Früher mussten die Menschen an der Mündung der Zuiderzee mit deren Unberechenbarkeit ebenso umgehen wie die Bewohner Amsterdams im Landesinneren. Es waren nicht nur die Gezeiten, die diese offene Verbindung zur Nordsee mit sich brachte, sondern auch heftige Sturmfluten. Aufgrund der trügerischen Weite konnte sich das eindringende Wasser schnell über dem flachen Untergrund stauen, sodass die Zuiderzee wie ein Trichter wirkte. Ihre Kraft ließ Deiche oft brechen, was häufig verheerende Folgen für alles Lebende an Land hatte.
Anfangs bestand der Wunsch, die Zuiderzee zu zähmen und Land zurückzugewinnen. Obwohl die Region über viel Erfahrung in Entwässerung und Landgewinnung verfügte, war die Umsetzung der Pläne lange nicht möglich. Mit fortschreitendem Industriezeitalter wurden derartige Projekte durch den Einsatz von Maschinen realisierbar.
1870 wurde ein umfassender Plan entwickelt, um die Nordsee weitgehend auszuschließen: der Bau des Abschlussdeiches. Dieses beeindruckende Bauwerk erstreckt sich über 32 Kilometer von der Spitze Noord-Hollands bei Den Oever bis nach Friesland, wo es nördlich von Makkum wieder auf Land trifft. Die Bauarbeiten begannen 1927 und wurden am 28. Mai 1932 abgeschlossen, als die letzte Lücke geschlossen wurde und das entstandene Binnengewässer den Namen IJsselmeer erhielt.
Das IJsselmeer erhielt seinen Namen durch seinen bedeutendsten Süßwasserzufluss, die Geldersche IJssel. Dies markierte den Anfang tiefgreifender Veränderungen in der Region. Systematische Trockenlegungsmaßnahmen formten das neu entstandene Gewässer. Große Flächen wurden eingepoldert, und so entstand beispielsweise Flevoland, die weltweit größte künstliche Insel und gleichzeitig die jüngste Provinz der Niederlande, gegründet 1986.
In dieser Zeit wurde auch der Houtribdijk fertiggestellt, der das Markermeer vom IJsselmeer trennt und nach der Insel Marken benannt ist. Weitere Landgewinnungspläne wurden aufgegeben, um der Natur Raum zu lassen.
Es entstand ein unvergleichliches Gebiet, das ein besonderes Revier für Segler bietet. In einem Land mit starker Wassersport-Tradition verbindet sich hier Moderne mit Historie. Diese Kombination schafft interessante Kontraste an einigen Orten. Die Häfen entlang von IJssel- und Markermeer ermöglichen gemütliche Fahrten von Stadt zu Stadt, ideal für längere Törns.
Ein kleiner Hinweis: Obwohl aus "zee" (Meer) ein "meer" (See) wurde, sind die Wellen der Zuiderzee geblieben. Bei starkem Wind können durch die geringe Tiefe schnell kurze, steile Wellen von bis zu anderthalb Metern entstehen. Dieser Effekt kann beim Ansteuern der Hafeneinfahrten besonders spürbar sein, denn die Nordsee ist noch immer ganz nahe hinter dem Deich!
Wer seewärts von Osten über die Deutsche Bucht und die Westfriesischen Inseln zum IJsselmeer kommt, läuft die Lorentzsluizen von Kornwerderzand am östlichen Ende des Afsluitdijk an. Im Westen bieten die Stevinsluizen eine weitere Möglichkeit der Durchfahrt an. Kaum zwei Seemeilen südwestlich von Kornwerderzand liegt Makkum, schon im Mittelalter als Poort naar de Zuiderzee bekannt und heute Tor zum IJsselmeer. Dass der Ort mit seinen gut 3.500 Einwohnern zu den „elf alten Städten“ Frieslands zählt, ist bei der Ansteuerung nicht sofort erkennbar.
Tourismus und Werftindustrie prägen das Bild, der breite künstliche Strand und die Werfthallen von Feadship, die hier Superyachten bauen, liegen beim Einlaufen über das Makkumerdiep an Steuerbord. Von der großen, voll ausgestatteten Marina Makkum auf dieser Seite kommt man gut zur Strandpromenade. Wer den Abend aber lieber im beschaulichen Kern des Örtchens rund um Markt und Plein verbringen möchte, fährt weiter bis zum Buitenhaven, der von der Gemeinde betrieben wird.
Im Gegensatz zu vielen anderen eingepolderten Ecken des IJsselmeers blieb der natürliche Küstenverlauf auf der friesischen Seite weitgehend erhalten. Auf dem Weg nach Süden reihen sich hier nun drei der historischen Alve Fryske stêden aneinander, elf Orte, die schon im Mittelalter das Stadtrecht bekamen und die Grundlage für die spätere wirtschaftliche Blüte Frieslands waren.
Den Anfang macht Workum. Ein Besuch wird zu einem Abstecher ins Grüne, da der Ort am Ende eines rund eine Seemeile langen Stichkanals liegt, der über eine Schleuse Anschluss an das Wasserstraßennetz im Binnenland bietet. Allerdings beträgt die Wassertiefe im Kanal nur 1,70 Meter. Liegeplätze gibt es im Jachthaven It Soal und im Passantenhaven gleich an der Schleuse. Workums Wahrzeichen, die wuchtige spätgotische Gertrudiskerk, erreicht man von dort zu Fuß in zehn Minuten.
Hindeloopen und Stavoren, beide ebenfalls mit großen Marinas ausgestattet, befinden sich dagegen direkt an der Küste. Neben netten Cafés und Restaurants ist hier im Vergleich zu anderen Orten am IJsselmeer zwar nicht allzu viel zu entdecken, entspannen kann man aber immer. In Stavoren beginnt zudem der Johan Frisokanaal, direkter Weg zu den großen zusammenhängenden friesischen Seen, den Fryske Marren, sowie nach Heeg und Sneek.
Für größere Yachten bis zu einem Tiefgang von 1,9 Metern bietet sich für die Binnenfahrt zwischen IJsselmeer und Ems natürlich die Staande Mastroute an, die ausschließlich von beweglichen Brücken gequert wird. Allerdings wird diese Strecke über den Prinses Margrietkanaal erst 2026 wieder passierbar sein, da die Brücke bei Uitwellingerga defekt ist und nicht geöffnet werden kann. Die Einfahrt erfolgt bei dem alten Fischereihafen Lemmer ganz im Süden Frieslands, mit hübschem Ortskern entlang der Zijlroede. Gäste finden viele Häfen vor, voll ausgestattet sind etwa der Jachthaven Friese Hoek und das Watersport Centrum Lemmer.