Die Eider

Unbekannt

 · 23.11.2013

Die EiderFoto: Ingrid Bardenheuer
Unterwegs auf Eider und Nord-Ostsee-Kanal

Eider und Nord-Ostsee-Kanal: Mit dem Charterboot sind wir quer durch das schöne Schleswig-Holstein Richtung Nordsee unterwegs. Ganz gemächlich...

  Unterwegs auf Eider und Nord-Ostsee-KanalFoto: Ingrid Bardenheuer
Unterwegs auf Eider und Nord-Ostsee-Kanal
Unterwegs auf Eider und Nord-Ostsee-Kanal
Foto: Ingrid Bardenheuer

Die Natur gab ihr Schönheit, die Geschichte eine Seele. Sie war ungestüm und doch zu Diensten, sie trennte und verband: die Eider. Gutmütig mäandert sie heute durch Deutschlands Norden. Über den Gieselaukanal ist sie mit der meist befahrenen künstlichen Seeschifffahrtsstraße der Welt verbunden, dem Nord-Ostsee-Kanal. Wir gingen auf Spurensuche. Unsere Begleiterin: Charterboot "Charisma".

  Unterwegs auf Eider und Nord-Ostsee-KanalFoto: Ingrid Bardenheuer
Unterwegs auf Eider und Nord-Ostsee-Kanal

Untereider, Obereider, Binneneider, Tideeider, Außeneider – der Eiderstrom scheint schwer zu fassen. Auch seine Länge: Die einen geben ihm vom Ursprung bis zur Mündung um die 200 km, andere nur etwas über hundert. Im Kreis Plön liegt die Quelle, vielleicht sind es auch zwei oder mehr, wer weiß. Gern würde die Eider in die nahe Ostsee fließen, käme ihr nicht eine gut 40 m hohe Endmoräne in die Quere, der Hornheimer Riegel. Gut, dann eben Richtung Nordsee.

  Unterwegs auf Eider und Nord-Ostsee-KanalFoto: Ingrid Bardenheuer
Unterwegs auf Eider und Nord-Ostsee-Kanal

Ebbe und Flut spürte man bis Rendsburg

Früher traf die Eider schon bei Rendsburg auf Vorboten des Meeres, Ebbe und Flut. In deren Rhythmus wanderte sie, "Untereider" genannt, zum Meer. Heutzutage steigt ihr bei Flemhude der Nord-Ostsee-Kanal (NOK) ins Bett. In Rendsburg gehen beide wieder ihrer Wege – er macht sich als NOK davon, sie fängt, aus anderen Quellen gespeist, ein neues Leben an (Ei-km 0). An der Einmündung Gieselaukanal (Ei-km 23) wird die "Obereider" dann zur "Binneneider". Nun ist der Fluss auch Bundeswasserstraße.

Die Bezeichnung "Binneneider" trägt die Eider, immer noch gezeitenfrei, bis zur Schleuse Nordfeld (Ei-km 78). Dort ändert sich der Takt: Ebbe und Flut beginnen zu greifen, das Gewässer gerät zur "Tideeider". Am Eider-Sperrwerk (Ei-km 110) endet die Bundeswasserstraße Eider. Jenseits davon läuft noch bis Tonne Eider die sogenannte "Außeneider" 20 Seemeilen durchs Watt.

Unser Charterboot übernehmen wir in Wrohm, Lexfähre (Ei-km 26). Bis zum Gieselaukanal sind es etwa 3 km. Die Schleuse Nordfeld ist rund 52 km entfernt. Unser Plan: Als Erstes wollen wir stromab fahren. Anschließend soll es retour und hoch bis Rendsburg gehen – am liebsten über die Obereider. Jens Edler, unser Vercharterer, schüttelt den Kopf: "Da kommt ihr nicht durch." Oberhalb der Einmündung des Gieselaukanals (Ei-km 23) gibt es kein offizielles Fahrwasser mehr.

Auf dem Abschnitt bis Rendsburg beträgt die Minimumwassertiefe an vielen Stellen bescheidene 30–40 cm. "Insofern nur noch für Kajaks schiffbar", bestätigt das zuständige WSA Tönning. Mit unserer "Charisma" müssen wir also Gieselaukanal und NOK nehmen, um von der Eider nach Rendsburg zu kommen. Über den NOK, Seite an Seite mit den ganz großen Pötten? Das hat was. Aber erstmal wollen wir die Eider zu Tal, Nordseeluft schnuppern.

Nordseeluft schnuppern

Langsam schiebt sich die "Charisma" aus ihrer Box beim Yacht-Club-Eider Lexfähre. Der schön in einem alten Eiderarm gelegene Hafen ist eine gute Adresse, ebenso das Gasthaus "Zum alten Fährhaus", zu dem wir etwa zehn Minuten zu Fuß gebraucht haben (Einkaufsmöglichkeit etwa 4 km). Nach dem Ablegen wartet gleich die Schleuse Lexfähre auf uns, besser gesagt: Sie tut es nicht – Doppelrot.

Wir geben ein Schallsignal. "Ihr müsst telefonieren!", ruft jemand von Land. Würden wir ja, aber unsere Handys stellen sich tot. Und nun? Nach einer gefühlten Ewigkeit erhebt sich auf einem Handy-Display, zart und zitternd, ein kleiner Balken – wir haben Netz und können uns beim Schleusenwärter anmelden. Derreagiert sofort. Aber die Netz-Schwäche bleibt uns noch eine ganze Weile erhalten.

Zwischen grünen Ufern folgen wir dem Fahrwasser, das wo nötig mit Stangen und Tonnen gekennzeichnet ist. Wirklich eng wird es nirgends. Die Eider ist ein breites Gewässer und im Bereich Lexfähre-Nordfeld bei normalem Wasserstand laut Karte mindestens 3 m tief. Wir nehmen Flusswindung um Flusswindung, kommen an Teichrosenfeldern vorbei, hören Brachvögel und Rotschenkel. Sonnenlicht tanzt auf dem Wasser, lässt es funkeln und glitzern. Wie heiter das Fahren hier doch ist.

Von Wikingern zu Sportbootskippern

Für Frachtschiffer ist die Eider bedeutungslos geworden, nicht aber für Sportbootfahrer. Wer nach Büroschluss noch fix aufs Wasser will, muss nicht lange nach verträumten Ecken suchen. Und für Tourenskipper ist die Eider Teil einer stimmungsvollen Route zwischen Nord- und Ostsee: beim Eider-Sperrwerk durch die Schleuse, anschließend via Eider, Gieselaukanal und NOK nach Kiel-Holtenau. Der Norweger, der uns mit seiner Segelyacht entgegenkommt, wird diesen Weg nehmen.

Seine Urahnen, die Wikinger, hatten es da ungleich schwieriger. Sie steuerten ihre Schiffe über die noch unge-
zügelte Eider landeinwärts, nahmen dann den Zufluss Treene, so lange das Wasser unter dem Kiel reichte. Zuletzt bugsierten sie ihre Schiffe knapp 20 km über Land bis zur damaligen Handelsmetropole Haithabu an der Schlei beim heutigen Schleswig. Ein Knochenjob, aber um vieles besser als die seinerzeit einzige Alternative, das Skagerrak.

Bei Ei-km 34 entdecken wir eine Insel, die von einem Altarm umströmt wird. Den idyllischen Flecken, ausgestattet mit zwei Anlegemöglichkeiten, werden wir auf dem Rückweg besuchen. Nur 2 km weiter, noch oberhalb der Sorge-Einmündung, unterhalten die Wassersportfreunde Hohner Fähre und der Wassersportclub Lührs Hohner Fähre ihre Häfen. Praktisch: Dicht dabei befindet sich ein ansprechendes Restaurant mit Terrasse und Blick aufs Wasser, die "Hohner Fähre".

Anlegen in Pahlen und Delve

Kanuten begleiten uns, für sie ist das Revier ebenfalls ideal. In Ufernähe harren Angler in ihren Booten aus, die Eider ist mit Barsch und Zander üppig besetzt. Manch einer soll auch schon Hechte, so schwer wie Französische Bulldoggen, an Land gezogen haben. Und immer wieder sehen wir attraktive Anlegeplätze. Die Klappbrücke bei Pahlen (Ei-km 46, Durchfahrtshöhe geschlossen 3,50 m bei MW) muss für uns nicht geöffnet werden.

Der Ort ist übersichtlich, hat aber alle Gegebenheiten für eine Rast – Liegeplätze, Gastronomie, kleinere Einkaufsmöglichkeiten. In Höhe Ei-km 50 treffen wir auf den Sportboothafen Erfde/Bargen (Restaurant in der Nähe, Versorgungsmöglichkeiten etwa 3 km). Die Steganlage ist gepflegt und grenzt an eine Badestelle. Ihrer Wasserqualität gaben die Behörden 2013 ein "Sehr gut". Solche kleinen Strände gibt es immer wieder.

In der mittelalterlichen St.-Marien-Kirche von Delve (Ei-km 52) umfängt uns Stille. Der Legende nach hatte ein Pferd, das man mit einem Marienbild versehen und dann losgeschickt hatte, den Bauplatz gewiesen. Im Halbdunkel des Gotteshauses machen wir drei Votivschiffe aus, Zeugnisse einer Vergangenheit, die wir hier so nicht erwartet hätten: Delve, fast 60 Stromkilometer von der Küste entfernt, war einmal ein wichtiger Anlaufpunkt für die See- und Handelsschifffahrt.

Vom Eiderkanal zum Kaiser-Wilhelm-Kanal

Der Aufstieg begann 1784 mit der Einweihung des Eider-Kanals, der von Rendsburg nach Kiel führte. Erstmals waren Nord- und Ostsee über ein leidlich komfortables Wasserwegesystem verbunden. Die anspruchsvolle Passage durchs Skagerrak entfiel ebenso wie der mühselige Schiffstransport über Land wie zu Wikingerzeiten. 1889 waren allein 16 Seeschiffe mit Heimathafen Delve registriert. Etliche Bewohner hatten das Patent für Große Fahrt.

Ein noch profitablerer Wasserweg, angelegt zwischen Elbmündung und Kieler Förde, beendete 1895 die Erfolgsgeschichte von Delve: der Kaiser-Wilhelm-Kanal (später NOK). Delves Bootsplätze befinden sich bei einem Campingplatz, der unter anderem über Restaurant, Shop und Schwimmbad verfügt. Zudem sind es nur wenige Schritte bis zu einem Café (weitere Versorgungsmöglichkeiten etwa 1 km).

Unterhalb von Delve mutet die Eider breiter an. Deiche rücken verstärkt ins Blickfeld. In einer Flussbiegung signalisiert das Echolot für einen Moment 16 m Wasser unter dem Kiel. Backbords von uns erstreckt sich das NABU-Naturschutzgebiet "Delver Koog", dann, in einer ausgedehnten Kurve, erreichen wir unseren nächsten Halt: Süderstapel (Ei-km 61).

Süderstapel an der Eiderschleife

Gäste können zwischen zwei ordentlichen Steganlagen wählen, bei Eidercamping und im Gemeindehafen. Letzterer wird unsere Bleibe für die Nacht. Einkehren und Einkaufen sind in Süderstapel ebenso möglich wie Sonnenbaden und Schwimmen – auch dem hiesigen Strand wurde 2013 eine "sehr gute" Wasserqualität bescheinigt. Wir stoßen auf schön hergerichtete Gebäude, knorrige Bäume und eine Wehrkirche aus dem 12. Jahrhundert, St. Katharinen. Das Gasthaus "Eiderschleife" (China-Restaurant und Café) liegt erhöht am Ufer und gewährt eine traumhafte Aussicht.

Noch 17 Stromkilometer, dann ist die Eider in Nordfeld. Jenseits der Schleuse wird sich ihr Wesen vollkommen ändern, denn nun begleiten sie Ebbe und Flut. Auf ihrem Weg zum Meer begegnen der "Tideeider" zwei Kleinode: Friedrichstadt (Ei-km 84) und Tönning (Ei-km 99). Beide Orte stehen auf unserer "Wunschliste" ganz oben.

Friedrichstadt und Tönning bleiben Wunschziele

Friedrichstadt an der Treene-Mündung wurde eingangs des 17. Jahrhunderts von niederländischen Glaubensflüchtlingen errichtet. Die Neuankömmlinge legten Grachten an und bauten ihre Häuser nach holländischem Vorbild. Sie prägten den Ort aber nicht nur mit Schaufel und Mörtel, sondern auch durch das, was Religionsfreiheit gewöhnlich gebiert: Toleranz. Dank einer Schleuse ist Friedrichstadt tidenfrei, ebenso der Alte Hafen, in dem man zentrumsnah festmachen kann.

Im Hafen von Tönning gehen die Gezeiten nach wie vor ein und aus. Gäste können das Geschehen jedoch bequem von einem Schwimmsteg aus verfolgen. 2013 besteht der malerische Hafen von Tönning seit genau 400 Jahren. Was für eine Fügung, dass sich ausgerechnet dieses Jubiläum dazugesellt: 40 Jahre Eider-Sperrwerk. 11 km südwestlich von Tönning liegt der Koloss. Über fünf Öffnungen, jede 40 m breit, lässt sich der Wasserfluss regulieren. Bei Sturmflut werden die Durchlässe verschlossen, das Land dahinter ist sicher. Für den Schiffsverkehr zwischen Eider und Nordsee steht eine Schleuse zur Verfügung – und genau bis dorthin sollte unsere Tour gehen.

Schleuse Nordfeld als Wendepunkt

Doch ein Sturmtief hat uns Törntage stibitzt, die jetzt fehlen. In Süderstapel müssen wir neu planen: "Tideeider" oder Rendsburg, für beides reicht die Zeit nicht mehr – es sei denn, wir würden uns sputen und auf den einen oder anderen interessanten Abstecher verzichten. Unsere Entscheidung fällt für Rendsburg. Mit "Seebären" kann auch der NOK dienen.

Bevor wir zurückfahren, schauen wir noch bei der Schleuse Nordfeld vorbei, die das Ende der "Binneneider" markiert. Die Kette der Anlegemöglichkeiten setzt sich fort, beim Wassersportclub Lunden (Ei-km 78) liegt man bereits mit Schleusenblick. Gute Idee: von hier aus per Fahrrad hinüber nach Friedrichstadt (etwa 7 km).

Nun aber zu Berg. Die Insel in Höhe Ei-km 34 hat es uns schon auf der Hinfahrt angetan. Oberhalb des lauschigen Eilands unterhalten die Tileburger Wasserfreunde eine adrette Steganlage (ohne Sanitärbereich). Wir liegen, zugegeben, nur grün. Aber das auf eine so wohltuende Weise, dass Kneipe und Discounter glatt zur Nebensache werden.

Über den Gieselaukanal zum NOK

Am nächsten Morgen wechseln wir oberhalb der Schleuse Lexfähre auf den etwa 3 km langen Gieselaukanal, der zum Nord-Ostsee-Kanal führt. In der Schleuse Gieselau müssen wir unsere Befahrungsabgabe für eine Teilstrecke des NOK entrichten: 7 Euro (Sportboote bis 10 m Länge). Die Schleusenkammer öffnet sich, alsbald sind es keine tausend Meter mehr. Mit einem Mal zieht recht voraus eine haushohe Bordwand vorüber – ein Seeschiff. Genau diese Dramatik erwartet der Binnenmensch vom NOK. Aber eigentlich ist der Anblick von Ozeanriesen fast schon der einzige Nervenkitzel auf dem Kanal.

Ab NOK-km 40,7 sind wir dabei. Gleich heißt es Vorfahrt gewähren: Die Fähre von Oldenbüttel will durch. Solche Trajekte queren den Kanal an insgesamt 14 Stellen. Die Begegnung mit den zügig hin- und herfahrenden Fähren verläuft in der Regel entspannt. Schon lebhafter geht es dort zu, wo zwei Exemplare wechselseitig pendeln – in unserem Fall am Fährpunkt Nobiskrug, Rendsburg. Bei der berühmten Schwebefähre unter der Rendsburger
Eisenbahnhochbrücke lauert allenfalls eine "Gefahr": Man schaut sich die Augen aus, wenn die einhundert Jahre alte "Eiserne Lady" ablegt und in etwa drei Metern Höhe sachte über den Kanal hinweggleitet.

Unterwegs mit dicken Pötten

Aber noch sind wir nicht dort. Von der Einmündung des Gieselaukanals in den NOK bis nach Rendsburg sind es gut 25 km. An die erlaubten 15 km/h kommt die "Charisma" nicht ganz heran, deshalb werden wir etwa zweieinhalb Stunden Fahrzeit brauchen. Immer wieder ziehen Frachter vorbei, schon bald haben wir uns an die ungewöhnlichen Rendezvous gewöhnt. 2012 waren im Schnitt 95 Schiffe pro Tag auf der 98,7 km langen Strecke zwischen Brunsbüttel und Kiel-Holtenau unterwegs, Sportboote nicht mitgezählt.

Dass der Kanal einmal derart Karriere machen würde, erschien Spökenkiekern seinerzeit unmöglich: Beim ersten Spatenstich 1887 war besagtes Arbeitsgerät entzweigebrochen, was düstere Vorahnungen nährte. Glücklicherweise habe man aber einen Ersatzspaten zur Hand gehabt, berichtet das WSA Kiel-Holtenau. So lief am Ende doch noch alles gut. 1895 konnte der neue Wasserweg den alten Eider-Kanal beerben und als "Kaiser-Wilhelm-Kanal" ans Netz gehen.

1948 erhielt das Gewässer den Namen "Nord-Ostsee-Kanal". International kennt man es als "Kiel-Canal". Für eine Wasserstraße von so hohem Rang ist der NOK recht nett geblieben. Ein Gehöft, das wir am Ufer sehen, setzt aber längst nicht mehr auf Rind und Roggen, der Betreiber hat was Besseres. Seine Scheune ist bis unters Dach mit Ferienwohnungen vollgepackt, jede hat Kanalsicht. Da sitzen sie nun auf ihren Terrassen, die Seh-Leute vom NOK.

Mit Teleobjektiv auf Schiffsjagd

Bald bemerken wir sie überall. Alte, junge, einzeln, grüppchenweise. Bei jedem der vorbeikommenden Schiffe heuern sie gedanklich an und gehen, frank und frei, auf eine imaginäre Reise bis ans andere Ende ihrer Welt. Manchen genügt dafür ein Blick durchs Fernglas. Andere haben Kameras mit Super-Tele-Objektiven gezückt – die SD-Karte als Sehnsuchtsspeicher.

Nanu? Der sanfte Riese, der uns eben überholt hat, hält inne. Wir sind bei NOK-km 57 und erleben ein weiteres Spektakel: Weichen. Darunter sind jene Stellen zu verstehen, an denen sich die ganz großen Frachter begegnen können. Zwölf dieser Weichen gibt es insgesamt, vor uns liegt jetzt die von Schülp. Souverän wickeln die Kapitäne das Manöver ab. Auf dem NOK verstehen alle ihr Handwerk, wohl auch deshalb empfinden wir das Befahren dieser Wasserstraße als angenehm.

Bei NOK-km 62,7 erreichen wir 19 000 t genieteten Stahl: die Rendsburger Eisenbahnhochbrücke mit Schwebefähre. Gleich daneben, am linken Ufer, ist der "Ships Welcome Point", die "Schiffsbegrüßungsanlage". In Höhe NOK-km 66,1 verlassen wir den Kanal und biegen in die Obereiderenge ein, die nach etwa 3 km im Obereidersee endet. Dort machen wir beim Regatta-Verein Rendsburg fest. Die exzellente Anlage (mit Gastronomie) liegt zentrumsnah und ist somit an alle Versorgungsmöglichkeiten angeschlossen.

„Grenzstadt“ Rendsburg zum Abschluss

Es macht Spaß, durch Rendsburgs gemütliche Altstadt zu bummeln. Beim Bäcker plauschen wir übers Wetter, die Verkäuferin raunt: "Sie haben Tornados vorhergesagt!" Gleich darauf schaut sie betreten: "Aber Sie sind jetzt keine Touristen?" Sind wir doch, aber für Petrus’ Kapriolen kann Rendsburg nun wirklich nichts. Wir spazieren weiter durch die Stadt, die einmal eine Festung war. Denn über viele Jahrhunderte hinweg musste die Eider auch als Staatsgrenze zwischen Dänen und Deutschen herhalten.

Die Straße, an der wir nun stehen, heißt "An der Schleuse". Hier traf die Obereider einst auf die gezeitenabhängige Untereider. Heute ist der Strom an dieser Stelle unterbrochen. Doch wie kann die Eider, abgetrennt von ihrem Oberlauf, trotzdem weiter Richtung Nordsee fließen? Weil die Niederungen ringsum sie mit frischem Wasser versorgen und so gewissermaßen ein zweites Mal entstehen lassen. Ein Phänomen, über das wir auch auf unserer Rückfahrt anderntags nach Lexfähre noch lange staunen.
Tornados hat es übrigens keine gegeben, nur einen kräftigen Guss.

REVIERINFORMATIONEN

Chartern
Man spürt es gleich: Bei Bootsverleih Jens Edler sind alle mit Sachverstand und Herzblut dabei. "Wir haben 2009 als kleines Familienunternehmen mit der ‚Cormoran‘ angefangen", erzählt Jens Edler, "im Laufe der Zeit kamen die weiteren Boote dazu." Neben der "Cormoran" (8,25 x 2,85 m, 36-PS-Diesel) und "Captiva" (10 x 3,45 m, 54-PS-Diesel) ist die "Charisma" im Programm – mir ihr gingen wir auf Tour. Info: Bootsverleih Jens Edler, Lexfähre 2, 25799 Wrohm, Tel. 04802-606.


Das Boot
Für die "Charisma" (Baujahr 2012) war dieser Sommer die erste Chartersaison. Die Stahlyacht vom Typ Passion 880 ist ideal für zwei Personen. In der Vorderkajüte sind zwei feste Kojen (1 x Doppelbett, 1 x Einzelbett möglich). Mittschiffs liegen eine Sitzgruppe sowie die großzügig bemessene Pantryzeile mit Kühlschrank, Gasherd, Spüle. Ebenfalls ausreichend groß ist der Sanitärbereich (WC, Dusche, Waschbecken). Eine gemütliche Sitzecke befindet sich im Cockpit. Zur Ausstattung gehören Bugstrahlruder, Kartenplotter, 220-V-Wandler, Warmwasser, Heizung, TV, Radio mit USB/SD-MP3-Player. Charter-Preis pro Woche: 745 Euro-995 Euro je Saisonzeitraum. Diesel-, Gas-und Ölverbrauch: 7 Euro/Betriebsstunde. Endreinigung: 60 Euro. Kaution: 500 Euro. Alle Angaben Stand 2013. Weitere Details beim Unternehmen. Technische Daten: Länge 8,80 m, Breite 3,00 m, Tiefgang 0,75 m, 1 x 62 PS Solé-Diesel.

Führerschein
Zum Führen unseres Charterbootes war der SBF See erforderlich, da auf Eider, Gieselaukanal und NOK die Seeschifffahrtsstraßen-Ordnung gilt.

Höchstgeschwindigkeit
Ei-km 22,6 bis Eisenbahnbrücke Friedrichstadt: 15 km/h, Gieselaukanal: 10 km/h, Nord-Ostsee-Kanal: 15 km/h

Brücken und Schleusen
Die Brücken auf der von uns befahrenen Strecke sind alle bis auf die Rendsburger Eisenbahnhochbrücke (42 m) beweglich. Die Nutzung der Schleusen Gieselau, Lexfähre und Nordfeld ist gebührenpflichtig. Betriebszeiten und Info: WSA Tönning

Häfen
Die besuchten Häfen hatten in der Regel den üblichen Komfort. Wir zahlten zwischen 5 und 13 Euro pro Nacht. Neben den genannten gibt es weitere Liegemöglichkeiten. Details zur Infrastruktur siehe Törnliteratur.

Tideeider
Bedingt durch die Gezeiten, unterliegt die Tideeider ständigen Veränderungen. Im Zweifel ist den Fahrwassermarkierungen Vorrang vor der Seekarte zu geben. Das bezeichnete Fahrwasser sollte nicht ver-
lassen werden. Vorsicht ist an der Zufahrt zur Schleuse Friedrichstadt geboten: Die dortigen Pricken sowie die rote Spierentonne bezeichnen das Fahrwasser der Eider und nicht die Zufahrt zur Schleuse.

Nord-Ostsee-Kanal
Mit Sportbooten darf der NOK nur bei sichtigem Wetter und zu festgelegten Tagfahrzeiten (z.B. 1.6.–15.7.: 2.30–22 Uhr) befahren werden. Bestimmte Lichtsignale an Zufahrten und Weichengebieten sind zu beachten. Es gilt Rechtsfahrgebot (Mindestabstände zum Ufer beachten). Sportboote dürfen nur an speziellen Liegestellen festmachen. Alle für die Freizeitschifffahrt relevanten Vorgaben fasst ein Merkblatt zusammen, das auch als Download erhältlich ist – unter anderem beim WSA Kiel.

Törnliteratur