpen, selbst eine 80 Kilogramm schwere Person erreicht kaum mehr als ein viertel Bar. Dann noch den Kiel befüllen. Er verträgt genau wie die Schläuche etwa 0,25 Bar.
Die Mühsal des Aufblasens ist leider fest mit dem Schlauchboot verbunden. Aber sie lässt sich minimieren, indem Sie eine möglichst großvolumige Doppelhub-Kolbenpumpe anschaffen. Die meist mitgelieferten Fußpumpen verbraten viel Energie für das unvermeidliche Aufblähen und Zusammenziehen des Blasebalgs, etwa die Hälfte jedes Arbeitshubs geht dafür drauf. Bei der Kolbenpumpe mit ihren starren Wandungen entfällt dieser Verlust vollständig, außerdem fördern gute Modelle in beiden Richtungen Luft ins Boot. Das bedeutet viel weniger Arbeitshübe und schnellere Einsatzbereitschaft. Darüber hinaus können sie für minimales Packmaß die Luft auch absaugen. Noch komfortabler, aber deutlich teurer sind elektrische Luftpumpen.
Kaum ist das Beiboot aufgebaut, wird es mühsam über die Reling gewuchtet. Das ist nicht nur unnötig anstrengend, denn schon ein 2,30-Meter-Exemplar wiegt an die 30 Kilogramm, sondern kann auch leicht zu Materialschäden führen. Auf Segelyachten steht mit dem Rigg eigentlich immer ein komfortabler Kran zur Verfügung.
Die einfachste Lösung: ein freies Fall, das an der Bugöse eingeschäkelt wird. Nun kann das Beiboot mit der Fallwinsch angehoben werden, bis es frei über die Reling schwingt. Der Vorschiffsmann muss es dabei nur leicht seitlich führen. Dass es beim Fieren mit dem Heck zuerst eintaucht, ist kein Problem, die Schlauchenden haben meist so viel Auftrieb, dass kein Wasser über den Spiegel schwappt.
Wird das Fall statt in die Bugöse in eine der Rumpfhöhe entsprechenden Hahnepot an den Schleppösen eingepickt, kann es ohne Verrenkungen vom Deck aus gelöst werden. Besonders schonend ist die Dreipunktaufhängung, an Bug und Spiegel. Dabei sollte das Dingi aber leicht hecklastig hängen, damit eingedrungenes Wasser beim Anbordholen über den Lenzer im Heck abläuft.
Schlauchboote haben eine stabile Schwimmlage. Trotzdem sollte bei kleinen Dingis nicht auf den Wulst getreten werden – falls keine zweite Person im Boot sitzt, besteht sonst Kentergefahr. Das gilt vor allem für Ausführungen mit ausgeprägtem V-Boden. Beim Einstieg über den Bug reagieren diese Dingis im ersten Moment sehr kippelig. Hier ist es wesentlich bequemer, längsseits einzusteigen. Auch in diesem Fall gilt: Je weiter der Schritt nach mittschiffs reicht, desto stabiler liegt der Tender.
Soll das Beiboot ohne Außenborder bewegt werden, ist Rudern die beste Lösung. Es wird jedoch schon zu zweit eng, denn außer einer Querbank sind bei den üblicherweise 2,20 bis 2,60 Meter langen Dingis im Regelfall keine Sitzgelegenheiten vorhanden.
Um seitlich auf dem Schlauch zu sitzen, reicht der Platz nicht aus. Lässt sich der Passagier im Bug nieder, vertrimmt das Boot stark und ist kaum zu manövrieren. Bleibt noch der Spiegel. Mit einem harten Kissenfender abgepolstert, gibt er einen komfortablen Sitzplatz ab, und auch der Trimm stimmt.
Bei kleineren Tendern kommen sich Crew und Skipper beim Rudern schnell mit Armen und Beinen ins Gehege. Dann hilft nur die Riemen lösen und paddeln. Das erfordert aber eine eingespielte Crew, und obwohl auf diese Weise die gesamte Besatzung für Vortrieb sorgt, ist die Antriebsart deutlich weniger effektiv; längere Strecken sind nur mühsam zurückzulegen.
Vor allem unter den besonders günstigen Angeboten finden sich immer noch Schlauchboote ohne Sitzbank. Mit ihnen wird das Rudern, selbst wenn man allein ist, zur Qual, da die Riemen auf dem Boden sitzend nur schlecht durchgezogen werden können. Im Zubehör gibt es dafür aufblasbare Rollen als Bankersatz. Diese bieten aber nicht wesentlich mehr Komfort als ein gut aufgepumpter und zwischen die Schläuche gepresster Fender.
Auch mit einem einzelnen Riemen lässt sich erstaunlich viel Vortrieb erzeugen. Dazu wird im Bug kniend gewriggt. Dabei beschreibt die Bewegung des Paddels auf der Wasseroberfläche eine Acht, das Blatt wird entsprechend der Bildsequenz angestellt.
Der Vorschlag, das Dingi zu schleppen, stößt bei vielen Bootsfahrern auf massiven Widerstand: Das bremst doch! Stimmt. Aber ob das Beiboot die Geschwindigkeit merklich herabsetzt oder flink folgt, von einer Seite auf die andere pendelt oder brav im Kielwasser bleibt, hängt von der geschickten Leinenführung und einer sinnvollen Wahl der Leinenlänge ab. Und bei stärkeren Motorbooten natürlich auch von der gefahrenen Geschwindigkeit.
Natürlich muss es generell in der Lage sein, das von der schleppenden Yacht vorgegebene Tempo zu laufen - beziehungsweise das Boot muss sich dem Dingi anpassen. Was für ein Dingi immer Gleitfahrt bedeutet. Mit einem Spitzgatter, beispielsweise einem Bananaboot ohne zusätzlichen Spoiler oder Abrisskante, funktioniert das hier beschriebene Verfahren nicht. Außerdem sollte der Anhang möglichst leicht sein sowie ausgeglichen oder leicht vorlich getrimmt. Das heißt: Der Motor muss ab. Und der Lenzstopfen auf, aber das ist wohl klar. Wenn Sie die Schleppleine nun so einstellen, dass Ihre eigene Hecksee das Boot vor sich herschiebt, merken Sie schon beim Belegen: Da ist kaum Zug drauf. Die optimale Länge ist von der Geschwindigkeit abhängig.
In langen Boxen sieht man oft Beiboote dauerhaft hinter Schiffen schwoien. Doch hat das diverse Nachteile: Es verkompliziert nicht nur die eigenen Ablegemanöver, sondern behindert mitunter auch die Nachbarn. Besonders groß ist die Gefahr von Beschädigungen, wenn der Tender über die eigene Box herausschaut (was darum in den meisten Häfen nicht erwünscht ist). Unterm Steg ist ebenfalls kein guter Platz: Durch Wasserstandsschwankungen kann das Schlauchboot dort selbst in eigentlich tidenfreien Revieren leicht eingeklemmt werden, sich durchscheuern und sogar die Steganlage beschädigen. Was Ihnen gegebenenfalls eine saftige Rechnung durch den Hafenmeister einbringen könnte. Doch auch wegen des unvermeidlichen Bewuchses sollte ein Dingi nicht ständig im Wasser liegen. Also bleibt lediglich der Platz an Deck oder am Heck.
Auf typischen Booten ist nur vorne ausreichend Platz an Deck. Flach liegend (kieloben, damit sich kein Wasser sammelt) und gut verzurrt, lässt sich damit gut fahren. Um für Hafen- oder Ankermanöver das Deck frei zu bekommen, können Sie dann das Boot mit einem Fall aufrichten und zwischen Aufbau und Unterwant aufstellen.
Sand oder Steine zwischen Luftkammern und Boden zerscheuern auf Dauer jedes Schlauchboot. Dass diese Fremdkörper an Bord geraten, ist nicht zu verhindern. Sie lassen sich aber leicht wieder auswaschen: Boot so aufstellen, dass Wasser direkt über den Spiegel ablaufen kann, Boden entlüften und herausnehmen, dann mit Wasserschlauch oder Pütz den Rumpf ausspülen. Das dauert keine fünf Minuten. Wer geschickt ist, spült den Sand gleich außenbords statt aufs Deck der Yacht.
Am Spiegel stört das aufgebaute Beiboot am wenigsten, hier behindert es weder die Sicht nach vorn noch nach hinten. Allerdings wird auf den meisten Schiffen die Badeleiter blockiert, sodass diese nicht mehr ohne Weiteres zur Aufnahme von über Bord gegangenen Personen zur Verfügung steht. Darum sollte ein am Heck befestigter Tender für den Notfall mit wenigen Handgriffen lösbar sein. Ohne Davits ist mangels Befestigungspunkten nur Stauen hochkant möglich, idealerweise aufrecht stehend. Sieht zwar absolut unsportlich aus, doch kann sich so kein Wasser im Inneren sammeln, und die Gefahr ist minimal, im Hafen an Pfählen hängen zu bleiben. Das Boot muss so hoch hängen, dass es nicht in die Hecksee taucht. Eine mögliche Konstruktion sieht so aus: Die achteren Schlauchenden stecken in Buchten, die ständig am Schiff bleiben, eine Leine durch die Schleppaugen sichert den Bug. Bei Nachtfahrten unbedingt auf die volle Sichtbarkeit der Hecklaterne achten.
Fein raus ist, wer einen kleinen, leichten Außenborder und eine Yacht mit Badeplattform besitzt: Da klappt die Übergabe ohne Weiteres von Hand. Doch spätestens bei 4 PS ist Schluss mit einfach, vor allem, wenn das Ganze an einem unruhigen Ankerplatz vonstattengehen soll. Bei größeren Booten kann man möglicherweise eine Kran-Konstruktion an den Aufbauten schaffen. Wenn sich der Motor nicht ohne weiteres heben lässt und keine Davits an Bord sind, muss man auf Kräne oder ähnliche Vorrichtungen im Hafen zurückgreifen.
Benzin-Außenborder werden am besten an der Reling gestaut: Das verhindert Gestank im Schiff und ausgelaufenen Kraftstoff in der Backskiste, auf vielen modernen Schiffen wäre da auch gar nicht genügend Platz. Faustregel: Solange Sie den Motor allein anheben können, hält auch der Heckkorb das aus. Wenn der Jockel unter Deck soll, beispielsweise als Schwerwetter-Vorbereitung oder zum Diebstahlschutz, auf jeden Fall vorher den Vergaser leerfahren, danach Restwasser aus den Kühlkanälen ablaufen lassen. Der Kopf muss immer höher als der Schaft liegen