Egal ob Versicherungsexpertin, DMYV-Präsident oder Motorbootimporteur – fast alle Experten der Motorboot-Industrie haben ihre Passion zum Beruf gemacht. Wenn Anna Schroder, Frank Dettmering und die anderen Akteure nicht gerade im Büro zu finden sind, verbringen sie ihre freie Zeit auf dem Wasser. Und das mit Motorboot. Doch mit welchen sind die Leute der Bootsbranche unterwegs? Wir haben mit ihnen gesprochen. Weitere Persönlichkeiten der Motorboot-Szene werden im ersten Teil des Reports vorgestellt.
In der Welt der Yachtversicherungen gehört Pantaenius zu den ganz Großen. Hinter dem bekannten Namen steht die Hamburger Familie Baum und ihre Tochter Anna Schroeder: „Ich fahre eine 18 Meter lange Dickie & Sons aus dem Jahr 1954, gebaut in Bangor (Wales). Das Boot hat zwei Gardner-Dieselmotoren und erreicht acht bis zehn Knoten.
Mein Vater, ein leidenschaftlicher Segler, kaufte es, seitdem gehört es zur Familie. Ich bin auf dem Boot seit meinem fünften Lebensjahr unterwegs und quasi darauf aufgewachsen. Bei der allerersten Überführung aus Griechenland hatte das Boot noch viele Lecks, und ich lag als kleines Mädchen die erste Nacht mit Regenschirm im Bett. Mein Bruder und meine Eltern stellten überall Töpfe auf, um das reintropfende Wasser aufzufangen. Nach einer Überholung in Porto Santa Stefano wurde es dann zu der klassischen Motoryacht, die sie heute ist.
Meinen ersten alleinigen Mädelstrip unternahm ich im Alter von 18 Jahren. Damals entdeckten wir zahlreiche Buchten und tolle Spots zum Schnorcheln. Heute nutze ich das Boot mit meinen vier Kindern überwiegend als Familienboot. Wir sind oft im Mittelmeer unterwegs und schätzen den Komfort des Motorbootes. Das spannendste Erlebnis war eine Überfahrt von Korsika nach San Remo. Wir begegneten Walen und sprangen sogar zu ihnen ins Wasser. Damals war ich gerade 20 Jahre alt. Heute würde ich das bei 1000 Meter Wassertiefe wohl nicht mehr so einfach machen. Schön war es auch, als wir vor Jahren einmal neben Bud Spencers Motorboot lagen. Er war so von meinen blonden Haaren begeistert, dass ich problemlos auf seinem alten Schlepper ein- und ausgehen durfte.“
Der Deutsche Motoryachtverband (DMYV) ist mit rund 460 angeschlossenen Vereinen und gut 100.000 Mitgliedern die größte Interessenvertretung der deutschen Motorbootfahrer. DMYV-Präsident Frank Dettmering weiß also, worüber er spricht, wenn es um das Thema Motorboot geht.
„Wir fahren seit nunmehr zwölf Jahren eine Linssen Grand Sturdy 470 AK und haben nach dem Kauf zehn Jahre ganzjährig darauf gewohnt. Diesen Kauf haben wir einem sehr guten Verkäufer zu verdanken, der uns über zahlreiche Boote geführt hat. Nach diesem Rundgang über die Boote stand für uns Typ und Ausstattung fest. Für uns war neben der Verarbeitung, die wir von unserem Vorgängerschiff, einer St. Josef Fleth kannten, der Platz aufgrund meiner Größe und das Volumen wichtig. Die zweckmäßige Einrichtung, die Qualität, die Ausführung, alles hydraulisch, Stabilisatoren sowie die gute Wahl der Materialien waren ausschlaggebend.
In den zwölf Jahren, seitdem wir dieses Boot besitzen, konnten wir nur ein einziges Mal ein anderes Boot wahrnehmen, welches unserem Konkurrenz hätte machen können. Ich glaube, wir sind zufriedene und überzeugte Linssen-Kunden und werden das Boot wohl auch nicht wieder hergeben. Der Anfang war jedoch auch bei uns eher bescheiden: Nach einem Totalreinfall mit einem „Seelenverkäufer“ im Jahr 2002, kauften wir 2004 den ersten kleinen 6-m-Kabinenkreuzer und verbrachten einen wunderschönen Urlaub auf den Mecklenburger Gewässern. In den drei Wochen hat es nie geregnet, aber ich stellte mir stets die Frage, wie oft werden wir das in Deutschland so erleben dürfen? Daraufhin habe ich das Boot noch im selben Jahr verkauft und mir ein Stahlkajütboot von St. Josef Fleth mit 35 Fuß Länge gekauft und die dann bis Ende 2012 gefahren. Deutschland, Polen, Ostsee Dänemark, Holland und Belgien. Davon gefallen uns die holländischen Gewässer immer noch am besten.
Boote Polch aus Traben-Trarbach gehört zu den etabliertesten deutschen Motorbootimporteuren mit Standorten im In- und Ausland. Im Angebot sind unter anderem so klanghafte Namen wie Nimbus oder Axopar. Firmeninhaber Patric Polch leitet den direkt an der Mosel gelegenen Betrieb, und wer ihn kennt, weiß, dass Sport in Patric Polchs Leben eine große Rolle spielt – egal ob an Land oder auf dem Wasser. So kommt es, das für ihn auch der sportliche Aspekt beim Motorbootfahren im Mittelpunkt steht. Als Eigner einer Ski Nautique GS 20, und vorher einer Ski Supreme, verbringt er viel Zeit auf dem Monoski oder dem Wakeboard hinter seinem Boot. „Ich habe die Mosel vor der Haustür, und die Bedingungen für Wassersport in all seinen Facetten sind perfekt – das muss ich einfach nutzen.“ Befragt nach seinem coolsten Erlebnis mit dem Boot, ergänzt Polch: „Das war der Moment, in dem es mir das erste Mal gelang, auf einem Foilboard in der Hecksee zu surfen – ein unvergessliches Erlebnis.“
In der Welt der Bootsantriebe ist Marx Technik in Hamburg ein Begriff. Motoren, beispielsweise von Yanmar oder Tohatsu sowie Antriebsteile machen einen Großteil des Portfolios und der Bekanntheit der Marke aus. Da liegt es nah, dass Firmeninhaber Robert Marx auch privat dem motorisierten Wassersport frönt und auf eine lange Bootskarriere zurückschauen kann. Neben der Leitung seiner eigenen Firma ist Marx auch Präsident des Bundesverbandes Wassersportwirtschaft sowie des europäischen Bootsbauer-Verbandes.
„Aktuell fahren wir eine Saxdor 605. Sie hat ein tolles Design und ist für die Gewässer, auf denen wir fahren, perfekt: Elbe, Hamburger Hafen oder Ostsee. Durch den schmalen, gestuften Rumpf ist das Boot schnell und kommt gut durch die Wellen. Bei typischem Hamburger Wetter hilft das T-Top, trocken zu bleiben. Natürlich haben wir einen Tohatsu montiert, 140 PS mit elektronischer Schaltung. Die Saxdor läuft damit knapp 70 km/h. Vorher hatten wir ein RibJack RIB. Grundsätzlich war das ein tolles Boot, aber aufgrund der Breite der Luftschläuche war es beim Trailern unübersichtlich. Davor hatten wir lange ein Zodiac Milpro MK5 mit einem Yamaha 150 Vmax 2-Takt. Das war toll, aber lebensgefährlich. Irgendwo zwischen Hovercraft und fliegendem Teppich. Aber ein Hingucker. Ich fahre meist hier irgendwo in der Gegend, weil es wenig „Rüstzeit“ kostet. Nach dem Büro kurz in Oortkaten oder Entenwerder ins Wasser und los. Bei schönem Wetter im Sommer Richtung Wedel in den Sonnenuntergang fahren – das ist die richtige Entspannung. Leider macht man es immer zu selten, aber mit der Saxdor jetzt immer mehr.“
Thomas Jungblut aus Hamburg ist in der Segelwelt wohlbekannt, sowohl als Regattasegler als auch im Vertrieb von hochwertigem Segelmaterial und Zubehör. Aus dem aktiven Geschäftsbereich hat er sich zwar zurückgezogen, aber auf Messen wie der boot 2025 in Düsseldorf steht er weiterhin gerne am Stand von North Sails für Beratungen zur Verfügung. Er hat an zahlreichen Regatten teilgenommen und dabei oft den Sieg errungen, inklusive mehrerer Weltmeisterschaften.
In den letzten Jahren sieht man ihn jedoch häufig auf seinem Motorboot, einer Sargo 33. Wie kommt ein erfolgreicher Segler dazu, ein Motorboot zu fahren? Der Grund liegt im Elberadweg von Dresden nach Hamburg, den Thomas Jungblut zusammen mit seiner Frau geradelt ist. Dabei entstand die Idee, diese Strecke auch einmal auf dem Wasserweg zurückzulegen – und was bietet sich besser dafür an als ein Motorboot? Für diese Reise wählte er zunächst eine Admirals Pinasse aus dem Jahr 1955. Doch bis Dresden kam er nicht, da ihm das Niedrigwasser der Elbe einen Strich durch die Rechnung machte und er etwa 100 km vor der sächsischen Hauptstadt aufgeben musste. Ein ähnliches Schicksal widerfuhr ihm mit seiner zweiten Pinasse, einem „One Off“, das er auf der Mittelmann Werft in Kappeln bauen ließ. Auch hier zwang das Elbe-Niedrigwasser Boot und Crew zur vorzeitigen Rückkehr; in Meißen wurde das Boot auf einen Tieflader geladen und zurück nach Hamburg gebracht.
Seine aktuelle Sargo 33 entdeckte er durch den Segelsport. Eine Regatta führte ihn 2019 nach Kopenhagen, wo er am Steg eine Sargo 33 erblickte und sich sofort in das Konzept verliebte. Die gute Raumaufteilung, der moderne Touch, die Rauwassertauglichkeit und die Möglichkeit, mit einer Höchstgeschwindigkeit von etwa 30 Knoten längere Strecke schnell zurückzulegen, begeisterten ihn. Der Liegeplatz seiner Sargo 33 ist der Teufelsbrücker Hafen an der Elbe. Von dort aus hat er bereits weite Reisen unternommen, zum Beispiel nach Kaliningrad oder zum Bottnischen Meerbusen. „Wir leben etwa drei Monate pro Jahr auf dem Boot“, erzählt Thomas Jungblut. Negative Kommentare, dass er als eingefleischter Segler nun ein Motorboot fährt, hat er nicht bekommen. Im Gegenteil, viele Segler äußern sogar Interesse an dem Boot. Mit dem Segeln ganz aufzuhören, kann er sich jedoch nicht vorstellen – er nimmt weiterhin regelmäßig erfolgreich an Regatten teil.