TestBavaria SR 36

Torsten Moench

 · 25.05.2022

Test: Bavaria SR 36Foto: Julian Fietze

Linienschiff: Mit der 36er erweitert Bavaria seine neue SR-Linie nach unten. Sportlich und komfortabel soll sie sein. Wir testeten das Boot auf der Ostsee

Glaubt man der Werftreklame, vereint Bavarias neue SR-Linie das Beste zweier Welten: die Sportlichkeit der S-Linie mit dem Touren­komfort der R-Linie. So gesehen soll die SR 36, um die es in diesem Test geht, die ideale Kombination für Freunde sogenannter Sportcruiser sein. Die Linienführung der SR 36 stammt aus der Hand des italienischen Designers Marco Casali, für die technische Umsetzung zeichnet Bavaria-Entwicklungschef Norbert Leifeld verantwortlich. Nach den Mainstream-Entwürfen vergangener Produktionsjahrgänge kommt die Bavaria SR 36 erfrischend modern daher. Großzügige Raumaufteilung, üppige Fensterflächen und ein für diese Bootsgröße enormes Platzangebot im Cockpit machen Lust auf mehr. Besonders hervorzuheben ist das bereits vom größeren Schwesterschiff SR 41 bekannte wandelbare Konzept der Hecksitzgruppe. Sie ist im wahrsten Sinne des Wortes multifunktional und bietet dem Eigner nicht weniger als fünf verschiedene Nutzungsmöglichkeiten: Stauraum, Liegefläche, Sitzgruppe mit Blick nach vorn, Sitzgruppe mit Blick nach achtern oder Essbereich an der Badeplattform. Chapeau! Das muss man konstruktiv erst einmal umsetzen.

Kombiniert mit dem großen elektrisch betriebenen Schiebedach wird aus der Hardtop-Version im Handumdrehen ein nahezu offenes Sportboot. Weiter vorn im Cockpit findet man eine zweite Sitzgruppe sowie die Pantry mit Zweiflammenkocher, Grill, Waschbecken, 80-l-Kühlschrank und Tiefkühler. Direkt vor der Pantry ist der Fahrstand angeordnet, an dem zwei Simrad-Multifunktionsdisplays, wahlweise mit 9 oder 12 Zoll großen Touchscreen-Bildschirmen, den Ton angeben. Auf ihnen sind alle Motor- oder Navigationsdaten jederzeit abzulesen sowie per Fingertippen allerlei technische Gimmicks einzustellen. Geschaltet und gelenkt wird traditionell per griffigem Dreispeichen-Sportlenkrad und Volvos bekannter ECV-II-Schaltung. Wer die Joystick-Steuerung für bummelige 16,5 Kilo-Euro dazu bestellt, findet den „Spaßknüppel“ gut angeordnet direkt vor den elektrisch arbeitenden Schalthebeln.


Das Boot

  • Werft: Bavaria Yachts/D
  • Typ: SR 36 Hardtop
  • CE-Kategorie: B/8 Personen; C/10
  • Rumpf und Deck: Kunststoff
  • Länge über alles: 12,28 m
  • Breite: 3,85 m
  • Verdrängung (mit Motoren): 8.600 kg
  • Tiefgang: 0,95 m
  • Durchfahrtshöhe: 3,40 m
  • Kraftstofftank: 1x 500 l
  • Wassertank: 250 l
  • Fäkalientank: 70 l + 120 l
  • Kabinen: 2
  • Kojen: 4 + 1
  • Kojenabmessungen: Bug 1,98 m x 1,37 m; Mittelkabine 2x 2,00 m x 0,80 m
  • Stehhöhe/Sitzhöhe: Bugkabine 1,97 m; Mittelkabine 1,95/1,09 m; WC-Raum 1,90m; Salon 1,98 m,
  • Cockpitgröße (überdacht): 2,03 m x 2,65 m,
  • Breite Seitendeck: 0,32 m
  • Höhe Reling: 0,65 m
  • Sonnenliege: Heck 2,14 m x 1,11 m; Vordeck 2,05 m x 1,92 m,
  • Freibord: ca. 1,53 m
  • Seitenhöhe Cockpit innen: 0,80 m
  • Testgewicht: etwa 9.000 kg
  • mögl. Motorisierung: Innenborder 2x 221 –261 kW (300–355 PS)
  • Testmotorisierung: Volvo Penta D 4 300 2x (221 kW) 300PS
  • Preis (Standardboot): ab 279.500 €
  • Preis (Testboot): ca. 519.000 €
  • Hersteller: www.bavariayachts.com

Insgesamt lassen die Instrumentierung und die Schalteranordnung am Fahrstand der SR 36 kaum Wünsche offen. Einzig das versteckt unter der Schaltkonsole angebrachte Simrad-UKW-Funkgerät hätte aus unserer Sicht einen besseren Platz verdient. Fast vergessen: Für die Traditionalisten unter uns montiert die Werft einen 7-cm-Kompass direkt oberhalb der Multifunktionsanzeigen. Gesessen wird am Fahrstand auf einer knapp 80 cm breiten Sitzbank, deren Polsterung gut, der Seitenhalt dagegen eher mager ausfällt. Beifahrer finden ihr „Plätzchen“ an der Backbordseite vor dem Niedergang. Die weit nach vorn geneigte Windschutzscheibe besteht aus Sicherheitsglas, wird durch Defrosterdüsen beschlagfrei gehalten und von zwei Parallelwischern inklusive Waschanlage von Regen oder Spritzwasser gereinigt. „Vorbildlich“, vermerkt dazu das Testprotokoll. Folgt man den vier Stufen des Niedergangs, gelangt man in den Salon mit Sitzgruppe und kleiner Navi-Ecke. Mit rund 1,96 m Stehhöhe ist das Raumgefühl gut, für Licht und Luft sorgen sowohl seitliche als auch Dachfenster. Von hier aus erreicht man die Mittelkabine, Dusche mit WC sowie die geräumige Bugkabine mit Doppelbett (1,4 m x 2 m, 12 cm dicke Polster) und ausreichend Stauräumen. Auch im Bugbereich sorgen ein Fluchtluk im Dach, große Seitenfenster und helle Bezugsstoffe für eine freundliche Atmosphäre. Im Bad sind Duschkabine (60 x 60 cm) und Waschbecken per Glastür voneinander getrennt. Mit 1,9 m Stehhöhe geht es nur geringfügig enger zu als im Salon. Die Mittelkabine bietet zwei Einzelbetten, die sich bei Bedarf zu einem großen Bett (2 x 1,6 m) zusammenschieben lassen, sowie ein Sofa und ausreichend Schränke. Mit Stehhöhen zwischen 1,95 m im Eingangsbereich und 1,09 m über den Betten geht es hier etwas enger zu. Im Großen und Ganzen lässt sich sagen, dass man auf der Bavaria SR 36 bequem mit 4 Personen einen längeren Urlaubstörn verbringen kann. Aufgrund der pfiffigen Raumaufteilung bleibt die Privatsphäre gewahrt.

Im Salon sorgt eine sehr gute Stehhöhe von über 1,9 Metern, viele Fenster in Rumpf und Decken sowie helle Bezugsstoffe für eine angenehme AtmosphäreFoto: Julian Fietze
Im Salon sorgt eine sehr gute Stehhöhe von über 1,9 Metern, viele Fenster in Rumpf und Decken sowie helle Bezugsstoffe für eine angenehme Atmosphäre

Kommen wir zum Fahren. Wir verlassen bei strahlendem Sonnenschein und rund 13 Grad die Ancora Marina in Neustadt. Das Manövrieren gelingt dank Doppelmotorisierung, Joystick-Steuerung plus zusätzlichem Bugstrahlruder auch auf engstem Raum problemlos. Selbst klassisch gesteuert, also nur mit den Maschinen und dem Ruder, reagiert das Boot unmittelbar und lässt sich dort hin dirigieren, wo es hinsoll. Bei rund 1.000 U/min bewegen die beiden Volvo-D4-300-Diesel in Kombination mit den Duoprop-Z-Antrieben die SR 36 mit rund 5 kn durchs Wasser. 500 U/min mehr Drehzahl, und wir erreichen mit 8 kn die gute Verdränger- oder Kanalfahrt, bei der die Reich­weite etwa 200 sm zuzüglich 15 % Reserve beträgt. Kursstabilität und Wellenbildung sind gut. Die Lautstärke von 71 dB(A) ist ebenfalls ein guter Wert. Das ändert sich allerdings bei rund 2.500 U/min, kurz unterhalb der Gleitgrenze. Bei dieser Drehzahl, die einer Geschwindigkeit von rund 15 kn entspricht, vernehmen wir Vibrationen im Schiff, die die Lautstärke auf 80 dB (A) ansteigen lassen. Dies ist auch den Entwicklern bekannt und soll bei den Serienbooten (wir fahren Baunummer 1) noch abgestellt werden. Beschleunigt man weiter, hebt sich der Bug spürbar an, und das Boot kommt in Gleitfahrt. Gute, weil ökonomische Gleitfahrt erreichen wir bei etwa 3.000 U/min. Mit 23 kn unterwegs, pendelt sich der Kraftstoffverbrauch auf 3,65 l/sm ein, was einer Reichweite von 116 sm (plus Reserve) entspricht. Für uns zu wenig. Ein Tourenboot wie die Bavaria SR 36 verdient einen größeren Tank als die installierte 500-l-Ausführung. Lassen wir die D4 unter Volllast laufen, wird die empfohlene Nenndrehzahl von 3.500 U/min erreicht, und die SR 36 bewegt sich mit ansehnlichen 30 kn bei leicht bewegter See durchs Wasser. Die bei dieser Geschwindigkeit gefahrenen Manöver wie Slalom, das Verreißen der Lenkung oder Vollkreise absolviert die SR 36 tadellos. Der mit 18 Grad aufgekimmte Rumpf legt sich jedoch in Backbordkurven weit auf die Seite, sodass das Dach ins Sichtfeld des Fahrers gerät und ihm der Ausblick nach links verwehrt wird.

In Sachen Verarbeitung und Ausstattung gab es bei älteren Bavaria-Booten immer mal wieder Diskussionen zwischen Käufern, Händlern und der Werft. Was wir auf unserem Testboot in puncto Verarbeitung vorfinden, kann sich jedoch sehen lassen. Hier spielt die Werft inzwischen auf Augenhöhe mit den Großen der Zunft. Für die Serienausstattung gilt das leider nicht. Wer bei einem Grundpreis von bummeligen 280.000 Euro (Testboot 519.000 Euro) für notwendige Dinge wie beispielsweise einen Anker, Fender und Leinen Aufpreis bezahlen soll, hat sicher noch Redebedarf.

Fazit

Die Bavaria SR 36 ist ein deutlicher Schritt nach vorn. Sowohl die Verarbeitung als auch die Fahreigenschaften sind gut. Mit der von uns gefahrenen Minimalmotorisierung (2x 300 PS) ist sie flott, aber nicht sportlich unterwegs. Der Wohnraum ist für zwei Paare oder eine Familie mit Kindern gut aufgeteilt.

Noch mehr Informationen? Den Test der Bavaria SR 36 finden Sie mit weiteren Bildern, Messergebnissen und voller Bewertung in BOOTE-Ausgabe 06/2022 – seit dem 18. Mai 2022 am Kiosk oder online direkt im Delius-Klasing-Shop.