RatgeberEin Leitfaden für einen umweltfreundlicheren Bootsurlaub

Andreas Fritsch

 · 20.09.2024

Ratgeber: Ein Leitfaden für einen umweltfreundlicheren BootsurlaubFoto: Holger Kasch
Nutzt eure Ausflüge ans Wasser für eine Doppelmission: Genießt das Schnorcheln oder den Strand und helft dabei, Müll zu beseitigen – sowohl im Meer als auch am Ufer
CO2 -Vermeidung, Plastikmüll-Einsparung, Gewässerschutz – jeder kann helfen, unseren Planeten zu retten. Anregungen und Ideen für Eigner und Chartercrews, über die nachzudenken lohnt.

Wir alle sollten uns bemühen, unseren ökologischen Fußabdruck drastisch zu minimieren. Das schließt das geliebte Hobby ein. Denn unstrittig ist, dass Boote, Yachten und ihre Crews die Umwelt in den Revieren, in denen sie unterwegs sind, erheblich belasten. Anker harken sensible Seegrasfelder kaputt, die Unmengen an CO2 speichern. Dieselmotoren mit teilweise uralter Technik pusten viel zu viele Emissionen in die Atmosphäre. Und bereits die Anreise zum Boot ist in ökologischer Hinsicht oftmals problematisch.

Dazu kommt die große Menge an Abfall, wie sie während eines Törns für gewöhnlich anfällt. Erschreckend häufig wird der einfach irgendwo liegen gelassen, teils sogar in entlegenen Buchten, von wo aus er dann ins Meer gelangt. Wer an von Booten stark frequentierten Plätzen im Mittelmeer taucht, findet am Meeresgrund fast immer Getränkedosen, Flaschen und anderes.

Manchmal sind solche Funde nicht einmal Folge verantwortungslosen Handelns. Viele Crews entsorgen ihren Müll an Land in dort dafür vorgesehenen Abfallbehältern. Doch die werden mitunter selten geleert und quellen über. Oder Tiere zerpflücken die Mülltüten, und der Wind verteilt den Rest. Selbst wenn die Abfallbehälter regelmäßig abgeholt werden, landet der Müll insbesondere in Ländern wie Griechenland, Italien oder Kroatien nicht selten auf illegalen Deponien und wird dann teils auch noch unter freiem Himmel verbrannt.

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Umweltverschmutzung durch Plastikmüll wird immer größer

In den finanzschwächeren Staaten sind die Müllabfuhren auf die Urlaubermassen im Hochsommer manchmal einfach nicht ausgelegt. Die Verschmutzung der Umwelt durch Plastikmüll ist dort in den vergangenen Jahren ein akutes Thema geworden. Bootsfahrer stoßen fast überall auf Kunststoffreste, ob auf See, am Ufer der Buchten oder beim Schnorcheln. Dagegen hilft am besten konsequente Vermeidung, sprich, so wenig Plastik und Verpackungen an Bord zu nehmen wie möglich. Und auch beim Landgang Plastiktüten, Kunststoffbecher, Einweggeschirr, Strohhalme und Ähnliches mehr zu meiden.

Das heikelste Thema ist sicherlich für die meisten die Anreise zum Törn. Nicht jeder Eigner wird sich ein teures Elektroauto leisten können, nicht jeder Charterer kann oder will auf einen Flug verzichten. Das zeigt ganz unmissverständlich die Statistik: Die Zahl der Flüge steigt mit Ausnahme der zurückliegenden Corona-Jahre kontinuierlich.

Wer nicht aufs Fliegen verzichten will, kann zumindest einen finanziellen Beitrag in Klimaschutzprojekte investieren, die Flugmeilen auszugleichen versuchen. Eine Möglichkeit wäre zum Beispiel die vom Umweltministerium unterstützte Initiative „Atmosfair“ (www.atmosfair.de). Das ist gar nicht einmal teuer: Einen Flug von Hamburg nach Mallorca auszugleichen kostet 17 Euro pro Kopf. Das sollte bei einem Urlaub, der 2.000 Euro und mehr kostet, drin sein. Alternative Strategien könnten sein, mehr in nordeuropäischen Gewässern zu fahren oder ein Urlaubsrevier mit Auto- oder Bahnanreise zu wählen. Ziemlich gut sind seit einigen Jahren auch die Flixbus-Verbindungen etwa von Süddeutschland nach Italien und Kroatien; unschlagbar preiswert sind sie obendrein. Und dank gutem W-Lan im Bus wird die Fahrt auch nicht zu langweilig.

Die Anreise zum eigenen Boot oder dem gemieteten und die Frage, ob man überhaupt ein eigenes Schiff braucht, ist der eine Aspekt – ein anderer ist, was während des Törns passiert. Wenn sich beispielsweise Crews nicht an Naturschutzregeln halten, ist dies sicherlich alles andere als zuträglich für die dort bedrohte Flora und Fauna. Kontrollen der lokalen Behörden belegen, dass etwa auf den Balearen oder auch rund um Korsika und Sardinien Tausende Skipper die Ankerverbote über Seegraswiesen nicht beachten. Diese Wiesen sind aufgrund des im Gras gespeicherten CO² und der vielen Tierarten, die darin ihren Lebensraum finden, seit Jahrzehnten im Schwinden begriffen.

Rechtliche Auflagen vor dem Törn prüfen

Eigentlich gilt sogar EU-weit mittlerweile ein Ankerverbot in Seegras; viele Länder aber haben es bis heute nicht konsequent umgesetzt. Wie auch immer – Crews sollten sich an bestehende Auflagen halten. Denn dort, wo die Gebiete streng bewacht werden, wie vor Cabrera vor der Küste Mallorcas, sind die Erfolge beeindruckend. Das Ankern ist dort seit vielen Jahren verboten, die Zahl der Besucherbooten limitiert. Das Leben unter Wasser ist in der Folge regelrecht explodiert. Mittlerweile berichten Fischer sogar, dass vor der Insel wieder Fischarten vorkommen, die längst verschwunden waren.

Deshalb gilt für Skipper: Finden sich in Seekarten oder Revierführern Hinweise auf Naturschutzgebiete, unbedingt die dafür geltenden Regeln befolgen. Das können Verbotszonen sein, Einschränkungen fürs Ankern, Mindestabstände zum Ufer, Schonzeiten, Verbote, den Strand zu betreten, oder anderes. Ferner sind meist Muringbojen eine sinnvolle Alternative zum Ankern.

Für Wassersportler sollte es selbstverständlich sein, an vorderster Front mitzuhelfen, ihren Teil zum Schutz und Erhalt der Meere und des Klimas zu leisten. Schließlich schwärmen wir doch am lautesten von glasklarem Wasser, Fischreichtum und makellosen Stränden. Nehmen wir es also selbst in die Hand!


Tipps für Bootsbesitzer

  • Kommt eventuell ein Liegeplatz in Betracht, der auch mit Bus und Bahn zu erreichen ist?
  • Ist eine Eignergemeinschaft ein passendes Modell? Damit würden Ressourcen gespart. Und man könnte vielleicht auch Fahrgemeinschaften bilden.
  • Für kleinere Boote sind Elektroaußenborder eine Alternative zum Verbrenner.
  • Wie häufig wird das Boot genutzt? Eventuell wäre Chartern die wirtschaftlich und ökologisch bessere Alternative.

Tipps für Motorboot-Charterer

  • Möglichst auf Auto oder Flugzeug verzichten, besser mit Bahn oder Fernbus anreisen. Viele Charterziele, etwa in Kroatien oder Italien, sind ab Süddeutschland damit gut erreichbar.
  • Bei Autoanreise Fahrgemeinschaften bilden oder einen Kleinbus mieten.
  • Für Flüge in Ausgleichs-CO² -Fonds einzahlen (z. B. www.atmosfair.de).
  • Statt zweimal im Jahr eine Woche zu chartern, lieber einmal 14 Tage auf Törn gehen. Das spart eine An- und Abreise.
  • Statt in die Ferne zu schweifen, Charterreviere in der Nähe ausprobieren.
  • Sich mit der Crew bei der Törnbuchung auf Umweltstandards einigen, die beim Urlaub eingehalten werden sollen.

14 Tipps: Bootsurlaub mit gutem Gewissen

  1. Beim Einkauf Plastikverpackungen vermeiden; stattdessen eigene Tragetaschen mitbringen.
  2. Müll an Bord so trennen, wie es im Zielland möglich und vorgeschrieben ist, damit er später korrekt entsorgt wird.
  3. Unterwegs nichts ins Wasser werfen, auch keine Obst- und Gemüseabfälle.
  4. Fäkalientanks an Bord nutzen und erst auf hoher See leeren. Besser noch, die Tanks im Hafen absaugen lassen, falls Anlagen dazu vor Ort vorhanden sind.
  5. Biologisch abbaubare Spül- und Putzmittel verwenden (Frosch, Ecover u. a.).
  6. Möglichst wenig Shampoo und Duschgel benutzen, um das Meer nicht mehr als nötig zu belasten. Nur Produkte ohne Mikroplastikanteile kaufen. Es gibt Apps, mit denen man die Etiketten scannen kann und die dann über die Inhaltsstoffe informieren. Im Zweifel im Geschäft nachfragen.
  7. Nicht in Seegrasfeldern ankern. Die Posidonia-Pflanzen speichern sehr viel CO² am Grund und sind ein wichtiges Biotop.
  8. Möglichst wenig Fleece-Produkte kaufen. Aus ihnen lösen sich in jeder Wäsche Unmengen von Kunststofffasern.
  9. Beim Strandspaziergang Plastikmüll auflesen. Und an Müllsammelaktionen teilnehmen. Umweltverbände wie WWF, BUND, Nabu oder Ocean Conservancy veröffentlichen regelmäßig entsprechende Termine. Auch Clubs und Vereinigungen organisieren Müllsammelaktionen.
  10. Naturschutzgebiete, die in Seekarten und Revierführern eingezeichnet sind, respektieren. Dazu gehört, sich die Vorschriften zu besorgen, sie zu lesen und eventuelle Befahrens- oder Ankerverbote zu befolgen. Besonders in Mittelmeerrevieren werden diese allzu oft unbekümmert ignoriert.
  11. In Strandbars und Cafés möglichst auf Plastikbecher und Strohhalm verzichten. Dies bei der Bestellung dem Kellner sagen.
  12. In Restaurants keine bedrohten Fischarten bestellen, wie Thunfisch oder Schwertfisch. Aktuelle Listen mit gefährdeten beziehungsweise mit unbedenklichen Fischarten finden sich auf den Webseiten vieler Umweltverbände. Beispielsweise hier.
  13. Unterwegs Deck und Cockpit nur mit klarem Wasser und so selten wie möglich schrubben. Keine Reinigungsmittel benutzen.
  14. Raucher sollten keine Kippen über Bord werfen – Vögel verwechseln die Filterstummel mit Nahrung und verenden qualvoll.

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