TechnikArbeiten mit Epoxidharz – So machen Sie es richtig!

Hauke Schmidt

 · 23.12.2022

Technik: Arbeiten mit Epoxidharz – So machen Sie es richtig!Foto: YACHT/S. Reineke

Das Zwei-Komponenten-System ist ein wahres Wundermittel und aus dem modernen Bootsbau nicht wegzudenken. In unserem Do-it-yourself-Guides erklären wir die Grundlagen der Verarbeitung

In diesem Artikel:

Laminieren, spachteln, kleben oder grundieren – Epoxidharz eignet sich für fast jede Arbeit am Boot und ist oft sogar die erste Wahl. Diese Vielseitigkeit verdankt das Material seinem Aufbau. Das Harz besteht aus einem Polymer mit sogenannten Epoxidgruppen. Diese sehr reaktionsfreudigen Kohlenstoff-Sauerstoff-Verbindungen vernetzen sich mit dem Härter und ergeben ein äußerst stabiles, dicht gepacktes Makromolekül, das sich chemisch so gut wie nicht mehr lösen lässt.

Einmal ausgehärtet, entsteht ein Duroplast, daher ist auch kein thermisches Umformen mehr möglich. Im Gegensatz zu Polyester-Systemen benötigen die Epoxid-Polymere keine Lösungsmittel, die beim Aushärten verdunsten müssen. Je nach Harzsystem können zwar Lösemittel vorhanden sein, um die Konsistenz zu verändern, diese reagieren aber beim Aushärten mit. Das sorgt zusammen mit dem kompakten Molekülaufbau für die im Bootsbau wichtige Wasserdichtigkeit. Hydrolyse und damit verbundene Osmose-Schäden sind bei korrekter Verarbeitung ausgeschlossen. Außerdem bedeutet das Fehlen von Ausdünstungen auch, dass beim Anmischen und Aufbringen in der Regel kein Atemschutz oder Belüftungssystem nötig ist.

Der Vorteil ist die sehr gute Haftung auf Holz und fast allen anderen Materialien

Ganz ungefährlich ist das Material trotzdem nicht. Vor allem den Kontakt mit der Haut gilt es zu vermeiden, und zwar sowohl was das Harz als auch den Härter (siehe Arbeitsschutz) angeht. Je nach Hersteller und Formulierung kann der Härter auch einen stark beißenden Geruch verbreiten.

Ein weiterer Vorteil dagegen ist die sehr gute Haftung auf Holz und fast allen anderen Materialien, weshalb praktisch alle Zwei-Komponenten-Primer auf Epoxidharz basieren und sich fast alles mit Epoxid kleben lässt. Schwierigkeiten entstehen lediglich beim Verbund mit thermoplastischen Kunststoffen wie ABS und PVC, aber auch dafür gibt es speziell abgestimmte Harzsysteme. Wird die Kunststoffoberfläche zusätzlich vorbehandelt und durch Flämmen aktiviert, steht einer belastbaren Verklebung nichts im Weg. Die universellen Eigenschaften des Epoxids lassen sich für den jeweiligen Einsatzzweck weiter optimieren. Beispielsweise als dünnflüssiges Laminierharz, das die Verstärkungsgewebe besonders gut durchtränkt und eine lange Verarbeitungszeit besitzt, oder als speziell abgestimmte Harz-Härter-Kombinationen für Vakuum-Infusionsverfahren bis hin zu Prepreg-Systemen, die bis zur Verarbeitung gekühlt gelagert werden müssen, damit sie nicht vorzeitig aushärten.

Eine weitere Variante sind zäh eingestellte Klebemischungen, um Rumpf und Deck zu verbinden und hoch belastete Bauteile wie Schotten und ganze Bodengruppen ins Boot zu kleben. Für professionelle Anwender bietet der Markt somit eine geradezu überwältigende Auswahl an Epoxidharzen. Hinzu kommen sogenannte Bio-Epoxide wie die Entropy-Serie von West System oder das Greenpoxy von Sicomin, bei denen ein Teil der üblicherweise aus Erdöl gewonnenen Kohlenstoffverbindungen aus Leinsamen oder Abfallprodukten der Biokraftstoff-Herstellung extrahiert wird. Derzeit lassen sich etwa 30 bis 40 Prozent des Harz-Härter-Systems ohne fossile Rohstoffe produzieren. Die Bio-Harze sind technisch auf Augenhöhe mit den besten Standardprodukten, kosten jedoch rund 15 Prozent mehr.

Privatanwender sind mit Universalsystemen wie der 105er-Serie von West System am besten bedient

Sie sind quasi der Basis-Chemiebaukasten für Bootsbastler und lassen sich über die Wahl des Härters an die Arbeitsbedingungen anpassen. Wobei hier hauptsächlich die Umgebungstemperatur und die gewünschte Verarbeitungszeit ausschlaggebend sind.

Wenn strukturelle Klebungen oder Verstärkungen hergestellt werden sollen, kommen Füllstoffe und Glasgewebe ins Spiel, denn die Festigkeit des Harzes allein reicht dafür nicht aus. Bei den Verstärkungsfasern ist Epoxid wenig wählerisch. Je nachdem, welche Eigenschaften gewünscht sind, kann das Harz mit Glas-, Aramid- oder Kohlefasern verarbeitet werden. Aber auch derzeit noch exotischer anmutende Materialien wie Flachs oder Basalt lassen sich gut mit Epoxid kombinieren. Dagegen ist die klassische Standardmatte aus dem Polyester-Zubehör ungeeignet. Sie besteht aus relativ kurzen Glasfaserabschnitten, die ungeordnet übereinanderliegen. Damit die rund 6,5 Zentimeter langen Glas-Filamente im trockenen Zustand nicht auseinanderfallen, sind sie mit einem sogenannten Binder verklebt. Solange man mit Polyester arbeitet, ist das kein Problem, denn der Binder wird vom Styrol aufgelöst, und das Harz kann die Fasern umschließen. Bei Epoxid löst sich das Bindemittel nicht auf, weshalb das Harz die Matte auch nicht richtig durchtränken kann und kein fester Verbund entsteht. Daher sollte Epoxid immer mit Geweben oder Gelegen kombiniert werden. Bei Letzteren werden die Faserstränge durch Kettfäden zusammengehalten, sodass kein chemischer Binder nötig ist.

Die Beschichtung von Holz ist optisch reizvoll und schafft einen enorm robusten Untergrund

Dabei dient das Harz als Grundierung. Das hat mehrere Vorteile: Zum einen wird das Holz sehr wirkungsvoll vor Feuchtigkeit und Kratzern geschützt, außerdem schrumpft das einmal ausgehärtete Harz nicht mehr, daher sackt die Grundierung auch nach Jahren nicht nach, und die Oberfläche bleibt eben.

Wenn im Nass-auf-klebrig-Verfahren gearbeitet wird, lässt sich der komplette Grundierungsaufbau an nur einem Tag erledigen. Nass auf klebrig zu arbeiten bedeutet, dass die nächste Schicht erfolgt, sobald der Untergrund so weit ausgehärtet ist, dass die Fingerprobe noch einen Abdruck hinterlässt, aber kein Material mehr am Handschuh kleben bleibt. In diesem Zustand verbinden sich die Schichten chemisch miteinander, es entsteht der bestmögliche molekulare Verbund, ohne dass es eines Zwischenschliffs bedarf. Diese Arbeitsweise funktioniert beim Laminieren übrigens genauso gut wie beim Kleben.

Da beim Grundieren mit Epoxidharz eine vergleichsweise dicke Schicht aufgetragen wird, stellt sich bei anschließender Klarlackierung ein schöner Tiefeneffekt ein. Die Versiegelung mit einem Zwei-Komponenten-Lack ist hier zwingend erforderlich, denn die einzige Schwachstelle von Epoxidharz ist dessen geringe UV-Beständigkeit. Ohne den Lacküberzug würde sich die Epoxid-Beschichtung schon nach wenigen Jahren unter der Sonne stark gelb verfärben.


Grundlagen der Epoxid-Verarbeitung 1

Anmischen von Epoxy Foto: H.Schmidt
Anmischen von Epoxy

Mischungsverhältnis

Im Gegensatz zu Polyester, bei dem der Härter eigentlich ein Starter ist, verbinden sich die beiden Komponenten bei Epoxid-Systemen miteinander. Daher muss das Mischungsverhältnis exakt eingehalten werden. Sonst erreicht das Material nicht die gewünschten Eigenschaften oder härtet gar nicht aus. Die richtige Dosierung erreicht man am einfachsten mit passenden Pumpen. Wichtig: beim ersten Einsatz die Pumpen entlüften – so lange mit kleinen Hüben vorpumpen, bis ein Widerstand zu spüren ist. Dann erst sollte ein vollständiger Hub erfolgen. Tipp: Immer abwechselnd ein Hub Harz, ein Hub Härter, dann kommt man nicht durcheinander und muss nur die Reihenfolge einhalten. Alternativ können Harz und Härter mit einer Waage oder Einmalspritzen dosiert werden. Achtung: Je nach Hersteller können sich die Mischungsverhältnisse zwischen Volumen und Gewicht unterscheiden. Üblich sind Werte zwischen 5:1 und 10:1, es gibt aber auch Sonderfälle wie Fünf-Minuten-Epoxid mit 1:1-Mischung.

Arbeiten mit Epoxidharz Foto: M.-S. Kreplin
Arbeiten mit Epoxidharz

Topf- und Verarbeitungszeit

Die Aushärtung startet bereits mit der Zugabe des Härters. Entscheidend ist hier die Topfzeit. Sie beschreibt, wie lange das Gemisch verarbeitet werden kann, und liegt je nach System zwischen wenigen Minuten und einigen Stunden. Wichtig dabei: Die Zeit wird nicht von der Menge des Härters, sondern von seinen Eigenschaften bestimmt. In der Regel bezieht sich die Angabe auf eine Temperatur von 25 Grad. Das ist gut zu wissen, denn überschlägig gilt: Pro zehn Grad Temperaturänderung verdoppelt oder halbiert sich die Topfzeit. Das muss bei der Wahl des Härters beachtet werden. Da bei der Aushärtung Wärme frei wird, hat auch die Harzmenge Einfluss auf die Topfzeit. Große Mengen sollten daher in kleineren Chargen angemischt und aus einer flachen Wanne verarbeitet werden, damit die Reaktionswärme großflächig abgeführt wird.

Verrühren der Komponenten Foto: Yacht / Nils Günter
Verrühren der Komponenten

Anrühren

Langsam und gleichmäßig rühren, dabei auch die Wände abstreichen. Schnelles Rühren ergibt nur Luftblasen. Nach dem Umrühren noch einmal umfüllen und nicht aus dem Mischbecher verarbeiten


Grundlagen der Epoxid-Verarbeitung 2

Verbrauchsmaterialen beim Arbeiten mit Epoxidharz Foto: H. Schmidt
Verbrauchsmaterialen beim Arbeiten mit Epoxidharz

Arbeitsschutz

Epoxidharze dunsten kaum Lösungsmittel aus, daher ist beim Anmischen und Verarbeiten in großen Räumen nicht zwingend ein Atemschutz nötig. Handschuhe und Overall sind dagegen unabdingbar, denn der Kontakt mit der Haut sollte vermieden werden. Kommt es dennoch zu einer Kontaminierung, keine Lösungsmittel verwenden! Sie schaden der Haut mehr als sie helfen. Besser das frische Harz sofort mit Seifenwasser abwaschen. Tipp: Zwei Paar Handschuhe übereinander anziehen, dann kann die verschmutzte Außenlage beim Arbeiten schnell und unproblematisch gewechselt werden. Beim Schleifen von Epoxid unbedingt Atemschutz tragen.

Abreißgewebe als letzte Schicht Foto: H. Schmidt
Abreißgewebe als letzte Schicht

Abreißgewebe

Das Gewebe wird beim Laminieren oder Kleben als letzte Schicht aufgebracht. Es besteht aus Nylon und ist mit einem Trennmittel imprägniert, dadurch verbindet es sich nicht mit dem Harz oder dem Laminat. Nach dem Aushärten kann es relativ leicht entfernt (abgerissen) werden. Es erfüllt mehrere Aufgaben. Überschüssiges Harz wird vom Gewebe aufgesogen. Außerdem sorgt es für eine gleichmäßige Laminatoberfläche. Mit dem Abreißen verschwindet auch die gefürchtete Aminröte. Eine Reinigung ist nicht nötig; es kann ohne Zwischenschliff direkt weitergearbeitet werden.

Abwischen einer laminierten Fläche Foto: Yacht / Nils Günter
Abwischen einer laminierten Fläche

Aminröte

Bei der Aushärtung von Epoxidharzen kann sich auf der Oberfläche eine wachsartige Schicht bilden. Dabei handelt es sich um Reaktionsrückstände des Härters, die vor allem bei hoher Luftfeuchtigkeit und geringen Umgebungstemperaturen entstehen. Je nach Härter und Klima kann das Erscheinungsbild von fast unsichtbar bis zu einer stumpfen und fettigen Oberfläche reichen. Aminröte wird bei der Weiterverarbeitung zum Problem. Beim Schleifen setzt sich das Papier extrem schnell zu und rutscht praktisch ab. Ferner kann die Wachsschicht die Haftung von Epoxidharz, Lacken oder Primern stark behindern. Die Bildung des Rückstands lässt sich insbesondere bei der Arbeit im Freien oder in der Halle kaum vermeiden. Es gibt aber zwei Wege, das Problem zu umschiffen: Entweder wäscht man das Laminat mit lauwarmem Seifenwasser und einem Scheuerschwamm ab und trocknet die Fläche anschließend mit Papiertüchern. Oder man verwendet Abreißgewebe als letzte Schicht.


Robuste Beschichtung von Holz – Schritt für Schritt:

Glatt schleifen: Vor der Beschichtung sollte das Holz feingeschliffen werden, anschließend gut entstauben, der Schmutz klebt sonst im Harz
Foto: N. Günter
Holz und Epoxidharz

Verklebung mit Hohlkehle zum Durchklicken:

Grundieren: Je poröser die Oberfläche ist, desto wichtiger wird es, den Klebe­bereich vorab mit dünnflüssigem Harz zu bestreichen. Spart man sich diesen Schritt, kann das folgende Laminat zu trocken werden, weil dessen Harz zunächst ins Holz gesaugt wird
Foto: YACHT/ Nils Günter
Eine Hohlkehle ziehen

Löcher-Verschließen erklärt:

Schäftung schleifen: Um das Loch wird eine Schäftung mit der zwölf­fachen Laminatstärke geschliffen, in diesem Fall etwa zehn Zentimeter. Den Umriss auf eine Folie übertragen und darauf die Größe der Glasfaserflicken anzeichnen
Foto: YACHT/ H. Schmidt
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