Peter Laessig
· 07.03.2017
Beneteau Flyer 8.8 Sundeck: Das Flaggschiff aus der Flyer-Serie gibt es wie die kleineren Modelle in mehreren Versionen – mit Kabine oder nur mit vorn offenem Spacedeck. Getestet in Ausgabe 08/16.
Die französische Bénéteau-Werft ergänzt ihre Sportbootflotte um die großen Flyer-Modelle. Es gibt sie bereits als Flyer 5, 6 und 7 in unterschiedlichen Versionen, was den Aus- und Aufbau vor dem Steuerstand betrifft. Alle Flyer verfügen über den gleichen Rumpf, den "Air-Step-Hull".
Während der Fahrt wird Luft unter den Bootsboden geleitet
Dadurch gleitet das Boot auf einem Art Luft-Wasser-Teppich, was nach Angaben der Werft Sprit spart und die Fahreigenschaften verbessert.
Bei der Raumaufteilung außen glänzt das Testboot mit großer Sonnenliege vorn und dem variabel gestaltbaren Cockpit mit Sitz- und Liegegelegenheiten. Wer die knapp 3 m breite 8.8 trailern will, sollte sie transportieren lassen.
Bei der Motorisierung bestimmen ein oder zwei Außenborder, wie schnell man vorankommt; erlaubt sind maximal 500 PS
Fliegen und Landen
Zwei Motoren vereinfachen An- und Ablegemanöver. Wenn ein Getriebe vorwärts und das andere rückwärts eingekuppelt ist, lässt sich das Boot fast auf der Stelle drehen. Mit beiden Schalthebeln auf vorwärts oder zurück durchmisst ein Vollkreis etwa 1 ¼ Bootslängen.
Den Geradeauslauf bestimmen synchron laufende Motoren, ansonsten hilft bei längeren Rückwärtsfahrten und Seitenwind das Bugstrahlruder (Extra) dabei, den Kurs zu halten.
Im Hafen lassen wir beide Motoren maximal 1000 U/min drehen, nach der Ausfahrt 500 U/min mehr, damit die vom Boot erzeugten Wellen nicht stören. Der Übergang von Verdränger- in Gleitfahrt ist kurz, und abgesehen von den Reflexionen in der Kunststoff-Windschutzscheibe und ihrem im Blickfeld liegenden Rohrrahmen wird die Sicht nach vorn durch nichts behindert.
Die kleinste Gleitfahrt liegt bei 16 kn, als Höchstgeschwindigkeit messen wir 42 kn. Nach Auswertung der Messdaten, wobei wir auf die Werftdaten zurückgreifen, fährt unser Testboot bei einem Tempo von 23 kn in schneller Gleitfahrt wirtschaftlich.
Das Standarttankvolumen beträgt 400 l; gegen Aufpreis kann man 200 l mehr bunkern. In unserem Fall sind die 400 l bzw. 600 l Benzin (die Werte für den größeren Tank stehen in Klammern) in langsamer Fahrt für einen theoretischen Aktionsradius von 131 sm (197 sm) plus 15 % Reserve gut; bei wirtschaftlicher Fahrweise sind es 129 sm (194 sm) und bei Vollgas 83 sm (125 sm) plus Reserven.
Nur mit 600 l Tankladung erfüllt das Testboot also unsere Mindestreichweitenforderungen plus Reserve – das bedeutet Abwertung für den Standardtank.
Extremmanöver wie Slalomfahrten, Manöver des letzten Augenblicks oder Verreißen des Ruders sind auf die Schnelle nicht machbar, weil die Steuerung schwergängig ist und mehr als sieben Umdrehungen von einer zur anderen Seite benötigt.
Man braucht beide Hände, muss dabei aber die Fahrhebel loslassen und verliert damit die Kontrolle über die Motoren – die Werft will über eine andere Steuerung nachdenken! Schafft man es, gegen den Widerstand schnell genug zu kurbeln, fährt das Boot bei den 180°- Wenden dank Air-Step-Hull und Luftteppich Kurven von zwei bis drei Bootslängen Durchmesser, ohne zu schaukeln oder dass der Rumpf einhakt.
Beträgt der Kurvendurchmesser weniger als vier Bootslängen, beginnen die Propeller zu ventilieren, wofür die Rumpfkonstruktion plus die Montagehöhe der Motoren verantwortlich zeichnen. Bei Rauwasser und Wellen bestimmen beim Testboot letztlich Höhe und Abstand der Wellen, ob man volle Kanne darüber hinwegfährt oder die Fahrt reduziert. Hebt man einmal ab, landet man spürbar, aber dennoch sicher.
Motor, Tank, Elektrik
Unser Testboot ist mit zweimal 250 PS starken Suzuki-Motoren maximal bestückt. Fäkalientank, Batterien, Hauptschalter und 230-V-Sicherung finden sich akzeptabel erreichbar unter den äußeren Cockpitbodenklappen. Der Kraftstofftank samt Vorfilter ist in der Bootsmitte vom Stauraum abgetrennt, aber von oben durch Serviceluken zugänglich.
Die Vorfilter sind mit Schaugläsern und Ablasshähnen versehen, allerdings fehlen Wasseralarmsensoren. An die Kraftstoffhähne gelangt man durch einen Servicedeckel in der Motorwanne. Die gut erreichbaren Sicherungen verbergen sich hinter einer Klappe in der Unterflurkabine.
Sicherheit
Im Notfall bringt man das Testboot auch mit einem Motor ins Gleiten! Die Betätigung der Badeleiter an Backbord, unter dem Deckel der angesetzten Badeplattform, erscheint vom Wasser aus etwas umständlich.
Zumindest ist ein großer Haltegriff vorhanden. Auf dem Vordeck was im Fond eher möglich ist als auf dem Beifahrersitz. Der Co muss entweder hinter sich greifen oder sich nach vorn beugen – beides ist nicht optimal.
Hinzu kommt, dass wir die Sitzfläche der Fahrer-Beifahrer-Sitzbank zu kurz geraten finden; der Mechanismus, mit dem man einen Teil davon hochklappen kann, kneift wegen des zu weichen Polsters im Oberschenkel. Dafür stimmt der Seitenhalt.
Die Windschutzscheibe ist einen Tick zu dunkel getönt, und einen Scheibenwischer gibt es nicht, da dieser das Material zerkratzen würde.
Wohnen, Cockpit und Ausrüstung
Beim Abstieg in den Wohnbereich heißt es Augen auf, um auf den schmalen Stufen keinen Fehltritt zu machen. Die Stehhöhen in der Kabine und dem separaten Toilettenraum sind der Bauform geschuldet. Licht und Luft gelangen durch Fenster, Fluchtluke und Bullaugen hinein.
Die Sitzgruppe lässt sich in eine Liege für zwei Personen umwandeln, indem der Tisch abgesenkt, das Einlegepolster eingefügt und ein Querbrett samt Polster befestigt wird. Die Unterflurkabine verfügt über zwei weitere Kojen; was die Höhe angeht, ist das Raumangebot hier allerdings beschränkt. Wer hinten liegt, muss dabei über den Vordermann steigen, wenn er rein- oder rauswill.
Das Bodenstaufach miteingerechnet, besteht in der Kabine – wie auch sonst auf dem Boot – an Stauraum kein Mangel. Zwischen Bug- und Unterflurkabine dient ein Möbel mit eingebautem Kühlschrank als Ablage und bietet weiteren Stauraum.
Eine Mini-Pantry mit Spüle und Gaskocher ist im Cockpit untergebracht. Das Bad verfügt neben dem Spülbecken mit Duscharmatur noch über ein Pump-WC. Die in Deutschland zugelassenen Navigationslampen sowie Verdeck und Plane kosten extra, was zur Abwertung führt. Der Kompass gehört zur Serienausstattung, das Echolot ist Teil des Elektronikpakets; beides kostet extra.
Was die Ausrüstung betrifft, ist das Boot fahrfertig ausgestattet. Die Werft bietet eine Vorinstallation an, das Pre-Rigging von Motorinstrumenten, Schaltung und Elektrik; der Händler muss dann nur noch den oder die Motoren am Heck verbolzen. Was sonst noch alles dem Komfort dient, findet man auf der Zubehörliste – eine Scheuerleiste, die ihren Namen verdient, fehlt dabei allerdings.
Werft: Bénéteau
Typbezeichnung: Beneteau Flyer 8.8 Sundeck
CE-Kategorie: B - Außerhalb von Küstengewässern
Material von Rumpf und Deck: Kunststoff
Länge: 9,00 m
Breite: 2,97 m
Verdrängung: 2,46 t
Preis: 106.258,00 €