Ob Bootsbauer, Segelmachermeister oder Bootshändler – fast alle Akteure der Motorboot-Industrie haben ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht. Wenn Martin Dotti, Dennis Pfister und die vielen anderen Charaktere nicht auf der Verkaufsfläche oder im Büro anzutreffen sind, findet man sie auf dem Wasser. Doch mit welchen Motorbooten sind die Macher der deutschen Bootsszene auf dem Wasser unterwegs? Wir haben mit ihnen gesprochen und herausgefunden, wie und mit welchem Boot sie ihre Freizeit verbringen. Weitere Akteure der Motorboot-Szene finden Sie im zweiten Teil des Reports.
Wer segelt, kennt das Problem. Ohne Wind kein Vortrieb. Bei Regatten ist es noch schlimmer: ohne Wind kein Spaß. Genau dieser Misere musste auch Martin Dotti, Gründer und Geschäftsführer der Gebrauchtboot-Plattform Boat24.com, begegnen. Seine Lösung war so simpel wie einleuchtend, wie er erklärt: „Ich segelte viele Jahre Regatten auf dem Zürichsee, doch eines Tages war ich es leid, stundenlang bei Flaute herumzudümpeln. Zeitgleich entdeckte ich 2005 das Wellenreiten im Meer für mich und war begeistert. Natürlich ist man dabei ständig von Wind und besonders Swell abhängig – manchmal reist man Tausende Kilometer und findet dann doch keine surfbaren Wellen. Als ich erfuhr, dass man hinter bestimmten Sportbooten eine endlose Surf-Welle erzeugen kann, war ich regelrecht elektrisiert.“
2008 entschied sich der passionierte Wassersportler aus diesem Grund für ein Centurion Enzo SV 240 (Baujahr 2008, 224 kW, 7,32 m lang, 2,59 m breit). Damals war dieses Modell das offizielle Zugboot der Wakesurf-Weltmeisterschaften. Bei den Centurion-Modellen sind vier Komponenten für die Höhe und die Form der Welle verantwortlich: Das tiefe V des Rumpfes sorgt für viel Wasserverdrängung und damit schon mal für eine gute Ausgangslage. Die sogenannte Switchblade ist eine Art Flosse, die am Heck in die Tiefe ragt und das Boot nach unten zieht. Der Anstellwinkel kann in fünf Stufen hydraulisch verstellt werden, womit sich Form und Länge der Welle zusätzlich beeinflussen lassen. Ein Pumpensystem füllt in kürzester Zeit zudem die seitlichen Ballasttanks – damit erhält die Welle die gewünschte Ausrichtung und Form.
Um das Boot in die Schweiz zu bringen, benötigte er die Hilfe eines befreundeten Yachtbrokers. „Die Investition war ein echtes Wagnis, denn ohne Typenprüfung mussten einige Umbauten vorgenommen und sogar das gesamte Handbuch ins Deutsche übersetzt werden“, berichtet Martin Dotti und holt weiter aus. „Die ersten Versuche auf dem Zürichsee waren abenteuerlich, weil wir überhaupt nicht wussten, wie man nach dem Wasserstart mithilfe einer Zugleine ins Surfen übergeht.“ Zudem gab es vor 17 Jahren kaum Boote, die für Wakesurfen geeignet waren, geschweige denn erfahrene Leute, die einem Tipps geben konnten. Doch sobald Martin Dotti und seine Wakesurf-Crew den Dreh raushatten, waren sie von der neuen „endlosen“ Welle kaum noch runterzubekommen.
„Ob Frühling oder Spätherbst – wenn der See fast leer ist, genieße ich das Surfen am meisten. Mein Boot ist schlicht in Weiß gehalten, mit beigefarbenen Polstern, was sich als glückliche Wahl herausgestellt hat: Auch heute wirkt das Design noch zeitlos.“ In den ersten Jahren ging er mit einer festen Surf-Crew auf den See, heute ist Martin Dotti meist mit seiner Partnerin am Wellenabreiten und Bootfahren. „Obwohl sich die Wakesurf-Boote inzwischen weiterentwickelt haben, sieht der Gebrauchtboot-Experte keinen Grund, sein Centurion zu ersetzen. Kürzlich entdeckte er das Wakefoilen für sich, was bedeutet, dass er dank Hydrofoil-Boards jetzt sogar die zweite oder dritte Welle hinter dem Boot surfen kann.
Oliver Leu ist ein bekanntes Gesicht in der norddeutschen Wassersportszene. Er gründete 1987 als Segelmachermeister seine Firma Oleu-Segel und verkaufte zudem 23 Jahre lang schnelle Segelyachten als Händler für X-Yachts DK.
Nach 50 Jahren Segeln war es vor wenigen Jahren an der Zeit für eine Veränderung. Seiner Frau und ihm war schnell klar, dass sie auf dem Wasser bleiben wollten, und am liebsten auch auf der Ostsee. „Wir wollten ein Motorboot ausprobieren, aber als langjähriger Segler ist das erst mal schwierig“, erzählt der 60-jährige Ostsee-Kenner offen. „Doch schließlich entdeckten wir die finnischen ‘All Season Boats’ von Marken wie Sargo, Targa und North Star. Das veränderte alles.“ Dabei handelt es sich um Motorboote, die bei jedem Wetter sicher fahren und wintertauglich sind. Vor fünf Jahren waren die Leus so weit und kauften eine Sargo 31, vier Jahre später die neue Sargo 33 Explorer – ihr jetziges Boot. „Wir sind von dem Boot fasziniert – es ist stabil, zuverlässig und irgendwie passend für einen Segler.“ Mit ihrer Sargo 33 machten sie viele neue Erfahrungen: flache Häfen, die sie sonst nie gesehen hätten, Brücken, unter denen man schnell hindurch fährt, Sackgassen-Marinas, die mit dem Segelboot genervt haben.
„Schnell und früh am Zielort ankommen ist auch kein Nachteil“, ergänzt der passionierte Eigner schmunzelnd. Die schnelle Flucht vor einem aufziehenden Gewitter sei heute fast ein Spaß. Beim Bordleben im Hafen störe zudem keine nervige Kuchenbude oder Baumpersenning und der aufrechte Gang im Salon mit Hafenblick sei einfach nur eins: herrlich! Die immer wiederkehrende Frage von Seglern: „Na, was braucht die Kiste denn?“, ist laut Oliver Leu schnell beantwortet. „Neue Segel inklusive der Wartung und Pflege kosten genauso viel wie der Diesel, den wir verfahren.“ Er betont zudem, dass sie nicht aus Altersgründen auf ein Motorboot umgestiegen sind und dass mit dem Wechsel das Segel-Know-how und die gute Seemannschaft nicht erloschen sind. Die Freude über seine Sargo 33 Explorer ist ihm ins Gesicht geschrieben.
Der Name Boote Pfister steht in Deutschland für eine langjährige Bootshandel-Tradition im süddeutschen Raum. Der Enkel des Firmengründers Edgar Pfister, Dennis, leitet heute das Vertriebsteam in Schwebheim und kann mit Fug und Recht als „Speedfreak“ bezeichnet werden.
„Mein Traumboot, eine Wellcraft Scarab 23 SCS aus dem Baujahr 1997 mit 8,5 Litern Hubraum und Whipple-Kompressor fand ich nach zweieinhalb Jahren intensiver Online-Suche 2023 in Kansas/USA. Ich hatte vorher schon mehrere Boote wie beispielsweise eine Sea Ray 22 Pachanga oder eine Mastercraft X 14. Die waren mir aber alle nicht schnell genug. Die Scarab befand sich in einem sehr schlechten Zustand. Ich kaufte sie dennoch und holte sie nach Deutschland. Nachdem das Boot hier war, dauerte die Komplett-Sanierung rund vier Monate. Hilfreich war dabei natürlich, dass wir als langjährige Scarab- und Wellcraft-Importeure sowohl die Kontakte als auch die technischen Voraussetzungen für so ein Projekt in der Firma haben. Leider habe ich häufig zu wenig Zeit, das Boot angemessen zu nutzen, aber wenn ich unterwegs bin, dann meist bei uns vor der Haustür auf dem Main für eine ,schnelle Runde‘. Ich werde nie den Moment vergessen, als ich nach dem Motorenumbau mit noch nicht ganz korrektem Propeller und fast leerem Tank erstmals die 135-km/h-Marke knackte. Das war wie pures Adrenalin.“
Mit seinen beiden Firmen Yates Mallorca und ME Yachting gehört Matthias Ebert zu den umtriebigsten Yachthändlern für Kunden aus dem DACH-Raum. Das Portfolio des auf Mallorca und in Düsseldorf lebenden Yachtkenners besteht aus Marken wie Fiart Mare, Galeon, Italyure, Gulf Craft, Dufour und Fountaine Pajot; neben dem Neuboot-Geschäft managed er 20 Yachten, die er Charterkunden in Palma de Mallorca anbietet. Bei der Suche nach einem eigenen Boot hatte Matthias Ebert – verständlicherweise - ganz klare Vorstellungen.
„Während der Saison lebe ich in Palma de Mallorca, und für dieses Revier ist ein Dayboat oder Weekender genau die richtige Wahl“, verrät der Balearen-Local. Bei den Marken aus seinem Angebot wurde er nicht fündig, weswegen er die Fühler weiter ausstreckte und schließlich auf der boot Düsseldorf die Marke Fiart Mare näher kennenlernte. Die Produktpalette reichte von 35 bis 60 Fuß und umfasste auch ein Boot, das ihn persönlich interessierte, die Seawalker 35. Bei einem Werftbesuch in Bacoli am Fuße des Vesuvs folgte schließlich eine unverbindliche Probefahrt, die Spuren hinterließ. „Die Werft ist alteingesessen und verströmt einen wirklich schönen Charme“, erklärt Matthias Ebert. „Vom Werftdock aus ging es raus in den Golf von Pozzuoli, und wir drehten eine große Runde, bei der ich mich richtig begeistern ließ – wie das so beim Bootskauf ist“, schmunzelt der erfahrene Skipper.
„Das Boot ist 11,56 Meter lang, 3,82 Meter breit, verdrängt 5,5 Tonnen und fährt mit zwei Außenbordern mit je 350 PS bis zu 45 Knoten in der Spitze. Die Rumpfform ist effizient und seegängig, sodass die Seawalker 35 auch bei Vollspeed schön trocken und sicher fährt. Dazu gibt es eine – natürlich klimatisierte – Kabine, die wir unbedingt haben wollen, auch wenn wir sie auf unseren Trip entlang der Küste nur selten brauchen. Dass Matthias Ebert über sein eigenes Boot auch noch Händler der Marke geworden ist, war schließlich ein logischer Schritt. „Es bringt viele Vorteile, wenn man sein Schiff nutzt und gleichzeitig ein Modell präsentiert, hinter dem man selbst total steht. Besser lässt sich Freizeit nicht mit Arbeit verbinden.“