Ralf Marquard
· 12.04.2013
Galia 670 MC Hardtop: ein Kajütgleiter, der auch raue und kühle Reviere nicht scheut. Wir fuhren das Boot auf der Elbe kurz vor Hamburg.
Auf knapp 7,00 m Länge ein Kajütboot zu kons-truieren, auf dem man neben abgeschlossener Nasszelle, Pantry und Dinette bis zu fünf Schlafplätze unterzubringen hat, ist schon bemerkenswert. Allerdings haben die Schlafplätze auf der Dinette unseres Testbootes Galia 670 MC die einschränkenden Maße von 1,00 m x 1,50 m, was sie zu einer Doppelkoje für Kinder macht. Ein Pärchen passt auf die Bugkoje mit 1,80 m x1,80 m, und eine erwachsene Person findet auf der 0,84 m x 2,04 m großen Mittelkoje ihren Schlafplatz.
Also ein Boot für die Familie oder auch für den Ausflug mit Angelfreunden, die sich die Nacht um die Ohren schlagen wollen. Für Badeausflüge und Tagestouren eignet sich die Galia mit der CE-Kategorie C (küstennahe Gewässer) selbstverständlich gleich gut.
Dass das Boot auch etwas für rauere Reviere ist, zeigt seine solide Verarbeitung. Die Laminatarbeiten führten die Bootsbauer – bis auf schwer zugängliche Ecken, wo der Schutzanstrich innen nicht ganz lückenlos ausfällt – sorgsam aus. Schnittkanten im Laminat entgrateten die Galia-Leute und versiegelten sie im Anschluss. „Verstärktes Laminat und Durchgangsschrauben“ steht an den Befestigungspunkten von Reling und Co. Bis auf eine Nachlässigkeit beim Holzrahmen am Fahrstand, der teilweise Risse im Lack hatte, führten auch die „Inneneinrichter“ ihre Arbeiten sorgfältig aus.
Fahren und Manövrieren
Hier setzt Galia, wie bei der gesamten Modellpalette, auf Außenborder. In der Preisliste stehen als kleinste Motorisierung 140 PS und maximale 250 PS. Wir fuhren mit der Maximalmotorisierung, einem F250 von Yamaha. Für die Verdrängerfahrt darf er höchstens 1500/min (gut 6 kn) drehen, damit der Galia-Rumpf für die Kanalfahrt keine zu große Heckwelle erzeugt. Ab und zu muss man den Geradeauskurs etwas korrigieren.
Gewichtsverlagerungen haben auf den einmal eingeschlagenen Kurs nur geringen Einfluss. Für das Manövrierverhalten im Hafen gilt: enge Wendekreise vorwärts und rückwärts eingekuppelt sowie ein direktes Umsteuerverhalten in Rückwärtsfahrt. Ergo ist Anlegen im Hafen problemlos möglich. Wer mit dem Boot Strecke machen möchte, geht in Gleitfahrt über. Hierbei hebt sich der Bug ab 1800/min an, versperrt für etwa 4 sec die Voraussicht, und die Galia erreicht um die 3900/min Gleitfahrt. Wer diesen Übergang übersichtlicher und etwas schneller haben möchte, ordert die aufpreispflichtigen Trimmklappen (bei uns installiert, jedoch funktionierten sie nicht).
Weiterer Vorteil mit Klappen: einfaches Ausgleichen von Seitenwind und ungleichmäßiger Beladung. Gute Gleitfahrt beginnt bei 4000/min mit fast 20 kn. Für wirtschaftliche Fahrt benötigt man noch 500/min mehr, und die Marschfahrt liegt damit bei 26,5 kn. Dann laufen 2,02 l/sm durch die Spritleitung, und der 200-l-Tank abzüglich 15 % Reserve reicht für akzeptable 84 sm. Vollgaspiloten gleiten mit gut 36 kn übers Wasser und kommen bei 2,54 l/sm noch 67 sm weit.
Unser Testrevier, die Elbe, zeigte sich am Fahrtag mit viel Nebel und wenig Berufsverkehr. Heißt, weder Wind noch Schiffe, die Wellen erzeugen. Uns stand nur die eigene Heckwelle zur Verfügung, mit der der Rumpf nicht das geringste Prob-lem hatte. Schnelle Manöver, wie Kreiselfahrt, Slalom oder Verreißen der Lenkung, fährt die Galia sicher und weich. Gesteuert wird dabei von einem fest gepolsterten Sitz im Führerhaus oder stehend am Außenfahrstand (Extra). Bei Letzterem schaut der Fahrer zwischen Kajütdach und Gerätebügel. Unter Deck sitzend, blickt er durch eine Sicherheitsglasscheibe in stabilen Streben. Manko: Aufgrund ihrer großen Breite schränken die Streben die Sicht ein. Bei Regen sorgen zwei Scheibenwischer für einen ungetrübten Blick. Instrumentensicht? An beiden Fahrständen perfekt. Die Verbraucher schaltet man über leicht zu bedienende Wippschalter.
Motor, Tank, Elektrik und Sicherheit
Versorgt werden Verbraucher und Motor über zwei gut dimensionierte 100-Ah-Batterien. Drei Hauptschalter (1 x je Batterie und 1 x Zusammenschalten) befinden sich gut erreichbar an der Salonsitzecke. An die entsprechenden Sicherungen kommt man nur unpraktisch heran, da vorher eine Platte abgeschraubt werden muss (mit Schraubendreher).
Die Tankanlage besteht aus stabilem Alutank, gekennzeichnetem und gesichertem Deckel, fest verschraubten oder verpressten Spritleitungen und Filterpatrone. Letztere sitzt jedoch ebenfalls hinter einer Abdeckung, die man nur mit Werkzeug entfernen kann.
Wer nach Öl schauen oder kleinere Arbeiten am Außenborder durchführen möchte, erledigt das von den rutschfesten Plattformen links und rechts neben dem Motor. Die Leitungen und Züge vom Außenborder zum Borddurchlass in der Wanne verlegten die Techniker in Flex-Schlauch. Zur serienmäßigen Installation zählen zwei elektrische Bilgenpumpen.
Die zum BOOTE-Standard gehörende Handlenzpumpe und der Feuerlöscher waren dagegen nicht an Bord. Festen Halt und Tritt garantieren auf der Galia 670 reichlich Haltegriffe, Bugreling und wirksame Antislipstrukturen. Aufs Vordeck gelangt man sicher über den Mitteldurchgang vom Unter-Deck-Bereich mit Klappleiter. Eine weitere Leiter sitzt am Heck des Bootes, sie lässt sich auch vom Wasser aus passabel bedienen.
Wohnen und Ausrüstung
Polster von Kojen und Sitzecke haben eine gute Festigkeit, sind jedoch nicht unterlüftet. Um in die Unterflurkoje zu krabbeln, ist Geschick erforderlich, da der Eingangsbereich (hinter der Eingangstreppe zum Schieben) und die Kopffreiheit gering ausfallen. Stauraum bietet die Galia insgesamt passend. Im Cockpitbereich steht eine Sitzbank mit bequemem Polster und hoher Lehne. Nasszelle und Pantry auf unserer Test-Galia sind Kompromisse, erfüllen ihre Aufgaben aber passabel.
Wer anstatt der Handpumpe am WC eine elektrische möchte, zahlt Aufpreis. Gleiches gilt für Druckwasseranlage mit Spüle, Kühlschrank, Spirituskocher, Heizung, Ankerwinsch, Absperrhahn, Navigationsinstrumente, Radio, Landanschluss, Signalhorn, Angelrutenhalter und Bugbadeleiter. Serienmäßig bekommt der Kunde sechs solide Klampen, 1 x Zugöse vorn, Positionslaternen (Toplicht ohne Zulassung) und Schiebedach.
Werft: Galia Boats
Typbezeichnung: Galia MC 670
CE-Kategorie: C - Küstennahe Gewässer
Länge: 6,82 m
Breite: 2,51 m
Verdrängung: 2,41 t
Preis: 55.540,00 €