In konstruktiver Atmosphäre berieten die Teilnehmer über Fragen zum geplanten Nationalpark Ostsee. Das Ministerium wollte wissen, welche Einschränkungen und Risiken durch einen Nationalpark befürchtet werden, aber auch, was erforderlich wäre, um den Wassersport in dessen Kernzone auszuüben. Darüber hinaus wurde gefragt, was der Wassersport bereits für den Umweltschutz leistet, und wie diese Maßnahmen ausgebaut werden könnten. Und Schließlich wurde auch nach denkbaren Alternativen zum Gebietsschutz gefragt.
Nach der Klausur, die in mehreren Kleingruppen durchgeführt wurde begrüßte Minister Tobias Goldschmidt die rund 60 Vertreter von Segel- Surf- und Ruderclubs, Segelschulen und Wassersportverbänden, dem Deutschen Olympischen Sportbund, dem Landessportverband Schleswig-Holstein, dem Deutschen Segler-Verband und dem Landesseglerverband Schleswig-Holstein, Wirtschaftsverbänden wie dem Bundesverband Wassersportwirtschaft und Wassertourismus in Schleswig-Holstein und einigen mehr.
Es sei das Ziel gewesen, einen repräsentativen Querschnitt der entsprechenden Stakeholderinnen und Stakeholder mit Bezug zur schleswig-holsteinischen Ostseeküste abzubilden und Themen anzusprechen, die zwischen Wassersport und Naturschutz bisher noch nicht angesprochen wurden, sagte Goldschmidt in seiner Begrüßung der Teilnehmer.
Für den Minister war es kein Routinetermin. Die Mitarbeiter aus seinem Stab hatten in keinem der vorangegangenen Workshops zum Nationalpark so viel mitzuschreiben, wie heute beim Wassersport. Dass die geladene Klientel mehrheitlich das Motto „Mehr Schutz für die Ostsee Ja – Nationalpark Nein“ vertritt, war noch am Vortag einmal deutlich geworden, als ein Offener Brief an ihn in der Lokalpresse veröffentlicht wurde. Mehr als 60 Vertreter aus Wirtschaft und Politik äußerten darin ihre Bedenken, ob es in den laufenden Konsultationen zum Nationalparkvorhaben tatsächlich um das „Ob“ oder nicht vielmehr um das „Wie“ gehe.
In einigen Kreisen des Landes seien mehr als 50% der Arbeitsplätze durch das Projekt bedroht, welches sich neben dem Wassersport auch auf die Bereiche Tourismus, Fischerei und Sportangeln sowie die Landwirtschaft auswirke.
Daher forderten die Unterzeichner einen offenen und transparenten Konsultationsprozess, in dem erläutert werden solle, warum das angestrebte Ziel nur durch den geplanten Nationalpark erreicht werden könne, Eingriffe dort, wo Handlungsdruck besteht, wie etwa bei der Bergung von Munitionsaltlasten, Strengere Kontrollen illegaler Entsorgung durch die Schifffahrt, verstärkte internationale Abkommen zum Schutz der Ostsee wie etwa über die Einträge durch die Landwirtschaft.
Die Initiative Freie Ostsee Schleswig-Holstein hatte zudem am Morgen ein juristisches Gutachten über „Zulässigkeit und Grenzen der Festsetzung eines Nationalparks Ostsee“ veröffentlicht, deren Autoren zu dem Ergebnis kommen, dass das Vorhaben an mehreren rechtlichen Voraussetzungen scheitern würde.
Goldschmidt nahm es gelassen und betonte in seiner Begrüßung noch einmal, dass er sich auf eine energiegeladene Diskussion freue, aus der er Vorschläge des Wassersports über das „Wie“ zum Thema Gewässerschutz mitnehmen wolle. Denn auch, wenn es gar nicht zu einem Nationalparkgesetz käme, würden diese Erkenntnisse dabei helfen, andere Maßnahmen für den Schutz der Ostsee zu ergreifen. Der Minister warb um Vertrauen und betonte das gemeinsame Ziel, die Ostsee besser schützen zu wollen. Auch auf das Gutachten ging er ein und betonte, dass in einem Gesetzgebungsverfahren per se der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigt würde.
Im Hinblick auf die öffentliche Debatte betonte Goldschmidt, dass er es neben der fachlichen Betrachtung auch für ethisch geboten halte, in einem stark genutzten Meer Ruhezonen einzurichten, wo keine Fische herausgeholt oder Windkraftanlagen hineingestellt werden dürften. Gleichwohl sei politisch noch nichts entschieden und die Debatte über das „Ob“ noch gar nicht erfolgt.
Die vollständige Dokumentation des Workshops würde in wenigen Tagen inklusive Fotos aller Antworten aus den Gruppen auf der Internetseite der Landesregierung veröffentlicht.
Vorgestellt wurden die Antworten von Rechtsanwalt Hans Köster aus Flensburg, der ehrenamtlich für den Landesseglerverband Schleswig-Holstein als Vorstandsmitglied für Umweltfragen zuständig ist. Gleich mit der ersten Frage nach den befürchteten Einschränkungen kam Köster zu dem für den Wassersport wichtigsten Thema. Alle denkbaren Einschränkungen hätten Auswirkungen auf den Wassersport, die ihm nahestehende Wirtschaft und nicht zuletzt die Jugendarbeit. In Schleswig-Holstein, so Köster, habe man damit immerhin bereits 30 Jahre Erfahrung, so Köster im Hinblick auf die Nationalparks im Wattenmeer. Dort leide der Segelsport unter Zugangsbeschränkungen, Baggerverboten, dem Wegfall von Fahrwassern.
Mit möglichen Einschränkungen, betonte Hauke Bernd, Vorsitzender des Kieler Yacht-Clubs, stehe Kiel als Austragungsort für olympischen Segelsport in Frage. Das stehe dem politischen Willen Schleswig-Holsteins, Sportland zu sein, diametral entgegen und bedeute auch einen Verlust an kultureller Identität.
Beeindruckt zeigte sich der Minister über die Maßnahmen, die im Wassersport bereits seit Jahren für den Umweltschutz ergriffen werden. Von der Thematisierung in der Ausbildung, bis hin zu regelmäßig stattfindenden Aktionstagen. Michael Stoldt, Abteilung Umwelt und Recht des Deutschen Segler-Verbandes wies Goldschmidt auf die bereits bestehenden freiwilligen Vereinbarungen zwischen Politik und Segelsport über regionale Ruhezonen hin, die man ausbauen könne.
Bei der Frage nach den befürchteten Risiken, so Köster, seien Bedenken geäußert worden, ob nicht, wenn der Nationalpark erst einmal eingerichtet sei, in späteren Jahren weitere Einschränkungen erfolgen würden, an die heute noch niemand denkt.
In diesem Zusammenhang wurde der Wunsch geäußert, dass die zu erwartenden Einschränkungen klar benannt werden. Das sei aber schon im Hinblick auf die konkurrierende Gesetzgebung des Landes und des Bundes schwierig, so Goldschmidt, denn bei der Wasserfläche handele es sich um Bundeswasserstraßen. Das Land könne Regelungen dort beim Bund beantragen, aber nichts dagegen unternehmen, wenn der Bund selber welche treffe.
In seinem Dank an die Teilnehmer betonte der Minister noch einmal, dass es ihm darum gehe, sich gegenseitig die Hand zu reichen und etwas Guten für die Ostsee zu tun. Die Zweifel am Nationalpark-Projekt habe er gehört, ebenso wie die Bereitschaft, auch ohne das Dach eines Nationalparks etwas für die Ostsee zu tun.