Der Hafen von Lippe in der Hohwachter Bucht ist ein beliebter Zwischenstopp für Crews auf dem Weg von Fehmarn in die Kieler Bucht oder umgekehrt. Idyllisch im Grünen gelegen und mit einem nicht überlaufenen Strand bietet der Ort beste Bedingungen für eine kleine Auszeit. Einziger Knackpunkt: etwa 20 Meter vor der Hafeneinfahrt liegt eine Sandbank, die regelmäßig freigebaggert werden muss.
Da bei einer Versandung der Fahrrinne nicht nur 210 Liegeplätze betroffen sind, sondern auch der Einsatz des hier stationierten Seenotrettungsbootes „Woltera“ gefährdet ist, sollte die sichere Ein- und Ausfahrt immer gewährleistet sein. Nachdem es in der Vergangenheit immer wieder zu Streitereien um die Finanzierung der jährlichen Erhaltungsbaggerung kam, einigte man sich 2022 darauf, Lippe künftig als Nothafen zu deklarieren. Die Kosten von rund 60.000 Euro sollten vom Haushalt Schleswig-Holsteins abgedeckt werden.
Nun hat das Innenministerium Schleswig-Holsteins das Ausbaggern der Fahrrinne vorerst wieder auf Eis gelegt. Laut den Kieler Nachrichten kommentierte das Ministerium die Entwicklung mit zwei knappen Sätzen: „Wir arbeiten an einer zeitnahen Lösung, die auch notwendige Ausbaggerungsarbeiten auf Kosten des Landes beinhalten kann. Dazu ist das Ministerium mit den zuständigen Stellen im Austausch.“ Weitere sechs Wochen der Tatenlosigkeit sind seitdem vergangen. Doch wie kommt es überhaupt zum erneuten Sinneswandel, nachdem doch alles geklärt schien? Die Verantwortung für die Schiffbarkeit der Hafenzufahrt hat im Innenministerium gewechselt. Früher war das Referat Katastrophenschutz zuständig, jetzt kümmert sich das Referat Feuerwehrwesen um den Hafen. Es gehört zur neuen Abteilung Bevölkerungsschutz und Ordnungsrecht. Damit einhergehend scheint es ein erneutes Geschacher um die Kostenübernahme der Baggerarbeiten zu geben.
Das Spiel mit der Zeit ist nicht nur eine Zumutung für alle Betroffenen, sondern auch gefährlich. 2018 und 2019 ließ das Land die Fahrrinne schon einmal tatenlos versanden, was zu einem grotesken Notfall führte. Direkt vor der Hafeneinfahrt lief ein Segelboot auf, weil es aufgrund eines erkrankten Kindes den Hafen anlaufen wollte. Die „Woltera“ konnte ihrerseits nicht auslaufen und so mussten die Seenotretter aus Laboe zu Hilfe kommen. Die Rettung verzögerte sich dadurch um eine Stunde. Glücklicherweise kam damals niemand zu Schaden. Patrick Testa-Kreitz von der DGzRS kann die aktuelle Problematik bestätigen:
Inzwischen sind bei normalem Wasserstand noch etwa 1,40 Meter Wassertiefe vorhanden. Das auf unserer Freiwilligen-Station Lippe/Weißenhaus stationierte Seenotrettungsboot ‘Woltera’ hat 0,95 Meter Tiefgang. Bei Wasserstandschwankungen von etwa 30 Zentimetern, wie sie durch lange Zeit vorherrschende Winde aus einer Richtung eintreten können, wäre das Auslaufen schon jetzt nicht immer ohne Weiteres möglich – dazu ist es bisher aber nicht gekommen. Erst Anfang Juni war unser Rettungsboot erfolgreich im Einsatz für einen zwischenzeitlich gekenterten Katamaran.”
Die DGzRS betreibt auf den Nachbarstationen Laboe und Heiligenhafen den rund um die Uhr besetzten Seenotrettungskreuzer „Berlin“ und das von Freiwilligen gefahrene Seenotrettungsboot „Heiligenhafen“. Abhängig von der Wetterlage und vom Einsatzort kann sich das Eintreffen dieser Rettungseinheiten in der Hohwachter Bucht vor Lippe im Vergleich zur vor Ort stationierten „Woltera“ entsprechend verzögern. Bleibt zu hoffen, dass es vor dem Nothafen nicht wieder zu einem Notfall kommt.