SicherheitEinbau und Test eines Mann-über-Bord-Systems

Ralf Marquard

 · 29.11.2022

Schrecksekunde: Skipper oder Crewmitglied verliert das Gleichgewicht  und geht über Bord:
Foto: Julian Fietze
Schrecksekunde: Skipper oder Crewmitglied verliert das Gleichgewicht und geht über Bord:

Mann-über-Bord-System: Wir haben das „Wireless Man Overboard System“ von Fell Marine eingebaut und in der Praxis ausprobiert.

Sicherheit ist das oberste Gebot an Bord. Dazu gehört eine Schwimmweste für jedes Crewmitglied genauso wie die Sicherheitseinrichtung mit kompletter Lenzanlage und Feuerlöscher oder die allgemeine Bewegungssicherheit. Zu Letzterer zählen Handläufe in ausreichender Menge, Reling und natürlich rutschfeste Bodenstrukturen. Dennoch ist man nicht immer vor einem Über-Bord-Gehen sicher. Wer beispielsweise bei kräftigem Seegang auf dem Vordeck hantiert oder durch ein ungeschicktes Fahrmanöver des Skippers das Gleichgewicht verliert und ins Wasser fällt, freut sich auf jeden Fall schon mal, wenn ein Alarm losgeht oder der Motor dann sogar von allein stoppt.

Noch sinnvoller ist so eine Notstopp-Einrichtung, wenn der Fahrer allein an Bord ist und „abgeworfen“ wird. Klar, am Fahrerplatz direkt hat man die Quickstopp-Leine, die den Fahrer schützt. Doch wie schnell wird vergessen, die Leine vernünftig anzulegen, oder der Skipper entfernt sich vom Fahrersitz, weil er beispielsweise noch schnell einen Fender reinholen möchte oder seinem Kumpel mit der Angelausrüstung hilft. Situationen, in denen der Quickstopp dann nicht funktioniert.

Genau für solche Ereignisse und auch zum Schutz der restlichen Crew (besonders Kinder) setzt das MOB+-System von Fell Marine an. Um sich und die Crew zu schützen, muss lediglich der kleine Alarm-Chip namens xFOB körpernah getragen werden. Das kann an einem Armband wie bei einer Uhr sein, an einem Schlüsselband um den Hals oder an einem Clip, der an Kleidung oder Schwimmweste befestigt wird. Selbst der Hund kann den xFOB an seinem Halsband tragen und ist damit auch unter dem Schutzschirm des Systems. In dem gibt es zwei Alarmarten. Der Skipper ist immer mit der Notstopp-Variante ausgerüstet, die zusätzlichen (maximal drei) xFOBs der Crew können auf die Alarm- oder auf die Notstopp-Funktion programmiert werden.

Wie funktioniert das Mann-über-Bord-System?

Es besteht aus einer Steuereinheit, die mit einer Antenne, dem sogenannten xHUB, und den bereits erwähnten xFOBs arbeitet. Kommt man an Bord seines Bootes, drückt der Skipper einfach auf seinen xFOB, und der xHUB priorisiert ihn als Fahrer. Das heißt, wenn er über Bord geht, wird auch der Motor gestoppt. Alle weiteren Personen an Bord melden sich ebenfalls mit einem Tastendruck auf ihrem xFOB an und sind automatisch mit der Alarmfunktion gesichert, was wiederum heißt, ein lauter Alarmton am Bedienteil ertönt, falls eine Person oder der mit einem xFOB ausgestattete Hund über Bord geht. Dieser Alarm kann dann vom Fahrer ausgeschaltet werden. Aber wie bereits erwähnt, kann auch für die weiteren Alarmchips die Notstopp-Funktion aktiviert werden.

Möchte man den Motor ganz normal stoppen, muss nur bei einem xFOB auf „Stop“ gedrückt werden.

Die Kommunikation zwischen Steuergerät und xFOB findet laut Hersteller über eine Hochgeschwindigkeitsverbindung mit einem hoch entwickelten Marine-Sicherheitsprotokoll statt. Wird diese Funkstrecke nun gekappt, sei es über den Abstand zwischen Alarmchip und xHUB in der Luft (etwa 15 m) oder über die Barriere des Wassers (etwa 5 cm eingetaucht), dann löst der Alarm aus oder der Motor stoppt. Und nun? Nach sechs Sekunden wird die Motorsperre außer Kraft gesetzt, und mit dem Schalthebel auf „Neutral“ lässt sich der Motor einfach wieder starten, und die über Bord gegangene Person kann aufgenommen werden. Ist der Skipper allein unterwegs, muss er sein Boot natürlich selbst wieder „einfangen“ und kann dann hoffentlich über eine gut erreichbare Badeleiter selbstständig an Bord klettern.

Der Einbau des Mann-über-Bord-Systems

1. Mit dem Akku-Schrauber und  der Lochkreissäge  wird das passende Einbauloch für  die Steuereinheit gesägt
Foto: Julian Fietze

Nun zum Einbau: Hierfür sind Kenntnisse im Umgang mit Elektronik erforderlich, denn Fell Marine liefert zu jedem Motorenhersteller (bei uns Honda) die entsprechenden Anschlusspläne mit. Wer sich nicht sicher ist, sollte sich das System am besten von einer Fachwerkstatt einbauen lassen, was wir während der Motor-Garantiezeit im jeden Fall empfehlen. Wir haben unser System zusammen mit einem Techniker von Ferropilot (für den Vertrieb von MOB+ in Deutschland zuständig) eingebaut. Zuerst musste der richtige Platz für den xHUB am Armaturenbrett gefunden werden. Achtung: Auch die Antenne muss Platz hinter dem Gerät haben. Wir installierten es zwischen Lenkrad und Drehzahlmesser. Damit wir mit der Lochkreissäge hantieren konnten, wurde das Lenkrad vorher entfernt.

Im nächsten Arbeitsschritt wurde die Einhebelschaltung abgeschraubt und geöffnet. Hier liegt für mich der kniffeligste Punkt, denn man muss die Anschlussstellen finden, das zusätzliche Kabel ordentlich anschließen und alles zusammen übersichtlich in die Schaltbox legen, ohne ein Kabel stark zu knicken oder sogar zu quetschen. Außerdem muss das zusätzliche Kabel fachmännisch (nicht über scharfe Kanten etc.) aus der Box geführt werden. Der xHUB benötigt dann noch seine eigenen Stromversorgung, die über eine 1-A- bis 3-A-Sicherung abgesichert sein sollte. Das erledigen wir mithilfe einer zweiadrigen Schlauchmantelleitung an dem Sicherungskasten unter der Heckkiste direkt neben der Batterie.

Nachdem alles fest verschraubt und angeklemmt ist, setzen wir das Lenkrad wieder auf, und ab geht es zu unserer Testfahrt. Ruck, zuck ist das Boot geslippt und am Steg festgemacht. Als Nächstes kommen die Experten von Ferropilot, bringen alles in Gang und testen das System. Danach geht auf die Dove-Elbe, und ein junger Mann stellt sich als Versuchsobjekt zur Verfügung und simuliert, über Bord zu gehen. Und siehe da, der Motor stoppt kurz nachdem unsere Testperson im Wasser landete. Wir stellen die Einhebelschaltung auf „Neutral“, und nach ein paar Sekunden lässt sich der Motor problemlos wieder starten.

Was kostet ein solches System?

Der Preis für das Grundpaket (siehe Bild oben in der Galerie) liegt bei 229,99 Euro. Jeder zusätzliche xFOB kostet 49,99 Euro, die passenden Armbänder je 24,99 Euro und der Clip zusammen mit dem Schlüsselband 29,99 Euro. Bei den Alarmchips muss nach gut 300 Stunden (der Chip meldet sich rechtzeitig) die Batterie gewechselt werden. Vertrieb: www.ferropilot.de


Mehr zum Thema: