Auf 50 Metern passiert so einiges, der Antrieb könnte modernsten Standards entsprechen, das Unterhaltungsangebot für die Gäste den Rahmen sprengen. Zudem böten sich für das Layout beachtliche Freiheiten, wobei auf Customs dieser Länge vor allem das Interieur in den Fokus rückt, mit sehr individuellem Design, manchmal gar eklektisch. Die Custom Line 50 hat das meiste davon nicht nötig, das neue Flaggschiff der Marke bekommt allein dank des Materials (erstmals Alu statt GFK) sowie der Beletage für die Eigner viel Aufmerksamkeit.
Die 9,60 Meter breite Konstruktion von Ferrettis Superyacht-Division gibt sich außen klassisch, wobei die Linien auch „Dynamik und Stärke und einen sportlichen Charakter zeigen “, wie Designer Filippo Salvetti erklärt. Auch unter seiner Ägide wurde das Ruderhaus erhöht auf das Hauptdeck gesetzt, hinzu kommt die Idee mit der Eigneretage. „Das ganze Layout ist um die Suite auf dem vorderen Oberdeck kreiert“, so Salvetti.
Innen zeigt die 50 zeitlose, aber dafür große Klasse. Wenn es um Yachteinrichtungen geht, ist der Ansatz von Antonio Citterio und Patricia Viel klar und fast pragmatisch, es geht um die Liebe zum Meer, basta. „Wir versuchen nicht, ein Luxus-Apartment auf See zu kreieren“, sagt Viel, „eine Yacht ist ein Raum, der auf dem Wasser funktionieren muss.“
Die nautische Tradition zeigt sich auf der Baunummer eins überall: an den abgerundeten Linien der Möbel, den typischen Hölzern wie Walnuss und Teak, den feinen Oberflächen und nicht zuletzt der bewährten Form der Fenster und Türrahmen – all das zeitgenössisch interpretiert. Für den Neuzugang ging das Studio-Team den notwendigen Schritt weiter, setzte auf „Entmaterialisierung“, auf bodentiefe Glas- und verspiegelte Oberflächen, um Räume mit maximaler Transparenz und einer Verschmelzung mit der Umgebung, „dem Wasser und dem Licht“, zu schaffen.
So ist der Salon auf dem Hauptdeck ein lichtdurchfluteter Glaskasten mit zum Heck hin abgerundeten Ecken. Dieses Prinzip trieb das kreative Citterio/Viel-Duo für die Eignersuite auf der Etage darüber sehr elegant auf die Spitze. Auch hier dominieren riesige Glasfronten und reflektierende Wände, die ganz nebenbei die Struktur und Technik dahinter verbergen. Das Areal setzt dem Fokus auf Geselligkeit einen absolut privaten Ort entgegen. An das loftartige Apartment schließt sich eine Bugterrasse an, ohne umlaufende Seitendecks und somit abgeschirmt von den Blicken der Gäste.
Die Suite führte das Projekt auch bei der Einrichtung an, bei Komposition und Stil. So setzte das Duo das Bett mit halbhohem Kopfteil mitten in die Suite, sodass der Eindruck entsteht, es würde „frei im Raum schweben“. Dabei ging es Citterio und Viel um die Perspektive, die die Bewohner einnehmen und darum, die Räume optisch zu weiten. Der Bereich vor dem Bett öffnet sich durch die Fensterfront auf die Terrasse und auf die Natur.
„Wir wollten die Sichtachsen betonen“, erklärt Viel, „zwischen innen und außen, aber auch zwischen den Bereichen.“ So gibt es in der Suite keine strikte Trennung von Vorflur, Ankleide und Schlafbereich. Da sich die Custom Line 50 an erfahrene Eigner richtet, die viel Zeit auf See verbringen, entschied sich Patricia Viel für Farben, die sich über große Flächen ziehen lassen und damit für neutrale und ruhige Töne, „die einen eher klassischen Look“ evozieren.
Auch die Materialien bleiben natürlich und ohne Farbschichten, allen voran das fein verarbeitete Walnussholz. Dazu passt der Naturstein in neutralen, hellen Schattierungen sowie Leder mit Ton-in-Ton-Nähten, was sich etwa auf den Kopfteilen der Gästebetten auf dem Unterdeck zeigt. „Bei der Gestaltung der Innenräume achteten wir auf raffinierte Details, die einen hohen Qualitätseindruck vermitteln“, führt Viel weiter aus.
Diese Sorgfalt betreffe auch das dreidimensionale Finish der Oberflächen, so kehrt das gerippte Profil in verschiedenen Ausprägungen wieder, vor allem bei den Nussbaumverkleidungen. An Bord verzichten nicht nur Interieur und Layout auf Überraschungen. Auch die übrige Ausstattung des 445-Tonners bleibt im Rahmen.
Ein Highlight für die zwölf Gäste dürfte der quer eingesetzte Pool auf dem 110 Quadratmeter großen Cockpit sein. Das Tagesgeschehen spielt sich alternativ auf dem Sonnendeck inklusive Jacuzzi ab, eine Lounge mit zwei Tischen plus Erweiterung lädt zum Essen ein. Den Antrieb erledigen zwei Caterpillar-Aggregate mit jeweils 1081 Kilowatt, die die Yacht auf bis zu 16 Knoten anschieben. Die Reichweite bei zehn Knoten Fahrt liegt, auch dank 55.000-Liter-Tank, bei stattlichen 4.000 Seemeilen. Gute Reise, Custom Line 50!