Zu den bekanntesten Projekten der letzten Jahre zählen die 110-Meter- „Kaos“, die 109 Meter lange „Bravo Eugenia“ und die zwei Gigasegler „Koru“ (125m) und „Black Pearl“ (107m). Gabe Newell, in der Gamerszene auch unter dem Spitznamen „GabeN“ bekannt, tritt laut Werftangaben nicht als reiner Finanzinvestor auf. „Gabe Newell kommt nicht als Finanzier oder Stratege in die Welt der Superyachten, sondern als praktischer Visionär, der das Meer, unser Handwerk und vor allem die Menschen respektiert, die den Bau dieser schwimmenden Unikate möglich machen“, heißt es in einer Erklärung der Werft. Die Auftragslage der Werft ist gut, wie unser Werftreport zeigt.
Einen Großteil der handwerklichen Arbeiten auslagern, diese Strategie fährt Oceanco nahe Rotterdam. Man verlegt sich auf Management, Planung und pflegt große Nähe zu den vielen Partnerbetrieben, den „Co-Makers“. CEO Marcel Onkenhout betont die soziale Komponente: „Den Bau einer Yacht macht zu 70 bis 80 Prozent menschliche Arbeit aus, und wir gehen mit unseren Partnern eine enge, bis zu fünfjährige Beziehung ein.“ Oder kürzer. Denn Oceancos Refit-Aufträge, die ausschließlich am 2019 erworbenen Standort in Zwijndrecht bearbeitet werden, nehmen zu. Dem „Life Cycle Support“ widmet man sich in der 204 Meter langen und 38 Meter hohen Halle, in der aktuell die zehn Jahre alte „Tranquility“ hinter einem hohen Gerüst steht. Mittenmang wird in einem kleinen Zelt Duplex-Stahl für Rumpföffnungen geschweißt.
In Zwijndrecht entstehen auch Kaskos, derzeit für die erste Einheit aus dem „Simply Custom“-Kosmos. Darin können Kunden aus Exterieurs von 28 Designern wählen, die auf einer vorkonstruierten 80-Meter-Plattform basieren. Espen Øinos „Clarity“ überzeugte einen Eigner, der etwa neun Monate Bauzeit und einiges an Kosten gegenüber einem Full-Custom-Projekt einspart. Der fertige Metallkörper wird über die Oude Maas ins gut fünf Seemeilen entfernte Alblasserdam geschleppt, wo Oceanco ein vollklimatisiertes Trockendock betreibt, das, einem Humidor gleich, Temperatur und Feuchtigkeit auf allen Ebenen konstant hält.
Kurz vor der Auslieferung standen zum Werftbesuch zweimal 111 Meter: Y726 mit Linien von Espen Øino International und Y722 aus den Rechnern des eigenen Designteams mit Sitz in Monaco. Letztere empfängt trocken aufgebockt, zur Flanke liegt die 1,8 Tonnen schwere Ankerkette bereit, um auf das Spill zu gelangen. Achtern zeigen sich elektrische Pod-Antriebe, die Oceanco bei Neubauten mittlerweile ausschließlich realisiert. Ein Vakuum-Kran des deutschen Scheibenherstellers Tilse saugt bis zu zwei Tonnen schweres Verbundglas an und auf die Decks. Innen wartet manche Überraschung. So gibt es tatsächlich keine Crew-Messe – die Mannschaft speist im selben Raum, den auch Eigner und Gäste nutzen. An Deck liegt Esthec, damit die Besatzung weniger mit der Pflege beschäftigt ist und sich anderen Aufgaben widmen kann. Ein besonderer Wunsch des Eigners nimmt das Foyer ein, wo eine Glasscheibe mit Namensgravuren jenen Respekt zollt, die direkt am Bau beteiligt waren.
Inwieweit sich Newell in die Werftgeschäfte involviert, wird sich zeigen. Mit seiner Erfahrung in der Technologiebranche und seinem unternehmerischen Gespür könnte er neue Impulse für Innovationen im Yachtbau setzen. Gleichzeitig signalisiert die Betonung auf Kontinuität, dass die bewährten Stärken von Oceanco erhalten bleiben sollen.
Gabe Newell ist Mitbegründer und Geschäftsführer von Valve Corporation, einem der erfolgreichsten Unternehmen in der Videospielbranche. Nach seiner Tätigkeit bei Microsoft gründete er 1996 Valve und entwickelte Spiele wie Half-Life und Counter-Strike. Später revolutionierte er mit der Spieleplattform Steam den digitalen Vertrieb von Computerspielen. Newell gilt als einer der einflussreichsten Persönlichkeiten in der Technologiebranche und verfügt über ein geschätztes Vermögen von mehreren Milliarden Dollar.