Britisches Understatement sieht anders aus. Pearl Yachts kündigt die gut 25 Meter mit fünf Suiten damit an, dass diese das Yachtdesign im 80-Fuß-Segment neu definieren werden. Kaum weniger bescheiden rühmt sich die Pearl 82 als „kompakteste Superyacht auf dem Markt“. Mit großem Auftritt gab sie ihr US-Debut auf der Fort Lauderdale International Boatshow (FLIBS) und damit einen wichtigen Hinweis.
Iain Smallridge, Direktor und Mitbegründer von Pearl Yachts, sagt: „Die Vorstellung der Pearl 82 und der gesamten Flotte auf der FLIBS steht für unsere strategische Expansion auf dem amerikanischen Markt.“ Noch ein Meilenstein in der über 25-jährigen Werftgeschichte.
Ein so forscher Auftritt kommt mit Rückendeckung, die 82 füllt nicht einfach so die Lücke zwischen der 72 und der 95. In diesem Fall stieß die Pearl-Produktentwicklung für die 82 einen kompletten Neustart an, der Auftrag ging erneut an das Studio von Bill Dixon, das sich zunächst den Rumpf vornehmen sollte. Schließlich schnappte sich Konstrukteur Simon Coles die Skizzen des Chefs und baute in sechsmonatiger Feinarbeit das Gerüst für die Pearl 82 auf.
Beim Zeichnen blieb es nicht, zum ersten Mal in der Pearl-Geschichte kamen umfangreiche CFD-Analysen zur Optimierung zum Einsatz. „Danach begann ich mit dem Styling“, bemerkt Simon Coles und bestätigt damit auch die Verantwortung für die Linienführung des innovativen Raised Pilothouse (RPH)-Design.
Die 82 trumpft mit einem weiteren Layout-Pfund auf, und zwar mit einer privaten Vorpiek-Terrasse für die Eigner. Sie liegt nur wenige Schritte von der Sonnenliege auf dem Vordeck entfernt. Neu ist noch etwas: Vom Bugbereich aus führt an der Backbordseite ein Weg direkt zur Flybridge, und zwar über eine Pantographtür. Steuerbords geht es über das Laufdeck nach achtern ins Cockpit.
Zu der Eignersuite kommen noch vier, über die vergleichsweise großen Rumpffenster schön hellen Gästekabinen sowie Crew-Unterkünfte für vier Personen - und eine Garage, die groß genug ist, um einen 395er Tender, Jetski und weiteres Wasserspielzeug unterzubringen.
Gern zeigt der Yachtdesigner sein fertiges Werk zur Weltpremiere im Hafen von Cannes und lädt auf eine Probefahrt ein. Die Baunummer eins wurde für einen deutschen Eigner gefertigt, der die Modellvariante Riviera gewählt hat und damit eine große Polsterliege auf dem hinteren Achterdeck. Die Veranda-Option bietet hier flexible Sitzgelegenheiten, auch mit Esstisch. In beiden Fällen erweitern klappbare Schanzkleider das Cockpit und öffnen es zum Meer hin.
Als die MAN V12-Motoren anfangen zu blubbern, verweist Simon Coles auf ein weiteres Merkmal, das die 82 von den vorherigen Modellen unterscheidet und diverse Vorteile bringt, zum Beispiel einen geringeren Geräuschpegel: „Die Abgase werden unter Wasser ausgestoßen.“ Schnell beschleunigt die Yacht auf sieben und dann acht Knoten (700 Umdrehungen) und zeigt dabei einen Verbrauch von zwölf Litern je Aggregat.
Weiter geht es mit zehn und schließlich 12,3 Knoten (1250 U), was den Verbrauch auf 80 Liter erhöht. Simon Coles nickt zufrieden, die Werte passen. „Nur hier und da 0,5 Prozent Abweichung zu den Daten aus der CFD-Simulation“, bemerkt er. Selbst das Gewicht der Yacht stimme mit den vorherigen Berechnungen überein: 78,4 Tonnen.
Mittlerweile rauscht die Pearl 82 mit 16,4 Knoten (1.750 Umdrehungen, 227 Liter) durch das Mittelmeer und schießt schließlich mit maximal 25,7 Knoten über die Bucht, was die Angaben auf 2.200 Umdrehungen und 386 Liter erhöht. Die beiden 1.491-Kilowatt-Pakete – die stärksten unter den drei möglichen Optionen - hatten bei Testfahrten der Werft auch schon die 30-Knoten-Marke gesprengt. Doch mit zu 80 Prozent vollen Treibstoff- und Wassertanks, ordentlich Bewuchs unterm Bauch sowie 16 Gästen an Bord schafft die Perle bei diesem Ausflug eben „nur“ knapp 26 Knoten.
Dabei liegt die 82 ziemlich ruhig, die neuen, gekrümmten Flossenstabilisatoren von Sleipner leisten ganze Arbeit. „Wir sind damit nur rund ein Knoten langsamer als ohne“, erklärt Coles, „die früher verwendeten Stabilisatoren haben etwa zwei Knoten gebremst“. Optional verbaut Pearl Kreiselstabilisatoren.
Was auffällt, ist etwas, das nicht (mehr) da ist. An den Aufbauten klappert nichts, kein Quietschen rund um das Hardtop, dessen variable Lamellen mal mehr, mal weniger Sonne auf Lounge und Speiseplatz der Flybridge schicken. „Die Bauqualität hat sich enorm verbessert“, sagt Simon Coles zufrieden. Sauber installierte LED-Streifen laufen unterhalb der Reling und durch die Schanz.
Das Interieurdesign von Salon und Suiten hat Kelly Hoppen übernommen. Drei Basiskonzepte, so genannte Moods, stehen zur Wahl. Der Eigner der Nummer eins hat sich für „Indulgence“ entschieden und damit für einen Mix aus Grau- und Brauntönen, viel Leder – etwa für Sitzmöbel und Masterbettrahmen – sowie glänzende Bartops und Tischplatten. Weitere Varianten heißen „Modern“ und „Luxury“, sie punkten mit eher klassischen Kontrasten oder frischeren Farbkonzepten.
Mit der 82 kann Pearl optimistisch nach vorne schauen, bis Ende April 2025 waren acht Stück verkauft. Das hätte Margaret Whittaker sicher gefallen. Die Investorin und Miteigentümerin der Marke ist Anfang dieses Jahres verstorben. 2003, fünf Jahre nach der Gründung im Jahr 1998, war sie mit ihrem Mann Tony in das Unternehmen eingestiegen und hat die Entwicklung der kleinen, aber feinen Flybridge-Yachten mitbestimmt.