Golfen wird seit Jahrzehnten auf oder besser von Superyachten herunter praktiziert. Die Möglichkeit, vom Deck abschlagen zu können, entwickelte sich von der Schrulle Einzelner zu einem obligaten Feature auf Charteryachten. Eines, das im Unterschied zu einer Wasserrutsche leicht herzurichten ist: Ab aufs Helipad, Tür auf in der Schanz oder ein paar demontierte Relingmeter und schon gilt grenzenlose Abschlagfreiheit. Für die 2002 gewasserte 63-Meter-Oceanco „Lady Lola“ verlangte der Eigner achtern im Teak des Sonnendecks einen Rezess für die Golfmatte. Als Greens dienten viele kleine Inseln aus bunten Schwimmringen mit Fahnenstange darin und welligem Fairway dazwischen. Ihren Spaß haben damit entweder Spieler mit Minus-Handicap oder einem sehr großen Ballvorrat.
Lange Zeit galt für die Driving Range zur See: aus dem Auge, aus dem Sinn. Maritime Abschläge mit reinem Gewissen brachte erst Ende der 2000er-Jahre die Erfindung eines Spaniers: „Bio-Golfballs“. Ihre Hülle mit klassisch hexagonalen Dellen löst sich im Wasser auf und gibt ein Inneres aus Fischfutter frei. Mit der Verfügbarkeit biologisch abbaubarer „Munition“ setzten eine Spezialisierung und Abkehr von der flugs aufs Deck gedonnerten Kunstrasenmatte als Tee ein, so denn ein Chartergast spontan an seinem Schwung arbeiten wollte. Designer erkürten dedizierte Abschlagsorte und brachten diese früh ein.
Tim Heywood spendierte der 102 Meter langen Feadship „Symphony“ im Eignerauftrag ein zum Heck hin schier auslaufendes Oberdeck, aus dem automatisch das Tee hochfährt. Custom-Lösungen, die dauerhaft wertvollen Raum einnehmen, eignen sich aber nur bedingt auf Charteryachten.
Maximale Flexibilität, was den Standort angeht, und dazu noch eine virtuelle Erweiterung des Spielplatzes bieten Golfsimulatoren. Für die witterungsgeschützte Schwunganalyse unter Deck kommen sämtliche auf dem Markt befindlichen Geräte infrage. Das britische Start-up Off the Deck optimierte nun erstmals einen Simulator für den Al-fresco-Einsatz auf einer Yacht. Der Co-Gründer Ashley Hare arbeitete an Deck und auf der Brücke von Großformaten bis 135 Meter und war als CTO maßgeblich an der Entwicklung von SeaDriveCX beteiligt. Für ihn war klar: Das Gehäuse muss korrosionsresistent und damit aus Carbon sein, laminiert von einer Formel-1-Manufaktur im britischen Silverstone.
Nicht so eindeutig war die Festlegung auf eine Technologie für das Team von Off the Deck. Mit seiner Expertise brachte sich Ashley Hares Bruder Alex ein, der CFO eines Indoor-Golf-Clubs in London war. Es gibt drei Haupttypen von Golfsimulatoren: kamerabasierte und infrarot- oder radargestützte Geräte. Gute Systeme erfassen Daten zu Spin-Raten, Abflugwinkeln und Schlägerkopfgeschwindigkeiten, die für Schwunganalysen unerlässlich sind. Mit Infrarot-Lichtsignalen arbeiten Tracker, die am Schlägerkopf befestigt werden. Das ist günstig, aber wenig akkurat. Radargestützte Simulatoren verfolgen den Ball mithilfe der Doppler-Radar-Technologie und eignen sich am besten für den Einsatz im Freien, da der Ball zur Erfassung eine längere Strecke zurücklegen muss. Entsprechend setzen auch Driving Ranges auf die Radarverfolgung.
Ashley Hare und seine Kompagnons entschieden sich für ein flexibles, kamerabasiertes System, das sowohl im Innen- als auch im Außenbereich eingesetzt werden kann: „Traditionell sind radargestützte Abschlagmonitore die erste Wahl für Golf im Freien, da sie den Flug des Balls durch die Luft genau verfolgen können. Wenn es jedoch um die einzigartige Umgebung einer sich bewegenden Yacht geht, erweisen sich kamerabasierte Systeme als die bessere Wahl.“ Für sie ist die Aufzeichnung und Überwachung des Abschlags die wichtigste Eigenschaft eines jeden Golfsimulators. Die Kameras von SeaDriveCX machen zahlreiche Hochgeschwindigkeitsaufnahmen des Golfballs: während und nach dem Aufprall des Schlägers sowie von der Position des Schlägerkopfs während des Schwungs. Software verarbeitet die Bilder und es werden Messungen in Bezug auf den Spin, die Geschwindigkeit und die Richtung und den Schwung des Balls vorgenommen.
Ein weiterer Vorteil der Optik: Sie arbeitet auch bei Schiffsbewegungen präzise und zuverlässig. Zudem fallen langwierige Kalibrierungs- und Ausrichtungsprozeduren weg, die Radarsysteme benötigen. SeaDriveCX ist einen Meter breit, 1,30 Meter hoch und 0,40 Meter tief. Um von der Heckplattform aus spielen zu können, sollte diese eine Fläche von mehr als vier mal drei Meter haben. Dann stehen Yacht-Golfern bis zu 245 unterschiedliche Golfkurse zur Verfügung, über die der Launch-Monitor von GCQuad mit einer Bildschirmdiagonalen von 81 Zentimetern führt.
Erste Abnehmer fand Off the Deck in den Charterformaten „Loon” und der 60-Meter-Amels „Come Together“ des US-Amerikaners Mark Pincus. Wer keine biobasierten Bälle – die Off the Deck auch im Angebot hat – schlagen möchte, spannt ein Fangnetz am Heck auf. Die Inflatable-Spezialisten von FunAir führen zwei Modelle. Bei GeoDome spannen per Druckluftkompressor gefüllte Luftschläuche eine geodätische Kuppelkonstruktion ähnlich der von Zelten auf. Kompakter und schneller aufgebaut ist die Tor-ähnliche Lösung Cube, auch mit feinmaschigem Netzboden. Die Schläuche bestehen aus den gleichen Materialien wie die Tubes von Kites und trotzen Wind sowie Seegang.
Für Gigaformate würden sich auch überdimensionale Leinwände anbieten, auf die das jeweils gespielte Loch projiziert wird und gegen die der Golfball schießt. So verfahren viele Simulatoren an Land. Bei umlaufenden Winden auf See müsste die Yacht per Dynamic Positioning allerdings immer so gedreht werden, dass der Luftstrom seitwärts auf die Projektionsfläche trifft. Andernfalls wäre es ein kurzes Leben für die Leinwand, die lose aufgespannt wie ein Segel funktioniert und sehr hohen Kräften standhalten müsste.