Mailand, 12. September 1946: Nach drei Ausgaben, die wegen des Weltkriegs abgesagt worden waren, ließ sich das Publikum die Eröffnung der Fiera Campionaria nicht entgehen, die große Verbrauchermesse in der lombardischen Hauptstadt mit Neuheiten in den verschiedensten Bereichen. Die Stadt trug noch immer die schmerzhaften Narben der Bombenangriffe, aber die Zeit war reif für den Wiederaufbau und eine auf Fortschritt ausgerichtete Zukunft. Im großen Pavillon „Transport und Fortbewegung“ präsentierte der für die Schifffahrt reservierte Bereich eine Handvoll Aussteller, die entschlossen waren, die schwierigen Zeiten vergessen zu machen.
Unter ihnen befanden sich auch einige, die vor nicht allzu langer Zeit noch im Mittelpunkt der Kriegsanstrengungen standen. Cabi Cattaneo, Alfa Romeo, Baglietto oder Cranchi. Sie hatten die berühmten MTM (Motoscafi di Turismo Modificati) hergestellt, einsitzige Schnellboote, die mit 300 Kilogramm Sprengstoff beladen gegen feindliche Schiffe eingesetzt wurden. Der Pilot, ein Kampfschwimmer, sprang vor dem Aufprall aus seinem Sitz. Mit bemannten Torpedos und MTMs stand Italien an der Spitze der Entwicklungen dieser sogenannten Kleinwaffen, die bei hochriskanten Sondereinsätzen ihre Erfolge errangen.
Nicht weit vom Cranchi-Stand entfernt faszinierte ein Neuling die Besucher: Die Bootswerft Insam, vertreten durch ihren Gründer, stellte zwei raffinierte Modelle mit sehr ausgefeilten Linien aus, mit Außen- und Innenbordmotor, mit zwei, vier oder sechs Sitzplätzen, die dagegen nichts mehr mit Waffen zu tun hatten. Der Name dieses avantgardistischen Herstellers, der sich stark auf eigene Technik stützte, war eine Abkürzung von Ingegnere Saporiti Milano. Viel mehr ist nicht bekannt, außer dass ein gewisser Saporiti vor dem Krieg im Führungsstab des großen Schiffbaukonzerns Ansaldo erwähnt wurde, heute besser bekannt als Fincantieri.
Die damals sehr moderne, aber kleine Insam-Werft wurde 1945 im Dorf Azzano am Comer See gegründet. Die Journalisten der Zeitschrift Vela e Motore nahmen eine Einladung des geheimnisvollen und freundlichen Ingenieurs Saporiti gerne an. Im Herbst 1946 mussten sich die beiden Reporter jedoch aufgrund von Engpässen und Beschränkungen aller Art auf ihre Fahrräder schwingen, um die rund 60 Kilometer von ihrem Büro in Mailand zum Seeufer zu fahren. Vor Ort entdeckten sie ein kleines, aber fortschrittliches Unternehmen, dem nichts zu ehrgeizig schien, um die Qualität und Effizienz seiner Serienproduktion von Sportbooten zu gewährleisten.
Allerdings füllten sich die Auftragsbücher nicht so schnell wie erwartet. Und so kam es, dass das Werk in Azzano kaum drei Jahre später bereits wieder geschlossen wurde. Niemand weiß genau, warum das Unternehmen so kurzlebig war. Und warum nichts weiter übrig blieb als ein hervorragend funktionierendes kleines zweisitziges Motorboot mit einem Lancia-Aprilia-Motor und das Wrack eines Rennbootrumpfen im Depot des Museo della Barca Lariana, unweit des ehemaligen Insam-Standorts.
Eine Tatsache mag das Überleben des erhaltenen Zweisitzers erklären: seine außergewöhnlichen Linien und das spektakuläre Gesamtbild. Es stellte sich heraus, dass der allererste Retter der Insam selbst eine echte Legende war: Pietro Vassena, ein umtriebiger Erfinder mit einer Leidenschaft für Mechanik, der unter anderem mit einem selbst konstruierten Tauchboot einen Welttiefenrekord im Comer See aufstellte, nicht weit von Lecco entfernt, wo er seine Labors und Werkstätten hatte. Wie der Insam-Prototyp zu ihm fand, ist nicht bekannt.
Die nächste Wende im Schicksal des Bootes ist aber gut dokumentiert: Sie wurde durch die Leidenschaft eines Schuljungen aus der Gegend ausgelöst, der sich in das Stück verliebt hatte. Man schrieb das Jahr 1965, und Dody Jost, der spätere große Bootssammler, war gerade 15 Jahre alt, als er den Insam-Rumpf im Hof der Werkstatt des Erfinders entdeckte, einem Ort, der noch mit weiteren Tausend technisch-wissenschaftlichen Objekten vollgestopft war:
Mein Schulweg führte an dem Boot vorbei, und ich begann davon zu träumen, es kaufen zu können”, erzählt Dody Jost.
“ Ich fing an, Pietro Vassena damit zu nerven, obwohl er für uns alle ein großer Held war. Ich werde nie erfahren, ob der Mann aus Mitleid oder um mich loszuwerden bereit war, die Insam für eine Summe zu verkaufen, die ich mir leisten konnte“, erinnert sich Dody Jost. So kam er früh in den Besitz eines 1945er-Runabouts, das perfekt in seinem ursprünglichen Zustand erhalten wurde – und das zu einer Zeit, in der viele „alte“ Holzboote ein schlechtes Ende nahmen. Er fühlte sich verpflichtet, die Insam zu erhalten und bewunderte das Know-how dieser kurzlebigen Werft.
Ihre Konservierung wurde dann durch zwei sorgfältige Restaurierungen unterstützt, die von Meistern durchgeführt wurden, zunächst von Timossi Mitte der 1970er-Jahre und dann, erst kürzlich, von Erio Matterri. Der Besitzer der Insam wollte aber nie, dass seine klassischen Boote ein Leben als Museumsstück fristen, sondern zog es vor, sie auch technisch immer in einwandfreiem Zustand zu halten und sie so oft wie möglich zu benutzen.
Seine Verbundenheit mit diesem Lancia-Motorboot, das nach wie vor wie ein Uhrwerk läuft, ist umso stärker, als es die frühe Verwirklichung eines Kindheitstraums darstellt und zudem das einzige überlebende Runabout einer Marke ist, die schon lange verschwunden ist:
Dabei hätte es auch meine Insam um ein Haar nicht mehr gegeben”, so Dody Jost.
Bei Timossi, die wie Insam in Azzano ansässig waren, hatte Dody Jost vom dramatischen Fanal erfahren, dass das Ende der Werft besiegeln sollte. Eines Morgens hatte Ingenieur Saporiti seine verbliebenen Boote am Strand aufgestellt und sie in einer letzten Geste der Enttäuschung angezündet. Guido Abbate, der berühmte Bootsbauer, sah das lodernde Spektakel und rannte los, um zumindest das seltene Holz zu retten, das damals so schwer zu bekommen war. So wurde auch die Insam den Flammen entrissen und überlebte – obwohl ihr eigener Erschaffer das Schicksal dieses einzigartigen Prototyps durch Selbstzerstörung bereits besiegelt hatte.