WerftreportSilent Yachts zurück auf Erfolgskurs

Leonie Meyer

 · 31.10.2024

Karibik, Mittelmeer und die  ganze Welt: Die Silent 62  3‑Deck fährt leise, energie­effizient und nahezu vollständig  autark. Die Solarpaneele  liefern 16,8 ­Kilowatt-Peak
Foto: Alessandro Guerrieri
Silent Yachts arbeitet nach Insolvenz und ­Übernahme durch ein neues Management an bestehenden Aufträgen und plant Großes. BOOTE EXCLUSIV hat die Werft in der italienischen Stadt Fano besucht

Silent Yachts steht synonym für solarbetriebene Katamarane. Die Marke hat sich früh auf das Terrain der Nachhaltigkeit gewagt und umweltfreundliche Technologien vorangetrieben. Gegründet wurde das Unternehmen im Jahr 2009 von den Österreichern Heike und Michael Köhler. Bereits im selben Jahr präsentierte das Entwickler-Ehepaar die Solar­wave 46, den ersten Prototyp eines Solar-Katamarans mit E‑Motoren. Seitdem legte der von Sonnenenergie angetriebene Multihull Tausende von nautischen Meilen zurück und bewährte sich auf allen Ozeanen. Sieben Jahre später brachten die österreichischen Visionäre das erste Serien­modell, ­Silent 64, auf den Markt, lange bevor andere Werften die Umstellung auf Elektroantriebe überhaupt in Betracht zogen. Das Büro auf Mallorca eröffnete 2021, ein Jahr später kaufte ­Silent ­Yachts den Produktionsstandort in Fano im Nord­osten Italiens dazu. Schließlich folgte eine Partnerschaft mit einer Werft in der Türkei.

Auf einer Fläche von über 22 750 Quadratmetern entstehen die Katamarane seit März 2024 in modularer Serienproduk­tion. Das erfolgreichste Modell der Werftgeschichte ist die ­Silent 64, auf dem die neue ­Silent 62 basiert. Sie ist in drei Varianten erhältlich: Fly­bridge, 3‑Deck Open und 3‑Deck ­Closed.

Was die Solar-Kats von Silent Yachts ausmachen

Mit einer Länge von 18,86 Metern und einer Breite von 8,99 Metern bietet der Kat viel Raum für bis zu zwölf Gäste und zwei Crewmitglieder. Die Hauptmotoren der Yacht liefern zusammen bis zu 340 Kilowatt Leistung und werden von Batterien mit einer Kapazität von 207 Kilowattstunden gespeist. Großflächig installierte Solarpaneele sammeln Sonnenenergie ein und produzieren bis zu 16,8 Kilowatt-Peak ­Leistung. Dank der Kombination aus hoher Batteriekapazität und einem effizienten Solarfeld können die Yachten nahezu autonom von herkömmlichen Kraftstoffen betrieben werden. Als Range-­Extender, der zusätzliche Reichweite garantiert, fungiert ein 145 Kilowatt starker Dieselgenerator, der erst anspringt, wenn die Batteriebänke leer sind.

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Die Reisegeschwindigkeit der Silent-­Modelle beträgt moderate 7 Knoten, der Top­speed liegt 5 Knoten darüber. Hohe Geschwindigkeiten sind keinesfalls der Fokus von ­Silent ­Yachts. Vielmehr punkten die Solar-­Kats mit effizienten Rumpflinien und flüsterleisem Reisen, ganz ohne Abgasgestank. Entspanntes Dahingleiten in maximalem Komfort – so lautet das überzeugende Konzept aus Fano. Beim Interieur-Design und ‑Layout haben Kunden, wie im Semi-­Custom-­Yachtbau üblich, eine Vielfalt an Möglichkeiten.

Dieses Frühjahr erschütterte die Nachricht von der Werft­insol­venz die Branche. Es folgte ein abrupter Stillstand in der Türkei, nachdem der Vertragspartner die Produktion aller bestellten Boote eingestellt hatte. Nach Angaben der Werft soll dies „unberechtigterweise“ geschehen sein.

Umstrukturierungen erleichtern die Produktionsprozesse

Das führte zu einem finanziellen Engpass und letztendlich zum Konkurs der ASAP Trading GmbH, der Holdinggesellschaft von Silent Yachts. Die Passiva beliefen sich auf 45,8 Millionen Euro. Davon entfielen 9,3 Millionen Euro auf Gesellschafter­darlehen. Kunden-Anzahlungen von insgesamt 25 Millionen Euro sammelten sich an, ohne dass Silent Yachts eine vereinbarte Gegenleistung – die Auslieferungen der Yachten – erbringen konnte. 55 Gläubiger und 36 Dienstleister waren betroffen.

Infolge der Insolvenz mussten Arbeitsprozesse umstrukturiert werden. Ziel war es, einen Übergang von einem gründerfinanzierten Unternehmen hin zu einem von Investoren getragenen Betrieb zu schaffen. Nach einer herausfordernden Phase kam dieses Frühjahr die Erlösung für die Werft: Michael Said kaufte Silent Yachts aus der Insolvenz. Über seine Beteiligungsgesellschaft Helios Yacht Investment GmbH übernahm er sämtliche Vermögenswerte, die zuvor Silent Yachts gehörten – darunter das geistige Eigentum für das Yachtdesign und die Werft Silent Italia in Fano. Der amerikanisch-deutsche Investor ist zudem Käufer einer Silent 62 3‑Deck und sicherte mit seiner Investition 140 Arbeitsplätze. Indem er die Produktion in Fano am Laufen hielt, ermöglichte er es, die noch bestehenden Aufträge für die ­Silent 62 abzuarbeiten und zeitnah auszuliefern.

Das neue Management bei Silent Yachts

Parallel zum Umstrukturierungsprozess stellte sich das Silent-­Yachts-­Manage­ment neu auf. Als Geschäftsführer agiert nun ­Fabrizio ­Iarrera, der in gleicher Funktion bei Monte Carlo Yachts eine modulare Produktion aufbaute und mit ­Michael Said eine Wachstumsstrategie für die nächsten fünf Jahre entwickelte.

Silent Yachts hat ehrgeizige Pläne: „Unser erster Dreidecker ist bereits vom Stapel gelaufen, weitere sollen noch in diesem und im nächsten Jahr folgen. Für das Jahr 2025 werden acht ­Silent 62 ausgeliefert“, so der CEO. Zudem sollen 2025 die ersten beiden 80‑Fuß-Modelle zu Wasser gelassen werden. Das neue Management-Team von Silent Yachts blickt mit dem aktuellen Auftragsbestand positiv in die Zukunft.

Das Interview mit dem Geschäftsführer Fabrizio Iarrera finden Sie hier:


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