“Cecilia”Hybrid-Großformat mit Unterwasserspielzeug

Christian Sauer

 · 29.08.2023

Breites Feld: Auf dem Touch-and-go-Helipad landen Aerotender von maximal 2,1 Tonnen und mit rund zehn Meter Rotordurchmesser
Mit „Cecilia“ zeigt Wider das zweite Hybrid-Großformat mit hoher Verbrauchsökonomie und großem Tenderreichtum. Das funktioniert ganz wunderbar auf knapp 50 Metern und komplett ohne robusten Explorerlook

Eine Yacht ist bekanntlich mehr als die bloße Summe ihrer Features. Doch mit 75 Quadratmeter großer Eignerkabine, einem um den Kapitän herum ausfahrbaren Steuerstand, extrem geringen Geräusch- und Vibrations­niveaus dank des dieselelektrischen Pod-Antriebs mit Batteriespeisung, einem auf 90 Quadratmeter erweiterbaren Beachclub inklusive Salzwasserpool und darin parkendem Neun-Meter-Dayboat beeindruckte uns bereits die sportlich-elegant gezeichnete Wider 150 „Genesi“. Dieses vielseitige Format noch zu toppen war selbst für das erfahrene Team des noch jungen Superyachtzweigs von Wider in Ancona keine leichte Aufgabe. Vielversprechend sahen jedoch schon die Renderings aus, die Designer Fulvio De Simoni aus seinen Rechnern zauberte und die Wider mit Bravour in Aluminium realisierte.

Getoppter Feature-Reichtum

Den augenscheinlichsten Unterschied zur Vorgängerin stellt das Touch-and-go-Helipad der “Cecilia” dar. Mit maximal 2,1 Tonnen Gewicht und rund zehn Meter Rotor­durchmesser eignet es sich für die gängigen zweimotorigen Modelle von Airbus Helicopters und Bell. Ohne Aerotender transformiert es die Crew in eine voll illuminierte Tanzfläche mitsamt DJ-Pult. Während an Bord der 150 ein ausfahrbares Hardtop die Liege- und Sitzgruppe vor der Brücke vor den Elementen schützt, setzt die 165 auf ein konventio­nelles Bimini. Dafür bietet das zweite Großformat von Wider an dieser exponierten Stelle einen weiteren Whirlpool. Der erste befindet sich auf dem eigentlichen Sundeck, wo ihn Mast und Sonnenliegen einrahmen. Dahinter gesellen sich eine Bar, Sitzecke und Liegestühle dazu.

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Ähnlich ausgestattet präsentiert sich das Oberdeck achtern mit versteckter Grillstation und zusammenschiebbaren Tischen für bis zu acht Personen. Innen verbirgt die Skylounge hinter Wandpaneelen aus metallisch veredelter Eiche eine Pantry mit viel Raum für Besteck, einen adäquaten Weinschrank und Speisenaufzug. Zusammen mit den frei stehenden Möbeln von Bontempi und Pianca verleihen die seitlichen Glasschiebetüren dem Raum mit 2,05 Meter Deckenhöhe eine luftige Atmosphäre. Unser Weg über die vergleichsweise breiten Seitendecks führt an Backbord entlang der Kapitänskabine und der Nock auf die gläserne Brücke. Wie schon auf der Wider 150 steuerten die Experten von Team Italia das futuristische Ensemble von vier Monitoren oberhalb der Cockpitscheiben sowie sechs Displays darunter bei. Auf Knopfdruck erheben und neigen sich Letztgenannte nicht nur, jeweils zwei davon klappen auch seitlich aus und stellen den maritimen Piloten in das Zentrum des Geschehens.

Luftige Entspannung auf “Cecilia”

Bevor wir auf das außergewöhnliche Antriebskonzept von “Cecilia” eingehen, setzen wir die Tour auf dem Hauptdeck fort. Hier beträgt die Deckenhöhe Kopffreiheit-garantierende 2,20 Meter. Analog zum kleineren Pendant lädt der große Salon mit geheimer Bar ebenso lichtdurchflutet und offen gestaltet zum Entspannen ein. Aus der Decke klappt ein 65-Zoll-Bildschirm herunter, der von den drei Sofas hin zum gläsernen Esstisch gedreht werden kann. Dass in Richtung Bug neben Galley und Pantry eine Tagestoi­lette ihren angestammten Platz findet, verwundert nicht.

Überraschungen hält allerdings das weitere Hauptdeck-Layout parat. Da wäre zum einen mittschiffs die veritable Sauna mit Dusche und separater Toilette. Während hier noch auf Meerblick verzichtet werden muss, profitiert das davor an Steuerbord anschließende Gym vom herunterklappbaren Balkon. Für einen lückenlosen Übergang von innen nach außen fährt dessen Holzboden beim Öffnen aus, und die Reling klappt automatisch nach oben. Alternativ lässt sich das in den Balkon integrierte Fenster separat öffnen. Da die Technogym-Geräte wenig Platz beanspruchen, kann der eigentliche Fitnessraum dank eigenem Duschbad und ausziehbarer Schlafcouch auch zwei Gäste beherbergen.

Hohe Verarbeitungsqualität

Ebenfalls mit Balkon und variabler Couch präsentiert sich das abtrennbare Entree der Eignersuite an Backbord. Ohne Übernachtungsgäste fungiert es als Büro und TV-Lounge. Neben dem eigentlichen Schlafgemach mit vorn anschließendem, begehbarem Kleiderschrank positionierte Wider das nicht minder beeindruckende Bad. Zusätzlich zur schieren Größe, die insbesondere für eine Yacht unter 500 Gross Tons und 50 Meter Länge bemerkenswert ist, faszinieren Calacatta-Marmor und die Ausstattung mit frei stehender Badewanne aus Eiche sowie üppig dimensionierter Dusche.

Mag die unkonventionelle Raumaufteilung des vorderen Hauptdecks auf “Cecilia” trotz allen Vorteilen für Anhänger des Spec-Baus an ein Labyrinth erinnern, zeigt sich die erstklassige Qualität der verwendeten Materialien und deren Verarbeitung über jeden Zweifel erhaben. Gleiches gilt für die vier Gästekabinen im zentralen Unterdeck, von denen zwei über zusammenschiebbare Doppelbetten verfügen. Die VIPs schauen in ihren beiden Kabinen aufs Meer und genießen diesen Blick ebenso beim Duschen in den mit Bronze-Amani-Marmor veredelten Bädern. So großzügig – laut Wider sind es 25 Prozent mehr Platz – konnten die Bereiche für die Gäste und acht bis zwölf Crewmitglieder nur ausgelegt werden, da man auf einen konventionellen Motorenraum verzichtete.

Bei Bedarf unkomplizierter Akkumulatorentausch

Stattdessen installierte Wider zur effektiven Minimierung von Geräuschen und Vibrationen vier Generatoren von MAN mit variabler Geschwindigkeit in einem gemeinsamen Rahmen weit vorn im Bug. Sie erzeugen jeweils bis zu 350 Kilowatt Leistung und treiben entweder direkt die beiden Antriebsgondeln vom Typ Veth VZ 450 CR an oder laden die luftgekühlten Lithium-Polymer-Batterien des niederländischen Herstellers EST Technologies mit einer Kapazität von 44 Kilowatt die Stunde auf. Nach den bis dato sehr guten Erfahrungen mit ihren Akkumulatoren aus der ersten Generation an Bord der Wider 150 wird zwar nicht davon auszugehen sein, sie zeitnah wechseln zu müssen, doch für zukünftige Upgrades auf höhere Kapazitäten ist die 165 gerüstet. Entweder via Deckenkran und Luke an der Backbordseite des Rumpfs oder über das Helipad darüber können die Schwergewichte mit relativ geringem Aufwand ausgetauscht werden.

Doch bereits jetzt ermöglichen die Energiespeicher – etwa nachts oder tagsüber vor Anker – acht Stunden lang Hotelbetrieb, ohne dass Motoren die Ruhe stören, Vibration erzeugen oder die Luft durch Abgase irritieren. Alternativ cruist es sich sechs Stunden lang rein elektrisch mit fünf Knoten. Diesel-elektrisch mit zehn Knoten Fahrt verbrauchen die Generatoren laut Wider lediglich 84 Liter pro Stunde und ermöglichen mit 69 000 Liter Treibstoff eine transatlantische Reichweite von 5400 Meilen. Als Höchstgeschwindigkeit geben die Wider-Ingenieure 14 Knoten an. RINA würdigte gleich mehrfach die zahlreichen Maßnahmen zur Effizienzsteigerung sowie den ausgezeichneten Komfort – erstmals überhaupt mit maximaler Punktzahl.

Beachclub mit U-Boot-Becken auf “Cecilia”

Damit nicht genug, toppt die 165 ihre Vorgängerin bei einem weiteren ihrer herausragenden Features. Im Heck des voll beladen lediglich 2,30 Meter unter die Wasserlinie reichenden Alu­rumpfs wuchs der Swimmingpool auf insgesamt 14 Meter Länge. Mit drei Meter Breite und fast einem Meter Tiefe lädt das gefilterte Meerwasser nicht nur zum Schwimmen ein; je nach Kundenwunsch parken dort entweder die 9,60 Meter lange Wider 32 und ein Zweimann-Tauchboot vom Typ U-Boat Worx Hiper Sub für maximal 100 Meter Tiefe oder ein acht Meter langer Tender plus das Super Yacht Sub 3.

Dieses kompakte, vom niederländischen Triton-Konkurrenten für zwei Gäste und einen Piloten konzipierte U-Boot ist bis 300 Meter zertifiziert. Sein Gewicht von 3,8 Tonnen ist zwar vergleichsweise gering, dennoch stellte es sich bei der Konstruktion der Wider 165 als schwere Herausforderung dar. Deswegen wurde die ursprüngliche Lösung mit einer seitlichen Garage aufgegeben. Nun hievt es ein zentral nach achtern ausfahrender Kran sicher ins Meer und wieder zurück an Bord. Wer sich als Eigner partout nicht für Unterwasserexpeditionen begeis­tern will, lässt stattdessen mittschiffs vor Widers Dayboat einen Spa-Bereich einrichten. Hinzu kommen Details wie eine weitere Tagestoilette sowie Zugänge von außen und vom Hauptsalon.

Insgesamt beweist Wider mit der 165 nun schon zum zweiten Mal, wie innovativ und vielseitig eine Yacht dieser Größe ausfallen kann – ohne mit Explorerlook prahlen zu müssen. Entsprechend gerechtfertigt erscheint der aufgerufene Preis von 30 Millionen Euro. Die Vorreiterrolle bei durchdachten Aluformaten mit Hybridantrieb will die Werft aus Ancona unter der neuen Ägide von Marcello Maggi ausbauen. Der Ex-ISA-Mitbegründer und -CRN-Manager erwarb Wider im Juni gemeinsam mit zwei Investoren vom Kreuzfahrtmulti Genting Hong Kong. Die Kooperation mit der zu Genting gehörenden Lloyd-Werft – von der Weser wurde ein Mitarbeiter für die Aufsicht des „Cecilia“-Innenausbaus nach Ancona entsandt – bleibt aufrechterhalten: Zukünftig sollen Großformate ab 76 Meter in Bremerhaven entstehen. Sollte dies in den nächsten Jahren der Fall sein, würde sich Wider sicher erneut toppen in Raumnutzung und Feature-Vielfalt.


Technische Daten

  • Länge über alles: 49,56 m
  • Breite: 8,45 m
  • Tiefgang: 2,30 m
  • Verdrängung (voll): 430 t
  • Material: Aluminium
  • E-Motor: Veth VZ 450 CR
  • E-Motorleistung: 2 x 531 kW
  • Generatoren: 4 x 350 kW
  • Batteriekapazität: 544 kWh
  • Geschwindigkeit (max.): 14 kn
  • Geschwindigkeit (Reise): 11,7 kn
  • Kraftstoff: 69.000 l
  • Verbrauch @ 10 kn: 84 l/h
  • Reichweite: 5400 nm @ 10 kn
  • Brücke: Team Italia I-Bridge
  • Galley: Miele
  • Tauchboot: U-Boat Worx SYS3
  • Styling: Fulvio De Simoni
  • Interiordesign: ideaeITALIA
  • Konstruktion: Wider, Sydac
  • Klasse: RINA
  • Werft: Wider, 2018
Raumwunder: Auf der Wider 165 schlafen bis zu zwölf Gäste und elf Crewmitglieder, und es ist Platz für zwei Whirlpools und einen SalzwasserpoolRaumwunder: Auf der Wider 165 schlafen bis zu zwölf Gäste und elf Crewmitglieder, und es ist Platz für zwei Whirlpools und einen Salzwasserpool

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