RechtWas hat die Stromrechnung mit der Yacht zu tun?

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 · 01.08.2023

Recht: Was hat die Stromrechnung mit der Yacht zu tun?Foto: Tobias Ott
Wer eine Yacht kaufen oder verkaufen will, muss mitunter eine ganze Reihe von Dokumenten vorlegen – ein nicht unerheblicher bürokratischer Akt, der sich durch drei Buchstaben erklären lässt: KYC. Wir geben einen Überblick über die daraus resultierenden gesetzlichen Nachweispflichten.

Ab Ari Onassis nach einer Kopie seiner Stromrechnung gefragt wurde, als er in Kiel anrief, um die „Stormont“ umbauen zu lassen? Wahrscheinlich nicht. Würde er heute anrufen, käme die Frage mit Sicherheit. Warum eigentlich? Dies hat sich sicherlich schon mancher Yachteigner in spe gefragt, der im Rahmen des Ankaufs einer Yacht um eine Vielzahl an Nachweisen und Dokumenten wie etwa eine Stromrechnung oder ein „Utility Bill“ gebeten wird. Nicht selten führt die Fülle an auszufüllenden Unterlagen und vorzulegenden Nachweisen zu Kopfschütteln und Unverständnis bei den Beteiligten.

Im Folgenden wollen wir die Hintergründe für diese Verpflichtungen beleuchten und einen Überblick über die gesetzlichen Dokumentations- und Nachweispflichten geben, die heute gerade im Bereich des Yacht-An- und -Verkaufs weder unerheblich noch unwesentlich sind.

„KYC“ – was heißt das eigentlich?

Die Abkürzung „KYC“ steht für „Know Your Customer“, zu Deutsch „Kenne deinen Kunden“. Eine KYC-Prüfung beschreibt den standardisierten Prozess der Identifizierung und Prüfung von Neu- sowie Bestandskunden auf Basis der Anforderungen des Geldwäscherechts. Rechtsgrundlage für die KYC-Prüfung in Deutschland bilden insbesondere die EU-Geldwäsche-Richtlinien sowie das Geldwäschegesetz (GwG). Die Verpflichtung, eine solche Prüfung in Bezug auf Neu- und Bestandskunden durchzuführen, ergibt sich für einen gesetzlich genau definierten Personenkreis. Diese Personen haben umfangreiche Pflichten wie zum Beispiel Dokumentations- sowie Reportingpflichten zu erfüllen. Zum Kreis der Verpflichteten gehören insbesondere Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, aber auch Immobilienmakler und unter gewissen Bedingungen Rechtsanwälte.

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Was ist der Zweck einer „KYC“-Prüfung?

Sämtliche KYC-Vorgaben haben die Verhinderung von Wirtschaftskriminalität zum Ziel. Ins Visier genommen wird insbesondere der Missbrauch des Finanzsystems durch Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Der KYC-Prozess soll so etwa ermöglichen Scheinfirmen zu identifizieren und auch verhindern, dass Gelder illegaler Herkunft in die Wirtschaft eingeschleust, „gewaschen“, werden. Um dies zu erreichen, müssen im Rahmen einer KYC-Prüfung Kontroll- sowie Eigentumsstrukturen von Unternehmen offengelegt und sämtliche Beteiligten identifiziert werden. Dies betrifft insbesondere auch die wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen – die sogenannten „Ultimate Beneficial Owners“ oder auch Yacht-sprachlich schlicht „UBOs“.

Wieso sind KYC-Prüfungen gerade im An- und Verkauf von Yachten wichtig?

Ein Grundsatz, der im Rahmen von KYC-Prüfungen zum Tragen kommt, ist das Prinzip der Risikoanalyse. Je anfälliger gewisse Arten von Geschäften gerade für Geldwäsche sind, desto höher sind die Anforderungen, welche an die Verpflichteten durch die einschlägigen Gesetze gestellt werden. Die Tatsache, dass im Rahmen von Yacht-Transaktionen nahezu immer sehr hohe Vermögenswerte bewegt werden, stellt nur einen Grund dar, weshalb die Branche für Kriminelle interessant sein könnte. Ähnlich wie bei Immobiliengeschäften können auf einen Schlag große Geldsummen in die Wirtschaft eingebracht werden. Zudem stellt der häufige Einsatz von gesellschaftsrechtlich geformten Eigner- sowie Offshore-Strukturen ein Einfallstor für die Verschleierung der tatsächlich Beteiligten dar. Hinzu kommen weitere potenzielle Risikofaktoren, wie etwa die Beteiligung politisch exponierter Personen oder die Möglichkeit, mehrere Transaktionen in sehr kurzem zeitlichem Abstand hintereinander durchzuführen und große Vermögenswerte international schnell verschieben zu können. Da die Branche insofern von Natur aus zu den als risikoreich einzuschätzenden Industriezweigen gehört, werden erhöhte Anforderungen an die jeweils durchzuführenden KYC-Prüfungen gestellt.

Welche Informationen werden in der Regel abgefragt?

Die KYC-Prüfung soll zum einen die Identifizierung der beteiligten Personen und insbesondere der wirtschaftlich Berechtigten ermöglichen und darüber hinaus auch sicherstellen, dass keine Gelder nicht legaler Herkunft genutzt werden. Zur Identifikation von sogenannten „natürlichen“ – also nicht juristischen – Personen werden daher in der Regel eine Kopie eines amtlichen Personalausweises (Angaben zu Vorname, Nachname, Geburtsort, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit) sowie ein Nachweis zum Wohnsitz der Person angefragt. Dies wird in Deutschland durch das Meldewesen erleichtert und ermöglicht. Das deutsche Meldewesen ist jedoch international betrachtet eher ein Sonderfall. Im internationalen Rechtsverkehr ist es daher üblich, den Wohnsitz durch die Vorlage einer Strom- oder Wasserrechnung nachzuweisen. Diese Praxis hat sich die gesamte Yachtbranche zwischenzeitlich zu eigen gemacht. Da die Dokumente oftmals nicht im Original eingereicht werden können, müssen Kopien häufig beglaubigt werden, zum Beispiel durch einen Notar.

Tipp

Wenn Unterlagen zum Beispiel als Wohnsitznachweis vorgelegt werden, müssen diese in der Regel auch nur darauf schließen lassen. Wenn Sie es bevorzugen, die Höhe Ihrer Stromrechnung nicht offenzulegen, können solche für den Wohnsitznachweis irrelevanten Angaben im Dokument unkenntlich gemacht oder geschwärzt werden. Wichtig ist lediglich, dass das Dokument seinen eigentlichen Zweck, den Nachweis des Wohnsitzes, weiterhin erfüllt.

In Bezug auf juristische Personen, wie etwa Unternehmen, liegt der Fokus einer KYC-Prüfung auf der Offenlegung der Beteiligungsverhältnisse sowie der Identifizierung der das Unternehmen lenkenden (und von den Erträgen des Unternehmens profitierenden) Personen oder der für das Unternehmen handelnden, vertretungsberechtigten Personen. Hierfür sind etwa Handelsregisterauszüge, Gründungsunterlagen sowie Nachweise zur Solvenz von Unternehmen vorzulegen. Letztendlich müssen immer die hinter den Firmierungen stehenden Individuen identifiziert und auch für diese jeweils die bereits im vorherigen Absatz genannten Nachweise vorgelegt werden. Zusätzlich können je nach Jurisdiktion weitere Formulare sowie abzugebende Erklärungen erforderlich sein.

Auf eine Identifizierung der Beteiligten kann grundsätzlich verzichtet werden, wenn der Verpflichtete den Betroffenen bereits bei früherer Gelegenheit im Rahmen einer KYC-Prüfung identifiziert hat, die damals erhobenen Angaben aufgezeichnet wurden und auch keine Zweifel über die bereits gemachten Angaben bestehen. Zudem ist auch die Quelle des eingesetzten Vermögens plausibel darzustellen oder nachzuweisen. Dies kann zum Beispiel durch Einkommensnachweise oder auch durch das Vorlegen entsprechend aussagekräftiger Unterlagen wie der Berichte eines Wirtschaftsprüfers geschehen. Wie viele und welche Nachweise im Einzelfall vorzulegen sind, lässt sich nicht pauschal beantworten. Individuelle Ausprägungen einzelner Jurisdiktionen sowie die spezifischen Risikoanalysen führen dazu, dass trotz einer angestrebten Standardisierung noch kein gänzlich einheitliches Prozedere besteht.

Fazit

Skandale wie das unter dem Schlagwort „Panama Papers“ bekannt gewordene Datenleck zeigen immer wieder auf eindrückliche Weise, wie anfällig das internationale Finanzsystem weiterhin insbesondere für Geldwäsche und Steuerhinterziehung ist. Auch wenn es nachvollziehbar zeitraubend, mühsam und lästig sein kann, ein umfangreiches und aufwendiges KYC-Verfahren zu durchlaufen, so sollte man sich dennoch bewusst sein, dass dieses dem Schutz aller Beteiligten an der jeweiligen Transaktion dient und für die teilnehmenden Finanzdienstleister und viele Berater eine schlichte gesetzliche Notwendigkeit darstellt.

Die sich fortlaufend verändernden und immer internationaler werdenden Prozesse im Rahmen von Know-Your-Customer-Prüfungen dienen der langfristigen Eindämmung von Wirtschaftskriminalität und stellen ein heute wesentliches Mittel zur Prävention dar. Der fortschreitende Prozess der Digitalisierung führt in diesem Bereich zu neuen Möglichkeiten und neuen Gefahrenpotenzialen – sicher auch zukünftig zu neuen Verpflichtungen. Ein Beispiel? Gerne: Einrichtungen wie etwa die Financial Intelligence Unit (FIU) als Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen sollen zukünftig digital für mehr Einheitlichkeit und Transparenz sorgen. Ab Januar 2024 besteht für alle Verpflichteten im Sinne des Geldwäschegesetzes eine Registrierungspflicht beim elektronischen Meldeportal der FIU. Das Ziel: Standardisierung wie auch Intensivierung der Prozesse im Rahmen von KYC-Prüfungen.

Auch eine solche Meldeverpflichtung gab es im Fall des Ari Onassis nicht. Er lebte buchstäblich in einer anderen Zeit – immerhin ist seine Yacht sicher Ausdruck eines zeitlosen Designs und auch Lebensgefühls geworden.


Experten für alle Fragen rund um das Thema Yachtrecht

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Die Yachtanwälte Dr. Tim Schommer (tim.schommer@clydeco.com) und Dr. Volker Lücke (volker.luecke@clydeco.com) betreuen seit über 18 Jahren Yachtmandate aus dem In- und Ausland. Sie beraten im Rahmen der Planungs- und Bauphase, des An- und Verkaufs, der Eignerstruktur, des Yachtbetriebs inklusive Versicherung, Crewing und Charter sowie der Abwicklung von Schäden und Ansprüchen Dritter.


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